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Auf dem Weg in die Zukunft

"Wir haben jahrelang die Regierung mit Informationen und Wissen gefüttert, und bisher war die Regierung immer taub und blind." Blogger und andere Netznutzer stehen der neuen Internet-Kommission zur Zukunft der digitalen Gesellschaft skeptisch gegenüber.

Von Michael Meyer |
    "Es gibt Momente, in denen ich denke: Ja, man muss sich engagieren, man muss sich bemühen, Leute zu überzeugen, das glaube ich letztlich auch immer, aber mir geht das alles viel zu langsam. Weil, wenn du mit politischem Tempo vorangehst, dann überholt dich der ganze andere Kram. Und zwar auf allen Seiten und oben und unten. Natürlich ist es gut, sich zusammenzusetzen, aber was soll denn am Ende bei rauskommen? Dass wir eine Internethoheit schaffen oder eine Internetregierung?"

    Johnny Häusler ist Blogger und Unternehmer, mit dem Internet verdient er sein Geld. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit den Neuen Medien, damals steckte das Internet noch in den Anfängen. Mit 45 Jahren ist er einer der älteren Internetaktivisten – doch er wirkt jünger: schlanke Figur und jugendliche Ausstrahlung. Vor sieben Jahren ist er mit seinem Blog "Spreeblick" online gegangen, dafür bekam er den Grimme Online-Award. In dem Blog schreibt Häusler über Netzpolitik, über Urheberrecht, aber auch über Musik, Bücher und Filme. Es gab Zeiten, da hat Häusler selbst darüber nachgedacht, Netzpolitik zu machen, doch sein Tempo war das nicht. Stattdessen gründete er vor vier Jahren zusammen mit anderen Netzaktivisten die Internetmesse "re:publica" – mittlerweile ist sie so erfolgreich, dass sie "Kirchentag der Internetuser" genannt wird.

    Auch wenn sie noch nicht ganz so viele Besucher anzieht wie der Kirchentag - 2500 waren es in diesem Jahr – die "re:publica" ist inzwischen Deutschlands wichtigste Tagung zum Thema Internet. Und man kann davon ausgehen, dass sie in den kommenden Jahren noch weiter wachsen wird. Markus Beckedahl ist Mit-Veranstalter der Messe "re:publica". Der 34-Jährige ist Blogger, Medienberater und künftig für Bündnis 90/Die Grünen Sachverständiger der Enquete-Kommission des Bundestags. Diese Kommission, die aus 17 Bundestagsabgeordneten und 17 Sachverständigen besteht, wird sich in den kommenden zwei Jahren mit der digitalen Gesellschaft beschäftigen.

    Morgen wird die Kommission ihre Arbeit aufnehmen. Dass sich immer mehr Menschen für die Internet-Messe interessieren, verwundert Markus Beckedahl nicht:

    "Ich glaube wir haben mit der re:publica einen Ort geschaffen, physisch, für Menschen, die sich teilweise das ganze Jahr über nur im Internet sehen, die sich aber den ganzen Tag bei twitter begegnen, gegenseitig die Blogs lesen, kommentieren, und dann mal für drei Tage zusammenkommen, um Freundschaften zu vertiefen, um über die Auswirkungen von dem, was wir da tun, zu diskutieren und gemeinsam zu feiern."

    An den drei Tagen der Messe zeigte sich aber auch: Zwischen der Netzgemeinde und der Politik liegt ein tiefer Graben. Gegenseitiges Misstrauen, Vorwürfe der Inkompetenz an die Politik – umgekehrt wirft die Politik vielen Internetaktivisten eine Verharmlosung bestehender Probleme vor. Der Psychologe und Intelligenzforscher Peter Kruse hielt auf der "re:publica" einen vielbeachtete Rede:

    "Wenn man sich anschaut derzeit im Fernsehen, Top-Gesprächsthemen in Talkshows: Begünstigt das Zölibat sexuellen Missbrauch? und: Wie gefährlich ist das Internet? Wenn man diese beiden Sachen dann so nebeneinander stellt, dann bekommt man so ein bisschen Nachdenklichkeit und auch einen latenten Ärger, weil irgendwie scheint das Internet hier als Glaubensfrage bewertet zu werden. Man hat so ein bisschen den Eindruck, es geht gar nicht um die inhaltliche Debatte, sondern es geht sehr stark um eine Debatte, auf der Basis von Werten."

    Erst in der vergangenen Woche diskutierte das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" als Titelthema: "Das Internet – gut oder böse?"

    Darauf kann es wohl kaum eine allgemeingültige Antwort geben, denn: Über Werte lässt sich bekanntermaßen trefflich streiten – sei es im Netz oder in der realen Welt. Womit sich die Frage stellt: Hat es überhaupt Sinn, das Internet politisch zu regeln? Gar mittels einer Enquete-Kommission? Johnny Häusler:

    "Ich glaube, viele Dinge werden sich am Ende alleine lösen, das wird zwar manchmal hässlich sein, aber ich glaube schon immer noch an ein großes Selbstregulativ in der Gesellschaft und damit auch im Netz, aber, ob da jetzt etwas bei rauskommt? Man kann ja auch keinen Beschluss fassen und dem Internet sagen: Wir haben jetzt etwas beschlossen."

    Das Thema "Internet und digitale Gesellschaft" steht nicht erst seit gestern auf der Agenda der politischen Parteien. Schon in den 90er-Jahren, als das Internet immer stärker genutzt wurde, gab es im Deutschen Bundestag eine solche Kommission. Damals, 1996 bis 1998, nannte sie sich: "Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft”. Viele der Fragenstellungen von damals könnten so auch heute formuliert werden.

    Eine neue Kommission zum Thema Internet einzurichten – dem stimmten alle Parteien zu. Am 4.März wurde sie mehrheitlich im Bundestag beschlossen. Die Medienexperten der Parteien hatten dabei weitgehend ähnliche Erwartungen an die Kommission. Lars Klingbeil, SPD:

    "Dass wir heute hier im Bundestag über eine Kommission Internet und digitale Gesellschaft beschließen, zeigt, dass die netzpolitische Debatte kein Nischenthema mehr ist. Die Herausforderungen, die digitale Gesellschaft zu gestalten, sind mitten in der politischen Debatte angekommen, und ich habe die Hoffnung, dass mit der Einsetzung der Enquete–Kommission diese Debatte auch endlich hier im Bundestag ankommt."

    Michael Kretschmer von der CDU:

    "Wir sollten, meine Damen und Herren, zu den 17 Sachverständigen, die in Zukunft mitarbeiten werden in dieser Kommission einen 18. Sachverständigen gedanklich hinzunehmen, und das soll der Bürger sein. Der sachverständige Bürger, wir wollen eine breite Partizipation bei dieser Enquete Kommission."

    Und Herbert Behrens von der Linkspartei versprach:

    "Die Linke, wir stehen dabei an der Seite der Nutzerinnen und Nutzer,(…) uns geht es in dieser Kommission um ein modernes Urheberrecht, um einen verbesserten Datenschutz, uns geht es insbesondere auch um die Transparenz, die hier vielbeschworen wird,(…) es geht um demokratische Teilhabe im Netz."

    Teilhabe – das ist leichter gesagt, als getan: Der Sachverstand der Bürger wird stark gefordert sein bei den hochkomplexen Themen, die zur Debatte anstehen. Die Themenliste der Kommission ist äußerst lang, fast jeder einzelne Punkt wird seit Jahren diskutiert und lohnte für sich schon eine eigene Kommission: Schließlich stehen das Urheberrecht, der Zugang zu Regierungsinformationen, die Meinungsvielfalt und Chancengleichheit zur Diskussion.
    Es ist kaum davon auszugehen, dass die Kommission alle Themen in zwei Jahren abarbeiten kann. Die Erfahrungen mit solchen parlamentarischen Gremien war in der Vergangenheit denn auch zwiespältig: So ist die Bilanz jener Kommission, die 2003 zum Thema Medizin und Bio-Ethik eingesetzt wurde, positiv, eine Reihe von Vorschlägen beförderten und konkretisierten die politische Debatte.

    Bei der letzten Internet-Kommission Ende der 90er-Jahre dagegen fiel das Echo deutlich weniger positiv aus. Zu wenig konkret, zu unpräzise und allgemein seien viele Vorschläge gewesen, so die Kritiker damals. Mittlerweile aber sei die Debatte weiter, sagt Markus Beckedahl:

    "Realistischerweise bringt so eine Enquete-Kommission zwei Jahre Diskussionen im Bundestag und damit hoffentlich auch vermehrt öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Netzpolitik und digitale Gesellschaft, und im Optimalfall kommen dabei auch noch zahlreiche wissenschaftliche Forschungen bei heraus, in Form von Gutachten und Studien, an denen es in Deutschland teilweise noch mangelt."

    Alle Parteien betonen, dass die Arbeit der Kommission nicht im Verborgenen stattfinden soll. Der Vorsitzende, der CDU-Abgeordnete Axel Fischer, wünscht sich eine breite Partizipation der Bürger:

    "Wir wollen eine große Transparenz, zum Beispiel, dass wenn wir eine Anhörung planen, dass die Texte für die Anhörung vorher schon im Internet sind, dass dann auch die Bürgerinnen und Bürger übers Internet uns Informationen geben können, was sie jetzt den Sachverständigen fragen würden, was sie von bestimmten Texten halten. Bis hin zu Überlegungen, dass man bei einer Anhörung eine so genannte Twitter-Wall aufbaut, wo dann die Möglichkeit ist, online mit dabei zu sein, und Kommentare abzugeben, bis hin zu Diskussionsforen und mehr."

    Von dieser "Bürgerbeteiligung" hält Markus Beckedahl nicht allzu viel - nicht etwa, weil die Bürger von einer solchen Diskussion ausgeschlossen werden sollten, sondern weil die Debattenteilnahme per Twitter oder Email doch eine nur sehr eingeschränkte Mitwirkungsmöglichkeit sein wird. Von daher sollte die Politik da nicht zu viel versprechen, so Beckedahl, gerade auch im Hinblick auf die vielen Themen, die die Kommission in den nächsten zwei Jahren bearbeiten will.

    Viele interessierte Bürger würden am Ende wohl etwas enttäuscht sein über die mangelnden Partizipationsmöglichkeiten, oder, anders ausgedrückt: darüber, wie wenig Gehör ihre Vorschläge finden.

    "Die Frage ist, was wird in welcher Reihenfolge wie intensiv abgearbeitet, bei welchen Fragestellungen, bei welchen Themen sagt die Regierung, nein, hier wollen wir lieber selbst entscheiden, anstatt das in der großen Runde zu diskutieren."

    Der SPD-Abgeordnete Lars Klingbeil, ebenfalls Mitglied in der Enquete-Kommission, meint, dass es bei aller Kleinteiligkeit der Themen auch um Zukunftsfragen der Gesellschaft selbst gehen müsse:

    "Das ist die Frage, wie können wir politische Kultur, Partizipation, Beteiligung der Bürger stärken, was sind da die Instrumente, weil gerade junge Menschen, die gehen nicht mehr um 20 Uhr in den Dorfkrug zu einer politischen Veranstaltung, sondern die sind bei Facebook, bei meinVZ, bei StudiVZ aktiv, auch politisch aktiv, und da muss der Bundestag auch Wege finden, diese jungen Menschen einzubinden, um sich zu erneuern auch."

    Hauptproblem der Debatte dürfte sein: Die unterschiedlichen Lebenswelten von jungen Mediennutzern und – zumindest – einem Teil der Politiker. Lars Klingbeil fordert schon lange einen Mentalitätswandel in der Politik:

    "Ich nehme in vielen Diskussionen immer wahr, dass man mit Angst an das Internet rangeht, weil man es vielleicht auch nicht kennt, das gehört ja zur Wahrheit dazu, dass sich viele mit dem Internet nicht intensiv auseinandersetzen, aber das Internet ist eine riesige Chance für wirtschaftliches Wachstum, auch für die Bildung, und deswegen muss das die Grundeinstellung sein: Internet ist eine Chance, und keine Bedrohung."

    Ein gutes Beispiel für eine aus dem Ruder gelaufene Debatte ist jene um das Thema Kinderpornografie. Ursula von der Leyen, zu dieser Zeit Bundesfamilienministerin, setzte sich für so genannte Netzsperren ein. Die Idee: Alle Internetseiten, auf denen kinderpornografische Bilder zu sehen sind, sollten in Deutschland nicht mehr zugänglich sein und gesperrt werden – das sollten die Internet-Provider organisieren, indem sie auf die entsprechenden Seiten rote STOPP-Schilder platzieren. Ursula von der Leyen begründete die Initiative im Frühjahr vergangenen Jahres so:
    "Unserer Meinung nach kann es nicht angehen, dass dieser schwere Missbrauch von Kindern scheinbar selbstverständlich abrufbar ist."

    Dagegen konnte eigentlich niemand etwas haben, aber: Die Netzgemeinde schrie empört auf. 135.000 Unterschriften kamen in einer sogenannten "E-Petition" zusammen, die sich gegen die Initiative richtete. "Zensursula" lautete das Schimpfwort, das man der Familienministerin andichtete. Nicht etwa, weil man mit Kinderpornografen solidarisch gewesen wäre, sondern weil die entsprechende Liste der gesperrten Seiten von Beamten des Bundeskriminalamts entworfen werden sollte – notfalls ohne Rücksprache mit anderen Behörden. Ein ungeschicktes Vorgehen, befanden Netzaktivisten wie Johnny Häusler. Er sagt, dass die Maßnahme, wäre sie umgesetzt worden, fast völlig wirkungslos gewesen wäre. Häusler vermisste in der Debatte um die Netzsperren die wirklich wichtigen Aspekte:

    "Wir haben nie darüber geredet, was sind das eigentlich für Menschen, die sowas konsumieren? Wie sind die drauf, wie kann man denen helfen? (…) Was sind das für Leute, die sowas herstellen, wie funktioniert dieser Markt usw. Das sind doch die Themen, wo man wirklich an die Leute rankommt und wo man es unterbinden kann, das Transportmedium Internet oder Telefonleitung oder Briefpaket hat damit erst mal überhaupt nichts zu tun. (…) Wenn ich dann höre, wir müssen verhindern, dass das einem Kind nochmal passiert, sage ich: Ja, unterschreibe ich sofort, aber doch nicht mit Netzsperren. Dadurch verhindere ich gar nichts."

    Die recht oberflächliche Debatte über Kinderpornografie im Netz ist symptomatisch. Die Politik, so Beckedahl, habe nur auf Empfehlungen des Bundeskriminalamts und von Kinderschutzverbänden gehört. Die Politik erweise sich als "stark beratungsresistent".

    "Das war ja auch ein sehr schönes Beispiel, die ganzen Experten sind ja nie gehört worden, bei den Vorbereitungen für diese ganze Sperrinfrastruktur, das ist ja hinter verschlossenen Türen passiert, und irgendwann wurde dann mal vor den Scheinwerfern den ganzen Fotografen und Journalisten präsentiert, und dann dachte man, man ist damit durch."

    Erst sehr viel später war die Politik bereit, zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat, meint Beckedahl:

    "Mittlerweile ist ja nur noch ein Teil der CDU/CSU überzeugt, dass das eine richtige Sache war, während alle anderen Parteien und Fraktionen gesagt haben: Das war der falsche Weg wir müssen konsequent kinderpornografische Inhalte löschen, wir dürfen nicht den Fehler begehen, eine Zensurinfrastruktur zum Sperren dazu zu errichten."

    Auch der neue Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der ab nächstem Jahr gelten soll, wird die Netzgemeinde alles andere als begeistern. Ziel der neuen Regelungen in dem Vertrag ist es beispielsweise, jugendgefährdende Internetseiten künftig zu kennzeichnen, es soll eine Altersklassifizierung von sechs, zwölf, 16 und 18 Jahren geben. Doch was soll das bringen, fragt sich die Netzgemeinde auf Internet-Konferenzen wie dem "politcamp":

    "Wenn ich etwas sehen wollte, was da gesperrt ist, dann ist die Filtersoftware sofort wieder weg, weil da nach ein paar Tagen auf You Tube Videos sind, wie man das Ganze wieder aushebelt, statt auf Verbote zu setzen, sollte man lieber schauen, wie man Jugendliche dazu bringt, gar nicht erst solche Seiten aufzurufen."

    Die Politik macht sich gelegentlich regelrecht lächerlich, so meinen Kritiker: Etwa wenn die für Medienpolitik zuständige Staatskanzlei in Mainz "Sendezeiten" im Netz für jugendgefährdende Inhalte fordert – die Netzgemeinde spöttelte: Nach mitteleuropäischer Zeit oder der der Ostküste in den USA? Auch die öffentlichkeitswirksame Aktion der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, die drohte, ihr Facebook-Konto zu schließen, falls nicht die Datenschutzrichtlinien überarbeitet werden, stieß in der Netzgemeinde auf Spott und Hohn. Gefragt wurde: Misst da eine Politikerin mit zweierlei Maß, wenn doch staatliche Behörden immer mehr Daten ihrer Bürger sammeln?

    Eine Partei, die von der Ahnungslosigkeit der Politik profitierte, ist die Piratenpartei. Ursprünglich wurde sie in Schweden gegründet, 2006 wurde in Berlin der deutsche Ableger ins Leben gerufen. Die Piratenpartei kümmert sich vor allem um Themen, die das Internet, den Datenschutz und die digitale Gesellschaft betreffen. Rund 12.000 Mitglieder hat die Partei mittlerweile, bei der Bundestagswahl 2009 kam sie auf immerhin zwei Prozent.

    Im Sommer vergangenen Jahres wurde die neue Geschäftsstelle in Berlin bezogen – damals erregte die Partei auch in den Medien viel Aufsehen, und neue Anhänger schrieben sich in Scharen bei den Piraten ein.

    Wie schon die Grünen Anfang der achtziger Jahre haben auch die Piraten erst einmal nur ein Hauptthema: Was bei den Grünen die Umwelt war, ist bei der Piratenpartei das Internet. Simon Lange, Pressesprecher der Partei, bestätigt, dass die Piraten ihre Existenz im Grunde der weitverbreiteten Unkenntnis der etablierten Parteien verdanken.

    "Also im Prinzip stehen wir dafür, dass wir einen transparenten Staat bekommen und keinen transparenten Bürger, was ein wesentlicher Vorteil wäre gegenüber dem jetzigen Modell, wo der Staat alles verheimlicht und der Bürger komplett durchleuchtet werden soll, und zum anderen sind wir für eine gewisse Sachlichkeit,(…) zum Beispiel wir wären für illegale Downloads: Erstmal: Es gibt keine illegalen Downloads, es gibt nach wie vor das Recht auf eine Privatkopie. Das ist erst mal nicht zu illegalisieren, und genau das wird aber gemacht und das mit großem Engagement der Contentindustrie, (…) dass die Politik auf diesen Zug aufspringt ist eigentlich nicht nachvollziehbar."

    Ob man dem nun folgt oder nicht – viele Experten bestätigen: Die Politik begegnet Fragen, die das Internet betreffen, allzu oft mit dem Verständnis einer analogen Welt. Kaum erstaunlich ist es daher, dass die Piratenpartei wenig Hoffnung in die Enquete-Kommission setzt, sagt Pressesprecher Simon Lange:

    "Wir haben halt Erfahrung mit der Lehrresistenz der Regierung, wir haben jetzt schon jahrelang die Regierung mit Informationen und Wissen gefüttert, und nicht nur wir, sondern auch eine ganze Menge NGOs, Aktivisten etc, Leute mit Reputation, das kam nicht von ungefähr, sondern da gab es wirklich von allen Lagern massive Kritik und Vorschläge, wie man Dinge verbessern könnte, und bisher war die Regierung immer taub, taub und blind,(..) und deshalb ist eine gewisse Skepsis durchaus angebracht."

    Und so wird man abwarten müssen, was wirklich am Ende einer neu eingesetzten Internet-Kommission steht. Das Interesse der Netzgemeinde, vieler interessierter Nutzerinnen und Nutzer ist jedenfalls da. Für den Internet-Aktivisten Beckedahl überwiegen in jedem Fall die positiven Aspekte eines solchen Gremiums:

    "Ich gehe schon davon aus, dass die 17 Abgeordneten, die in der Enquete sitzen, diese zwei Jahre nutzen werden, um sich weiterzubilden, um tiefer in das Thema Netzpolitik einzudringen, um dann hoffentlich auch mehr Nachhilfe bei ihren eigenen Kollegen betreiben und ihren eigenen Kollegen in der Fraktion erklären, wie wichtig diese Themen sind und was die ganzen technologischen Folgeabschätzungen und Hintergründe sind, also daran scheiterte es ja im Allgemeinen in der Politik, dass Medienkompetenz und Technikkompetenz zu wenig vorhanden ist, dass der Wille sich ein Leben lang weiterzubilden in diesem Feld teilweise gar nicht da ist, und deswegen auch nicht die technologischen Folgeabschätzungen seiner eigenen Abstimmungen richtig sehen kann."

    Und Johnny Häusler hofft auf einen gelasseneren Umgang mit dem Thema Internet:


    "Vielleicht kommt aber auch dabei raus, dass man bestimmte Sachen mal in Ruhe lassen muss, damit sie Zeit haben, sich zu entwickeln, das wäre natürlich ein Schritt nach vorne."