Archiv

Audiodeskription bei Olympia
Eine Herausforderung beim Sprechen und Hören

Große Sportereignisse wie die Olympischen Spiele werden allein in Deutschland von vielen Millionen Fernsehzuschauern verfolgt - auch von Menschen, die das TV-Bild kaum oder gar nicht sehen können. Unser Autor, der selbst fast blind ist, hat die Audiodeskription zu Olympia getestet.

Von Kevin Barth |
Zweikampf vor dem Tor bei einem Hockey-Spiel
Spielszenen werden in der Audiodeskription detailliert beschrieben (imago/ Benoit Doppagne)
Es klingt zunächst wie eine Radioreportage, aber die Live-Audiodeskription bei einer Sportveranstaltung orientiert sich ausschließlich am Fernsehbild. Immer zwei Beschreiberinnen und Beschreiber kommentieren gemeinsam, in mehreren Workshops wurden sie darauf vorbereitet. Uschi Heerdegen-Wessel, die Leiterin für barrierefreie Medien beim NDR, erklärt, worauf es ankommt:
"Wenn nur ein Bild beschrieben wird, dann ist das langweilig. Da muss man einfach die richtige Mischung hinbekommen. Gerade für die Olympischen Spiele müssen unsere Beschreiber jede Menge Hintergrundwissen haben. Jede der - ich glaube es sind 33 - Sportarten hat andere Bewegungsabläufe, andere Regeln, andere Sportgeräte, Athletinnen und Athleten, die Wettkampfstätten. Darauf muss sich intensiv vorbereitet werden."

Schwierigkeiten bei hohem Tempo

Wissen zu den Sportarten und zu informativen Hintergründen liefern die Beschreiberinnen stets gut und verständlich. Sobald eine Sportart aber halbwegs schnell ist, gelangt die Audiodeskription an ihre Grenzen.
Das liegt einerseits daran, dass zumindest für mich das Sprechtempo zu langsam ist. Auf der anderen Seite kommen Erklärungen, die zum Verständnis des Spielgeschehens wichtig sind, oft viel zu spät. Ich höre zum Beispiel Jubel, erfahre aber erst zehn Sekunden später, wer den Punkt gemacht hat, weil der Spielverlauf erst noch detailliert zu Ende geschildert wird.

Neues Interesse am Turnen

Es gibt jedoch auch Sportarten, bei denen eine treffgenaue Bildbeschreibung selbst bei höchster Sprechgeschwindigkeit schwierig ist. Das fällt gerade beim Tischtennis oder Fechten auf. Da ist das Zuhören dann besonders schwierig, wenn die Beschreiber nicht hinterherkommen.
Vielleicht, denke ich mir, sollte die Audiodeskription in diesen Momenten gar nicht zum Einsatz kommen. Wenn ich zum Beispiel beim Tennis weiß, wer Aufschlag hat, kann ich das Hin und Her des Balls viel besser verfolgen, wenn niemand redet. In weniger hektischen Momenten hat die Bildbeschreibung eine viel größere Wirkung. So werden für mich auch Sportarten interessant, für die ich mich zuvor nicht wirklich interessiert habe, weil der normale TV-Kommentar zu wenig beschreibt. Besonders auffällig ist das für mich beim Turnen.

Olympia - Königsdisziplin der Audiodeskription

Insgesamt gibt es also für die Audiodeskription bei Sportevents für mich noch Luft nach oben. Sie kann in einigen Momenten deutlich prägnanter und mehr auf den Punkt sein. Überraschenderweise haben dabei vor allem Beschreiberinnen und Beschreiber Probleme, das Geschehen in Worte zu fassen, die ansonsten bei Radioreportagen in der ARD zu hören sind.
Sie sind eigentlich darin geübt, Dinge zu beschreiben, die die Zuhörer nicht sehen können. Andererseits hat sich in diesem Bereich schon viel getan. 2013 gab es die erste Audiodeskription bei einem Fußballspiel im deutschen Fernsehen. Inzwischen gibt es bei den meisten Sportübertragungen der Öffentlich-Rechtlichen eine Bildbeschreibung. Olympia ist mit schnellen Wechseln zwischen unterschiedlichen Sportarten und kurzfristigen Programmänderungen wohl die Königsdisziplin der Audiodeskription. Da kann nicht immer alles klappen.