"Jeder in diesem Raum schreibt gerade Geschichte." UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spart nicht mit großen Worten, als er vor 10 Tagen, am 3. Juli, in New York die Abschlusskonferenz für ein internationales Waffenhandelsabkommen eröffnet. Und tatsächlich: Im Hauptquartier der Vereinten Nationen haben sich erstmals in der Geschichte der Organisation Vertreter sämtlicher UN-Mitgliedsstaaten versammelt, um verbindlich den weltweiten Handel mit konventionellen Waffen zu regulieren. Vorausgegangen sind fast zehnjährige Vorbereitungen. Am Entwurf des jetzt vorliegenden Vertragstextes hat neben zahlreichen anderen Nicht-Regierungsorganisationen auch der Weltkirchenrat mitgearbeitet. Jonathan Frerichs ist der Experte für Rüstungskontrolle des ökumenischen Kirchenverbandes. Er ist ein wenig skeptischer als der UN-Generalsekretär:
"Es ist ganz sicher ein historisches Ereignis. Die Frage ist nur, ob die Staaten diese Gelegenheit nutzen, um gute oder schlechte Geschichte zu schreiben. Sie schreiben gute Geschichte, wenn sie einen Vertrag verabschieden, der erstmals bindende globale Kontrollen für den Handel mit konventionellen Waffen festschreibt. Schlecht wäre es, wenn der Vertrag schwächer wird als manche nationalen oder regionalen Regeln, die heute schon in Kraft sind."
Die Fakten sprechen bisher jedoch eher für letztere Variante. Zwischen 2007 und 2011 war der Umsatz der weltweiten Waffengeschäfte um fast ein Viertel höher als in den fünf vorangegangenen Jahren. Das hat das Friedensforschungsinstitut SIPRI in Stockholm errechnet. Die drei größten Waffenexporteure sind demnach die USA, Russland und Deutschland. Dennoch glaubt Jonathan Frerichs, dass gerade diese Länder ein wirtschaftliches Interesse daran haben, den Waffenhandel international zu regulieren.
"Viele dieser Länder haben bereits Waffenexportkontrollen. Wenn der Vertrag diese als Basis nimmt und von dort alle Staaten auf den gleichen Standard bringt, dann hätten wir im Waffenhandel etwas, was wir in anderen Bereichen längst haben: Es gibt mehr Regeln für den Bananenhandel als für den Waffenhandel."
Staaten wie Deutschland hätten dann keinen Wettbewerbsnachteil mehr gegenüber Ländern, die weniger restriktive Waffenexportgesetze haben. Formal gilt Deutschland als Vorbild bei der Rüstungskontrolle. Besteht die Gefahr, dass Waffen, die ein deutsches Unternehmen verkauft, im Bestimmungsland für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, dürfen diese nicht dorthin geliefert werden. Auch in Krisengebiete dürfen keine deutschen Waffen verkauft werden. Doch die Frage lautet: Was ist ein Krisengebiet? Obwohl in der indonesischen Provinz Aceh weiterhin teils gewaltsame Konflikte schwelen, hat Indonesien im Vorfeld des jüngsten Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in dem Land Interesse an 100 gebrauchten deutschen Panzern geäußert. Entschieden ist noch nichts. Doch die Bundesregierung hat diesem Wunsch auch noch nicht widersprochen. Für Jonathan Frerichs ist dies ein gutes Beispiel dafür, warum ein internationaler Vertrag zwingend notwendig ist.
"Deutschland muss zwischen seinen Wirtschaftsinteressen und der Menschenrechtslage in Indonesien abwägen, und zwar in einer Art Vakuum - immer mit einem Blick über die Schulter, wer sonst vielleicht das Geschäft abwickelt. Man kann dieses Spiel nicht nach unterschiedlichen Regeln spielen. Jeder muss sich an dieselben Regeln halten. Und das Waffenhandelsabkommen ist eben die allererste für alle bindende Regulierung für den Handel mit konventionellen Waffen."
Besonders wichtig ist dem Weltkirchenrat, dass das neue Abkommen nicht nur den Verkauf von kompletten Waffen in Krisengebiete unterbindet, sondern auch von Einzelteilen und Munition. Um Rüstungskontrollen zu umgehen, bieten viele Hersteller nämlich inzwischen ihre Waffen als Bausatz an. Außerdem verlangt der Weltkirchenrat, dass Waffengeschäfte nicht die sozioökonomische Entwicklung von Gesellschaften behindern dürfen. Doch selbst wenn all diese Forderungen durchgesetzt werden könnten, bleibt ein heikler Punkt: Wer kontrolliert die Einhaltung des Vertrags? Darauf hat auch Jonathan Frerichs keine befriedigende Antwort. Er setzt auf die Vorbildfunktion von Staaten wie der Bundesrepublik bei der Kontrolle von Handelswegen:
"Deutschland kann das nicht alles allein kontrollieren. Doch das ist umso mehr ein Grund, für effektive Kontrollen zu werben - so, wie das die deutsche Regierung tut. Deutschland setzt sich massiv für einen robusten und effektiven Vertrag ein. Doch die Menschen in anderen Ländern werden Hilfe brauchen - in Ländern, in denen Regierungen nicht so stark sind und wo Waffenhändler besser organisiert und finanziert sind als die Regierung. Diese Länder brauchen Hilfe bei der Implementierung des Vertrags. Wir brauchen also ein internationales Unterstützungsprogramm. Und die deutsche Regierung ist eine treibende Kraft hinter diesem verantwortlichen Ansatz."
Ob das Abkommen zu einem erfolgreichen Abschluss kommt, ist bisher ungewiss. Die deutsche Regierung gibt sich optimistisch. Ob sie recht behält, wird sich am 27. Juli zeigen. Dann endet die Konferenz in New York.
"Es ist ganz sicher ein historisches Ereignis. Die Frage ist nur, ob die Staaten diese Gelegenheit nutzen, um gute oder schlechte Geschichte zu schreiben. Sie schreiben gute Geschichte, wenn sie einen Vertrag verabschieden, der erstmals bindende globale Kontrollen für den Handel mit konventionellen Waffen festschreibt. Schlecht wäre es, wenn der Vertrag schwächer wird als manche nationalen oder regionalen Regeln, die heute schon in Kraft sind."
Die Fakten sprechen bisher jedoch eher für letztere Variante. Zwischen 2007 und 2011 war der Umsatz der weltweiten Waffengeschäfte um fast ein Viertel höher als in den fünf vorangegangenen Jahren. Das hat das Friedensforschungsinstitut SIPRI in Stockholm errechnet. Die drei größten Waffenexporteure sind demnach die USA, Russland und Deutschland. Dennoch glaubt Jonathan Frerichs, dass gerade diese Länder ein wirtschaftliches Interesse daran haben, den Waffenhandel international zu regulieren.
"Viele dieser Länder haben bereits Waffenexportkontrollen. Wenn der Vertrag diese als Basis nimmt und von dort alle Staaten auf den gleichen Standard bringt, dann hätten wir im Waffenhandel etwas, was wir in anderen Bereichen längst haben: Es gibt mehr Regeln für den Bananenhandel als für den Waffenhandel."
Staaten wie Deutschland hätten dann keinen Wettbewerbsnachteil mehr gegenüber Ländern, die weniger restriktive Waffenexportgesetze haben. Formal gilt Deutschland als Vorbild bei der Rüstungskontrolle. Besteht die Gefahr, dass Waffen, die ein deutsches Unternehmen verkauft, im Bestimmungsland für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, dürfen diese nicht dorthin geliefert werden. Auch in Krisengebiete dürfen keine deutschen Waffen verkauft werden. Doch die Frage lautet: Was ist ein Krisengebiet? Obwohl in der indonesischen Provinz Aceh weiterhin teils gewaltsame Konflikte schwelen, hat Indonesien im Vorfeld des jüngsten Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in dem Land Interesse an 100 gebrauchten deutschen Panzern geäußert. Entschieden ist noch nichts. Doch die Bundesregierung hat diesem Wunsch auch noch nicht widersprochen. Für Jonathan Frerichs ist dies ein gutes Beispiel dafür, warum ein internationaler Vertrag zwingend notwendig ist.
"Deutschland muss zwischen seinen Wirtschaftsinteressen und der Menschenrechtslage in Indonesien abwägen, und zwar in einer Art Vakuum - immer mit einem Blick über die Schulter, wer sonst vielleicht das Geschäft abwickelt. Man kann dieses Spiel nicht nach unterschiedlichen Regeln spielen. Jeder muss sich an dieselben Regeln halten. Und das Waffenhandelsabkommen ist eben die allererste für alle bindende Regulierung für den Handel mit konventionellen Waffen."
Besonders wichtig ist dem Weltkirchenrat, dass das neue Abkommen nicht nur den Verkauf von kompletten Waffen in Krisengebiete unterbindet, sondern auch von Einzelteilen und Munition. Um Rüstungskontrollen zu umgehen, bieten viele Hersteller nämlich inzwischen ihre Waffen als Bausatz an. Außerdem verlangt der Weltkirchenrat, dass Waffengeschäfte nicht die sozioökonomische Entwicklung von Gesellschaften behindern dürfen. Doch selbst wenn all diese Forderungen durchgesetzt werden könnten, bleibt ein heikler Punkt: Wer kontrolliert die Einhaltung des Vertrags? Darauf hat auch Jonathan Frerichs keine befriedigende Antwort. Er setzt auf die Vorbildfunktion von Staaten wie der Bundesrepublik bei der Kontrolle von Handelswegen:
"Deutschland kann das nicht alles allein kontrollieren. Doch das ist umso mehr ein Grund, für effektive Kontrollen zu werben - so, wie das die deutsche Regierung tut. Deutschland setzt sich massiv für einen robusten und effektiven Vertrag ein. Doch die Menschen in anderen Ländern werden Hilfe brauchen - in Ländern, in denen Regierungen nicht so stark sind und wo Waffenhändler besser organisiert und finanziert sind als die Regierung. Diese Länder brauchen Hilfe bei der Implementierung des Vertrags. Wir brauchen also ein internationales Unterstützungsprogramm. Und die deutsche Regierung ist eine treibende Kraft hinter diesem verantwortlichen Ansatz."
Ob das Abkommen zu einem erfolgreichen Abschluss kommt, ist bisher ungewiss. Die deutsche Regierung gibt sich optimistisch. Ob sie recht behält, wird sich am 27. Juli zeigen. Dann endet die Konferenz in New York.