Ausführlich von sich selber zu sprechen, gar eine Autobiografie zu schreiben, hat Wilhelm Raabe sich immer geweigert. Erst sehr spät, 1906, gab er als alter Mann in einer Skizze wenigstens einige Erfahrungen preis:
"Ich bin am 8. September 1831 zu Eschershausen im Herzogtum Braunschweig geboren ... Meine Mutter ist es gewesen, die mir das Lesen aus dem Robinson Crusoe beigebracht hat. Was ich nachher auf Volks- und Bürgerschulen, Gymnasien und auf der Universität an Wissenschaft ... erworben habe, heftet sich alles an den lieben kleinen Finger, der mir ums Jahr 1836 herum den Punkt über dem i wies."
Die Universität war die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, an der Raabe sich – weil er trotz zweier Anläufe das Abitur nicht abgelegt hatte – 1854 nur als Gasthörer einschreiben konnte.
"Um mir ... noch etwas mehr Ordnung in der Welt Dinge und Angelegenheiten, soweit sie ein so junger Mann übersehen kann, zu bringen."
In Berlin wohnte Raabe in der Spreegasse und begann dort sein erstes Buch zu schreiben, den Roman "Chronik der Sperlingsgasse", gemäß der Erkenntnis:
"Zwischen Goethe und Schiller ist ein Stuhl frei: Jean Paul hätte ihn einnehmen können; er hat es nicht getan – nun will ich's tun."
Wilhelm Raabe wurde einer der einflussreichsten freien Berufsschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Nach seiner Heirat und der Geburt von vier Töchtern ließ er seine Umgebung klar wissen:
"Das ganze Geheimnis meiner Schreiberei liegt darin, dass ich aus der Not eine Tugend machen muss, um meine vier Mädchen durch die hungrige Welt zu füttern."
Raabe produzierte am laufenden Band. Bücher wie "Die Kinder von Finkenrode", "Die schwarze Galeere", "Der Hungerpastor", "Die Gänse von Bützow", "Der Schüdderump" oder "Stopfkuchen". Die 20-bändige Werkausgabe bringt insgesamt 86 Romane, Erzählungen, Novellen und einige Gedichte zusammen. Jedes Buch ein kompliziertes, verschachteltes intellektuelles Inhalts-Manöver, weit ausholend, geschrieben mit einer Besessenheit zum Detail.
Raabe wurde früh erkannt als ein poetischer Realist, der sich nicht scheute, politische Debatten seiner Zeit in seinen Büchern aufzugreifen. Modern war er in vielem: Zum Beispiel als hochbegabter Naturschilderer, in seinem Kampf für Umweltschutz, oder in seiner Warnung vor der heraufziehenden Industrialisierung und einer bürokratischen Versachlichung. Mit seiner Detailliebe malte er stattdessen Positionen einer humanen Nähe aus, die sich für ihn vor allem im privaten Kreis, im allerengsten Familienkreis und dann in der Nachbarschaft zu entwickeln und zu bewähren hatten.
"Sieh auf zu den Sternen. Gib Acht auf die Gasse."
So verteidigte Raabe das, was von der Gesellschaft mehr und mehr zum Abfall erklärt wurde, und protestierte gegen das Realitätsprinzip, indem er auf das Lustprinzip setzte:
"Was gehen uns Amt und Würden an? Wir sind alle nämlichen Rangs. Geld tut es gar nicht unter uns."
Die zeitgenössische Kritik hat Raabes Werk zwiespältig aufgenommen; beim Publikum genoss er jedoch einiges Ansehen, wenn auch spät erst sich der große finanzielle Erfolg einstellte. An seinem 70. Geburtstag, anlässlich großer öffentlichen Ehrungen, stellte er befriedigt fest:
"Auf der ganzen Linie gesiegt."
Da konnte Wilhelm Raabe, nach der frühen Erfahrung, manche Sachen begonnen und nicht beendet zu haben – so litt er lange unter dem nicht bestandenen Abitur –, sich zurücklehnen und nach knapp 50 Jahren Schreibarbeit, die er manchmal als mühselige Plackerei empfunden hatte, in vollem Bewusstsein seine Lebensarbeit für beendet erklären. An diesem 8. September 1901 notierte er nämlich auch:
"Von heute an bin ich Schriftsteller a. D."
Er hat in den folgenden neun Jahren bis zu seinem Tod am 15. November 1910 in Braunschweig, seinem langjährigen Wohnsitz, kein neues Buch mehr veröffentlicht und sich stattdessen im Glanz des vollbrachten Werkes gesonnt, an das heute auch der von der Stadt Braunschweig zusammen mit dem Deutschlandfunk gestiftete Wilhelm Raabe-Literaturpreis erinnert. In einem "Pro domo" zu seinem Erstling "Die Chronik der Sperlingsgasse" hatte Raabe geschrieben:
"Wenn (dieses Buch) aber auch nur unter einem Dach eine trübe Stunde verscheucht, eine schwere Stunde sanfter gemacht hätte, wie Herr Hartmann von der Aue sagt: wenn es nur ein Lächeln, nur eine Träne hervorgerufen hätte, so wäre sein Wirken und Sein nicht vergeblich gewesen."
"Ich bin am 8. September 1831 zu Eschershausen im Herzogtum Braunschweig geboren ... Meine Mutter ist es gewesen, die mir das Lesen aus dem Robinson Crusoe beigebracht hat. Was ich nachher auf Volks- und Bürgerschulen, Gymnasien und auf der Universität an Wissenschaft ... erworben habe, heftet sich alles an den lieben kleinen Finger, der mir ums Jahr 1836 herum den Punkt über dem i wies."
Die Universität war die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, an der Raabe sich – weil er trotz zweier Anläufe das Abitur nicht abgelegt hatte – 1854 nur als Gasthörer einschreiben konnte.
"Um mir ... noch etwas mehr Ordnung in der Welt Dinge und Angelegenheiten, soweit sie ein so junger Mann übersehen kann, zu bringen."
In Berlin wohnte Raabe in der Spreegasse und begann dort sein erstes Buch zu schreiben, den Roman "Chronik der Sperlingsgasse", gemäß der Erkenntnis:
"Zwischen Goethe und Schiller ist ein Stuhl frei: Jean Paul hätte ihn einnehmen können; er hat es nicht getan – nun will ich's tun."
Wilhelm Raabe wurde einer der einflussreichsten freien Berufsschriftsteller des 19. Jahrhunderts. Nach seiner Heirat und der Geburt von vier Töchtern ließ er seine Umgebung klar wissen:
"Das ganze Geheimnis meiner Schreiberei liegt darin, dass ich aus der Not eine Tugend machen muss, um meine vier Mädchen durch die hungrige Welt zu füttern."
Raabe produzierte am laufenden Band. Bücher wie "Die Kinder von Finkenrode", "Die schwarze Galeere", "Der Hungerpastor", "Die Gänse von Bützow", "Der Schüdderump" oder "Stopfkuchen". Die 20-bändige Werkausgabe bringt insgesamt 86 Romane, Erzählungen, Novellen und einige Gedichte zusammen. Jedes Buch ein kompliziertes, verschachteltes intellektuelles Inhalts-Manöver, weit ausholend, geschrieben mit einer Besessenheit zum Detail.
Raabe wurde früh erkannt als ein poetischer Realist, der sich nicht scheute, politische Debatten seiner Zeit in seinen Büchern aufzugreifen. Modern war er in vielem: Zum Beispiel als hochbegabter Naturschilderer, in seinem Kampf für Umweltschutz, oder in seiner Warnung vor der heraufziehenden Industrialisierung und einer bürokratischen Versachlichung. Mit seiner Detailliebe malte er stattdessen Positionen einer humanen Nähe aus, die sich für ihn vor allem im privaten Kreis, im allerengsten Familienkreis und dann in der Nachbarschaft zu entwickeln und zu bewähren hatten.
"Sieh auf zu den Sternen. Gib Acht auf die Gasse."
So verteidigte Raabe das, was von der Gesellschaft mehr und mehr zum Abfall erklärt wurde, und protestierte gegen das Realitätsprinzip, indem er auf das Lustprinzip setzte:
"Was gehen uns Amt und Würden an? Wir sind alle nämlichen Rangs. Geld tut es gar nicht unter uns."
Die zeitgenössische Kritik hat Raabes Werk zwiespältig aufgenommen; beim Publikum genoss er jedoch einiges Ansehen, wenn auch spät erst sich der große finanzielle Erfolg einstellte. An seinem 70. Geburtstag, anlässlich großer öffentlichen Ehrungen, stellte er befriedigt fest:
"Auf der ganzen Linie gesiegt."
Da konnte Wilhelm Raabe, nach der frühen Erfahrung, manche Sachen begonnen und nicht beendet zu haben – so litt er lange unter dem nicht bestandenen Abitur –, sich zurücklehnen und nach knapp 50 Jahren Schreibarbeit, die er manchmal als mühselige Plackerei empfunden hatte, in vollem Bewusstsein seine Lebensarbeit für beendet erklären. An diesem 8. September 1901 notierte er nämlich auch:
"Von heute an bin ich Schriftsteller a. D."
Er hat in den folgenden neun Jahren bis zu seinem Tod am 15. November 1910 in Braunschweig, seinem langjährigen Wohnsitz, kein neues Buch mehr veröffentlicht und sich stattdessen im Glanz des vollbrachten Werkes gesonnt, an das heute auch der von der Stadt Braunschweig zusammen mit dem Deutschlandfunk gestiftete Wilhelm Raabe-Literaturpreis erinnert. In einem "Pro domo" zu seinem Erstling "Die Chronik der Sperlingsgasse" hatte Raabe geschrieben:
"Wenn (dieses Buch) aber auch nur unter einem Dach eine trübe Stunde verscheucht, eine schwere Stunde sanfter gemacht hätte, wie Herr Hartmann von der Aue sagt: wenn es nur ein Lächeln, nur eine Träne hervorgerufen hätte, so wäre sein Wirken und Sein nicht vergeblich gewesen."