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Auf den Spuren von Miguel Cervantes

Er ist einer der berühmtesten Romane der Weltliteratur, der Don Quijote des Miguel de Cervantes. Es ist das Bild eines ungleichen Paares, das auch 400 Jahre nach der Erstveröffentlichung eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für Kunstschaffende aller Sparten und Zeiten bleibt. Unbestritten zählt der Roman Weltliteratur, weil er vom Lesen, der Kraft der Imagination und der Willensfreiheit handelt.

Von Margrit Klingler-Clavijo |
    "An einem Orte der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Junker, einer von jenen, die einen Speer im Lanzengestell, eine alte Tartsche, einen hagern Gaul und einen Windhund zum Jagen haben. Man muss nun wissen, dass dieser obbesagte Junker alle Stunden, wo er müßig war – und es waren dies die meisten des Jahres – sich dem Lesen von Ritterbüchern hingab und so, vom wenigen Schlafen und vom vielen Lesen, trocknete ihm das Hirn so aus, dass er zuletzt den Verstand verlor da es mit seinem Verstand völlig zu Ende gegangen deuchte es ihm angemessen und notwendig, sowohl zur Mehrung seiner Ehre als auch zum Dienste des Gemeinwesens, sich zum fahrenden Ritter zu machen und durch die ganze Welt mit Ross und Waffen zu ziehen, um Abenteuer zu suchen und all das zu üben, was, wie er gelesen, die fahrenden Ritter übten, dass heißt jegliche Art von Unbill wiedergut zu machen, und sich in Gelegenheiten und Gefahren zu begeben, durch deren Überwindung er ewigen Namen und Ruhm gewinnen würde zuletzt verfiel er darauf, sich Don Quijote zu nennen: Don Quijote von der Mancha."

    So beginnt einer der berühmtesten Romane der Weltliteratur, der Don Quijote des Miguel de Cervantes, der seit dem 21. April in Madrid im Círculo de Bellas Artes laut vorgetragen und in viele Länder übertragen wird. Der erste Band erschien am 16. Januar 1605 in der Druckerei des Juan de la Cuesta in Madrid. 1615 folgte der zweite Band, nachdem kurz zuvor ein Schriftsteller namens Avellaneda seine Version veröffentlicht hatte, die Cervantes missfiel und Literaturwissenschaftlern zufolge weit unter den literarischen Qualitäten von Cervantes liegt. Mit Don Quijote assoziieren wir vor allem das Bild eines ungleichen Paares: Don Quijote, der hagere Mann in Ritterrüstung auf einem klapprigen Pferd, in der Hand eine Lanze; begleitet von einem kleinen Dicken, seinem Schildknappen Sancho Panza, der einen Esel reitet. Die beeindruckende Geschichte dieses Romans kann man in Madrid in der Nationalbibliothek- der Biblioteca Nacional- im Rahmen einer großen Gedenkausstellung rekonstruieren: El Quijote, biografía de un libro ( Der Quijote, Biographie eines Buches). Da erfahren wir, dass dieser Roman nach der Bibel das meist übersetzte Buch ist. Die erste deutsche Ausgabe erschien 1648 in Frankfurt , ohne Illustrationen und nur die ersten 22 Kapitel.
    Maßgeblich für die Rezeption des Quijote in Deutschland war die Übersetzung von
    Ludwig Tieck im Jahr 1799. Schon jetzt dürfen wir gespannt sein auf die Neuübersetzung von Susanne Lange, die der Hanser Verlag voraussichtlich
    im Jahr 2008 publizieren wird.

    Die Nationalbibliothek beherbergt an die 18.000 Bücher, Zeichnungen, Holzschnitte, Partituren und Manuskripte über den Don Quijote. Madrid ist das ganze Jahr über das Zentrum etlicher Veranstaltungen, die Rosa Regas, Schriftstellerin und Leiterin der Nationalbibliothek so umreißt:

    "Der Quijote und die Frauen, der Quijote und die Pflanzen, der Quijote und die Leidenschaften, der Quijote und die Illusionen, der Quijote und die Solidarität, wir beleuchten ihn unter einer Vielzahl von Aspekten, da wir so das Gefühl haben, ihn wie einen großen Polyeder zu betrachten, um – so gut wie möglich - die Figur des Don Quijote besser kennen zu lernen."

    Im Rahmen des IV. Centenario sind vielerorts Gedenkveranstaltungen an die Erstveröffentlichung des Don Quijote vor vierhundert Jahren geplant : in der Mancha, Madrid, Mexiko, München, New York und, und, und Lesungen, Kongresse, Symposien, Ausstellungen, musikalische Darbietungen, Theateraufführungen, Verfilmungen, und, und, und Lateinamerikanische Regierungschefs wie Hugo Chávez oder Vicente Fox haben sich die Förderung dieses Romans auf die Fahnen geschrieben und in Millionenauflage die Bibliotheken ihrer jeweiligen Länder mit dem Don Quijote bestückt Außerdem haben alle namhaften spanischen Verlage ihre jeweilige Neufassung des Don Quijote herausgebracht, die sich ausnehmend gut verkauft. In der Mancha erfolgt die Tourismusförderung über den Don Quijote: Viele Orte beanspruchen, der namentlich nicht genannte zu sein. Damit sich der erwartete Besucherstrom auf alle Orte verteilen kann, hat man La Ruta del Quijote – die Route des Quijote konzipiert, die von Madrid in die Mancha führt und allen Ortschaften gerecht zu werden versucht. Wird hier nicht das Räderwerk einer gigantischen Kulturindustrie in Gang gesetzt, die aus dem Roman eines Autors Kapital zu schlagen versucht, der zeitlebens in finanziellen Schwierigkeiten steckte? Der seit Jahren in Marrakesch lebende spanische Schriftsteller Juan Goytisolo, der sich Cervantes zutiefst verbunden fühlt, hat dies zu folgender Karikatur inspiriert:

    2005, An einem Ort in der Mancha

    Dank der Vermittlung der besten und ältesten Literaturagentur Barcelonas, Erbin der von Don Quijote und seinem Schildknappen besuchten Druckerei, kamen wir zu einem Exklusivinterview mit dem Autor, genauer gesagt, mit dem, der den ganz berühmten Roman unterzeichnet, dessen Autoren, wie es darin ironisch heißt, mehrere sind. Wir treffen ihn unter der gerechten Sonne der Mancha, nicht mit Lanze und Ritterrüstung, sondern mit einem Strohhut à la Mastroani und dunklen Brillengläsern. Wir befinden uns auf der Touristenroute des Quijote, während das ihn begleitende Filmteam die Szene vorbereitet, in der der Held die Schenke besucht, die er für eine Burg gehalten hatte. "Ich habe kaum noch freie Termine, und die Medien lassen mich einfach nicht in Ruhe." - Doch sagen Sie mal, wie fühlen Sie sich überhaupt? Wie soll ich mich schon fühlen, wenn ich in einem Monat, in über einer Million Kopien , nun ja, Exemplaren versunken bin? Das Buch hat überall einen durchschlagenden Erfolg. Ich habe mehr als zwölf Verträge für die Film - und Fernsehadaption unterzeichnet. – Haben Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet?- Ehrlich gesagt nein. Der Beweis, ich wollte den zweiten Teil mit dem Tod des Protagonisten beenden. Jetzt sehe ich mich dazu gezwungen, ihn weiterleben zu lassen. – Es wird also eine Fortsetzung geben? –Genau. Haben Sie etwa die Verträge schon unterzeichnet? - Wir sind gerade dabei. Schreiben braucht Zeit und die Verleger schicken mich für jeden Band neun Monate auf Lesereise. Ich weiß gar nicht, wie viel Zeit ich noch erübrigen kann bei derart vielen Lesereisen. Der Autor lächelt, wendet sich plötzlich einem Fernsehkameramann zu, der sich hinter uns gedrängt hatte, um ihn zu filmen. – Hey, du da, du filmst mich von der falschen Seite. - Die falsche Seite? Siehst Du denn nicht meinen halb kaputten Arm ? Mein Bildassistent verbietet mir so etwas. – Wir sind davon ausgegangen, die historisch belegte Episode von Lepanto würde sie adeln. Sich auf dem Papier zu adeln ist eine Sache, doch im Film ist das ganz anders, da will das Publikum die Hand sehen, mit der ich schreibe, das heißt die, mit der ich auf der Computertastatur herumtippe. Schreiben Sie, abends, morgens? In der Zeit, die mir die Medien übriglassen. – Haben Sie eine Botschaft für unsere Leser? – Sie sollen die Sonderangebote nutzen. Durch die Bücher werden wir frei."

    Könnte andererseits das IV. Centenario nicht der willkommene Anlass sein, endlich diesen Roman zu lesen, der Harold Bloom, dem Literaturpapst der angelsächsischen Welt zufolge unbestritten zum Kanon der Weltliteratur zählt, weil er vom Lesen, der Kraft der Imagination und der Willensfreiheit handelt? Außerdem ist er immer noch eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für Kunstschaffende aller Sparten und Zeiten: Salvador Dalí und Antonio Saura in der Malerei, Orson Welles und G. W. Pabst im Film, Maurice Ravel und Manuel de Falla in der Musik. Ganz zu schweigen von all den Schriftstellern, die sich bewusst oder unbewusst auf diese einzigartige Werk der Weltliteratur beziehen.

    "Cervantes ist der Erfinder des Romans und es ist beeindruckend, wie er den europäischen Roman beeinflusst hat: Moll Flanders, Tristam Shandy, Jacques le Fataliste, Bovard et Pécuchet Er zwingt einem zu erschaffen, neu zu schaffen; er lässt keine Nachahmung zu. Carlos Fuentes hat einmal gesagt, wir würden allesamt im Sog von Cervantes schreiben, und unsere wahre Nationalität sei die des Cervantes. Dem stimme ich voll und ganz zu. Ich bin nicht sehr nationalistisch, mag Nationalismen nicht sonderlich, die einzige Nationalität, die ich akzeptiere, ist die des Cervantes."

    Doch wer war dieser Miguel de Cervantes, über dessen Leben wir nicht allzu viel wissen und dessen Biographie wahrscheinlich nie lückenlos zu erforschen sein wird? Geboren wurde er 1547 in Alcalá de Henares als Sohn eines verarmten Arztes.

    Dieser versuchte unter großen Schwierigkeiten, sich in verschiedenen Städten Spaniens eine Existenz aufzubauen. Cervantes nahm 1571 an der Seeschlacht gegen die Türken in Lepanto teil, wobei er den linken Arm verlor. Fünf Jahre verbrachte er in. Alger in maurischer Gefangenschaft, war danach Steuereintreiber in Sevilla, geriet wegen finanzieller Probleme zweimal ins Gefängnis. Dort sollen die Anfangskapitel des Don Quijote entstanden sein. Nachweislich geschrieben hat er den Don Quijote in Valladolid, als er schon weit über fünfzig war, unter Bedingungen, die Juan Goytisolo so beschreibt:

    "Völlig frustriert als Dramaturg, u.a. wegen des tyrannischen Monopols von Lope de Vega, lebt er völlig anonym an den untersten und verkommensten Rändern der Gesellschaft und genau daraus rührt die Kraft seiner brutalen Erfindung: Diese Chimäre oder dieser Traum des Helden, der mit seiner Lanze, seinem Schild und seinem Helm in die verlassenen Dörfer der Mancha zieht, um Freiheit und Gerechtigkeit zu verteidigen. Er hat eine literarische Welt geschaffen, die tiefgründiger und beständiger ist, als die, in der er lebt und die wie bei Kafka aus seiner absoluten Einsamkeit entsteht, wie eine prächtige und seltene Blume. Der Blick von der Peripherie zum Zentrum ist stets genauer und schärfer als umgekehrt. Es ist kein Zufall, dass Cervantes, der zweimal wegen Schulden im Gefängnis saß, in seinen Werken Randexistenzen und Verlierern viel Sympathie entgegenbrachte, da auch ihm die Gesellschaft die kalte Schulter gezeigt hat."

    Und worum geht es in dem Roman? Nach der Lektüre von Ritterromanen wie Amadis von Gallien oder Die Geschichte des berühmten Ritters Tirante des Weißen ernennt sich der verarmte Landjunker Alonso Quijano, Quijado oder Quesada zum fahrenden Ritter Don Quijote und reitet auf einem klapprigen Pferd namens Rocinante durch die Mancha auf der Suche nach Abenteuern, und wie Cervantes schreibt "um die Jungfrauen zu verteidigen, die Witwen zu schützen und den Waisen und Hilfsbedürftigen beizustehen." Da wird in seiner Vorstellungswelt das Bauernmädchen Aldonza zur Dame seines Herzens, zur inbrünstig verehrten Dulcinea de Toboso, die er nie zu Gesicht bekommt, was Rosa Regas, die Leiterin der Nationalbibliothek so kommentiert:

    "Meines Erachtens sind die Frauen und vor allem die Frauen aus jener Zeit idealisierte Frauen. Tatsächlich ist Don Quijote der erste, der sagt: ah, nein, Dulcinea kenne ich ja gar nicht; ich habe mich vom Hörensagen in sie verliebt und verklärt sie daraufhin. Da ist einerseits die Verklärung der Frauen und andererseits sind da die streitsüchtigen und nach Knoblauch riechenden Frauen."

    Doch zurück zu Don Quijote und Sancho Panza. Ihre Abenteuer sind höchst komisch und reizen zum Lachen. Da Don Quijote die Welt nur so wahrnimmt, wie er sie aus den Ritterromanen kennt. Und sich selbst nicht mehr für einen Landjunker, sondern einen fahrenden Ritter hält, sieht er in den Windmühlen der Mancha Riesen, die es zu bekämpfen gilt. Einfache Gasthöfe werden in seinen Augen zu Ritterburgen, Ziegenhirten zu Rittern. Widrigkeiten und Missgeschicke schreibt er generell dem Einfluss von Zauberern zu. Don Quijote und Sancho Panza sind das Gegensatzpaar par excellence : Der belesene und gebildete Don Quijote, oft als weltfremder Idealist apostrophiert, und der bauernschlaue, auf seinen materiellen Vorteil bedachte Schildknappe Sancho Panza. Hat Cervantes die langen Gespräche zwischen "dem Ritter von der traurigen Gestalt" und seinem Schildknappen nicht zur verdeckten Zeitkritik benutzt und gerade durch seine höchst subversiven Erzählstrukturen die inquisitorischen Praktiken der Gegenreformation unterlaufen? Dem mexikanischen Schriftsteller Carlos Fuentes zufolge wurde Cervantes dadurch zum Begründer des modernen Romans schlechthin.

    "Cervantes kennt keinen revolutionäreren Weg als die Isolation der existierenden Gattungen wie Epos, Schelmen- und Schäferroman, Liebesroman, italienische Erzählung, Roman im Roman, aktuelle Nachrichten zu durchbrechen und sie miteinander einen Dialog führen zu lassen. Dialog der Gattungen hat Claudio Guillén diese Begegnung genannt, der Cervantes erlaubt, den modernen Roman mit komischen Eigenschaften zu erfinden, da nur die Komödie ihm erlaubt, die Vielfalt der sprachlichen Ausdrucksformen zu erkunden, als Grundlage der Individualität. So kann sich über starre Konventionen beim Schreiben hinwegsetzen und eine Weltsicht vorschlagen, die auf der Unsicherheit beruht. Die Figur des Don Quijote befindet sich in der Tat in einer ständigen Auseinandersetzung mit allem, was nicht seine eigene Persönlichkeit ist. Durch dieses quijoteske Hin und Her zwischen dem Ich und der Welt, der Realität und der Imagination, befreit uns Cervantes von früheren, gegenwärtigen und künftigen Dogmen. 193 Der Quijote ist das Werk, das Autorschaft und Autorität hinterfragt, das Buch der Ungewissheit: Wer schreibt, wer handelt, wer benennt? Wer wagt es zu klassifizieren und mich einzuordnen? Diesen Angriff übersteht weder ein religiöses noch ein politisches Dogma. Daher rührt die Aktualität des Don Quijote."

    Juan Goytisolo weist nach, dass Cervantes, der zwar kein arabisch sprach, die Welt des Maghreb jedoch aus seiner fünfjährigen Gefangenschaft in Algerien kannte, Elemente orientalischer Erzähltradition übernommen hat, so wie sie mit Tausend- und eine Nacht aus Indien über den Vorderen Orient sich im Mittelmeerraum verbreitet haben.

    " Cervantes führt als erster in die Literatur des Abendlandes einen Text mit einer verwirrenden Vielzahl von Figuren und Autoren ein. Wie in dem Roman Tausendundeine Nacht sind die sogenannten Autoren, oder die, die eine Geschichte erzählen, Figuren aus anderen Geschichten; sie erzählen und werden erzählt. All dies findet sich in der Literatur des Abendlandes erstmals im Don Quijote. Außerdem ist da noch das arabische Manuskript von Sidi Hámet Benengeli, der auch noch einen nicht sehr glaubwürdigen Übersetzer hat. Kurzum: da ist keine autorisierte Stimme, vielmehr sind da verschiedene Stimmen, die verschiedene Interpretationen zulassen."

    Pluralität der Stimmen, Zweifel und Unsicherheit: was ist Fiktion, was Realität? Argwohn gegenüber religiösem Dogmatismus und politischer Repression. Dieses Erbe von Cervantes hat nichts von seiner Gültigkeit und Lebendigkeit eingebüßt. Da verwundert es keineswegs, dass gerade im XX. Jahrhundert namhafte Schriftsteller auf den Don Quijote zurückgreifen. Das gilt vor allem für den Anfang der 30er Jahre in Deutschland und den Beginn der Naziherrschaft. Thomas Mann las den Don Quijote auf seiner Jungfernfahrt über den Atlantik, die ihn 1934 von Hamburg nach New York führte und zu den tagebuchartigen Aufzeichnungen Meerfahrt mit Don Quijote inspirierte. Im Madrider Teatro de la Zarzuela erlebte am 14. April eine Welturaufführung der besonderen Art, die sich Concierto – Proyección nennt. Da hat der Komponist Jorge Fernández Guerra zum Don Quijote des expressionistischen Filmemachers G. W. Pabst, den dieser 1933 gedreht hatte, die Musik komponiert und zu dem ohne Ton laufenden Film aufgeführt..

    " Die wichtigsten und wesentlichsten Veränderungen, die Pabst in seinem Drehbuch vornimmt, stehen in direkter Verbindung zu 1933, dem Jahr der Machtergreifung der Nazis, in dem er die Flucht ergriff. Im Film wird der Quijote vom ersten Abenteuer an vonder Polizei verfolgt, anfangs noch mit viel Humor. Am Ende stirbt der Quijote unter äußerst dramatischen Umständen, als er sieht, wie seine Bücher verbrannt werden. All dies in einer hochaktuellen Bildsprache, die mich an Fahrenheit – mir fällt gerade die Zahl nicht ein, jedenfalls diesen Film von Truffaut erinnert hat. Der Quijote stirbt, als könnte er die Repression nicht überleben. Dass Pabst sein Augenmerk auf die politischen Umstände und den Machtmissbrauch der damaligen Zeit gerichtet hat, ist meines Erachtens Pabsts wichtigster Beitrag zu diesem Drehbuch.

    Der Don Quijote des Miguel Cervantes, eins der berühmtesten Werke der Weltliteratur, wurde vor 400 Jahren am 16.1.1605 in Madrid veröffentlicht. In der hispanischen Welt – doch nicht nur dort – wird sein Erscheinen vor 400 Jahren groß gefeiert: Schätzungsweise an die 5.000 Veranstaltungen soll es in diesem Jahr allerorten zum Don Quijote geben.. Margrit Klingler- Clavijo hat sich in Madrid auf die Spuren des Miguel des Cervantes begeben, in der Nationalbibliothek eine Ausstellung über die Geschichte des Don Quijote angeschaut und dort Vorträge von Juan Goytisolo und Carlos Fuentes über Cervantes angehört und sich Quijote Filme angesehen. Sie hatte auch vor, Rafael Sánchez Ferlosio zu interviewen, den diesjährigen Träger des Cervantes Literaturpreises, der höchsten literarischen Auszeichnung Spaniens, die alljährlich in Alcalá de Henares, der Geburtsstadt von Cervantes, am 23. April verliehen wird. Das hat leider nicht geklappt, da der 75jährige Cervantespreisträger die Öffentlichkeit scheut, nicht einmal an der öffentlichen Lektüre des Don Quijote teilnimmt und die Presse grundsätzlich meidet. Bereits mit Anfang dreißig hat er sich vom Literaturbetrieb distanziert, nachdem er die beiden Romane Abenteuer und Wanderungen des Alfanhuí (1951) sowie Der Jarama (1956) vorgelegt hatte, da er, wie er in einem Aufsatz über Lope de Vega schrieb "kein Literat, sondern Schriftsteller sein wollte." Geschrieben hat er zeitlebens, vor allem vielbeachtete Essays.