Anders als gewohnt, imaginiert Volker Schlöndorff freihändig eine Filmgeschichte. Ohne Romanvorlage zum Ausbalancieren tastet er sich auf dem dünnen Seil einer Handlung über den Abgrund der Existenz. Alles an diesem Film ist riskant. Von Anfang an.
" Es ist eigentlich eine Traumreise, die sehr real anfängt und die immer unwirklicher wird, was die äußeren Umstände betrifft, aber was immer realer wird, was die menschliche Wahrheit betrifft. "
Ein Mann Mitte 40 fährt über die LKW-Trassen scheinbar ziellos in die unwirtlichen Weiten Kasachstans. Als der Tank leer ist, geht er zu Fuß weiter, getrieben, angstvoll, todessüchtig. Unter Ölpumpen wacht er auf, wird als Spion verhaftet, kommt wieder frei, versucht sich im kasachischen Las Vegas, der Öl-Boom-Stadt Astana, zu vergnügen, läuft wieder fort, und man ahnt, dass ihn die Flucht vor der Vergangenheit treibt. Es ist der Tod seiner Frau und seiner Kinder, deren Foto der Professor aus Paris, Charles Simon, wie ein Heiligtum mit sich trägt. Doch wohin will er wirklich? Will er die Last loswerden? Im Tod? Oder sucht er in den Bergen den Schatz einer frühchristlichen Gemeinde, wie er vorgibt?
" Ein verstorbener Freund und Produzent der "Blechtrommel", Anatole Dauman, hat einmal gesagt, Film ist metaphysisch oder gar nicht. Vielleicht hätte ihm der Film gefallen. "
Auf dem Weg zum heiligen Berg Khan Tengri mietet Charles von Ulzhan, einer einheimischen Dorflehrerin ein Pferd. Die junge Frau, mit natürlicher Anmut und Schönheit gespielt von Ayanat Ksenbai, bleibt ihm auf den Fersen. Liebt sie ihn? Misstraut sie ihm? Will sie ihm helfen, weil in der immer unwirtlicher werdenden Landschaft einer allein nie überleben kann?
" Denn natürlich, wenn die junge Frau ihm nachgeht und ihn wieder findet in den Sandsturm und praktisch zum Leben erweckt und ihm die Haare wäscht - das hat natürlich etwas vom Schutzengel. Aber gleichzeitig ist das sehr handgreiflich, das Shampoo ist aus dem Hotelzimmer, wie wir das alle immer mitgehen lassen, und sie wäscht ihm ordentlich den Kopf und vergisst auch die Ohren nicht, wie eine Mutter, die ihr Kind wäscht. "
Die diversen Motive und Ziel dieser Reise bleiben immer in der Schwebe. Oder im Gleichgewicht. Real und irreal zugleich. Schlöndorffs meisterliches Alterswerk ist eine ästhetische Gradwanderung. Die Mühen durchs Leben zu kommen, weiter zu kommen, sich auf der Suche nach einem Sinn nicht ablenken zu lassen, sind dem Franzosen ins Gesicht geschrieben, wunderbar verhalten gespielt von Philippe Torreton. dass es hier nicht um einen esoterischen Tripp geht, zeigen die nervenden Weisheiten eines selbsternannten Schamanen, den David Bennent, Schlöndorffs Blechtrommel-Oskar, spielt.
Seine Sprüche führen nicht weit. Weit aber kommt Charles, ins Schneegestöber des heiligen Berges, wo er das Foto seiner Familie unter einem Stein begräbt. Und auch das Ende bleibt wieder in der Schwebe.
" Es gibt einen Grundgedanken: Er glaubt den Tod zu suchen, Freud hätte das den Todestrieb genannt, und entdeckt nach und nach, dass er in Wirklichkeit nicht nur am Leben hängt, sondern das Leben liebt und das Leben selbst dort, wo nichts mehr ist, immer noch vor ihm ist. "
Mit "Ulzhan" hat Schlöndorff hat eine eindringliche Filmphantasie geschaffen, in der sich reale Gegenwart, psychologische Tiefe und metaphysische Weite unablässig durchdringen. Wenn der Film überhaupt eine zentrale Idee hat, dann ist es diese fortwährende Bewegung der sich gegenseitig verwandelnden Bedeutungsebenen. Eine Idee, die in der Reise der Protagonisten durchs zivilisierte und wilde Kasachstan ihre großartigen Bilder findet.
" Es ist eigentlich eine Traumreise, die sehr real anfängt und die immer unwirklicher wird, was die äußeren Umstände betrifft, aber was immer realer wird, was die menschliche Wahrheit betrifft. "
Ein Mann Mitte 40 fährt über die LKW-Trassen scheinbar ziellos in die unwirtlichen Weiten Kasachstans. Als der Tank leer ist, geht er zu Fuß weiter, getrieben, angstvoll, todessüchtig. Unter Ölpumpen wacht er auf, wird als Spion verhaftet, kommt wieder frei, versucht sich im kasachischen Las Vegas, der Öl-Boom-Stadt Astana, zu vergnügen, läuft wieder fort, und man ahnt, dass ihn die Flucht vor der Vergangenheit treibt. Es ist der Tod seiner Frau und seiner Kinder, deren Foto der Professor aus Paris, Charles Simon, wie ein Heiligtum mit sich trägt. Doch wohin will er wirklich? Will er die Last loswerden? Im Tod? Oder sucht er in den Bergen den Schatz einer frühchristlichen Gemeinde, wie er vorgibt?
" Ein verstorbener Freund und Produzent der "Blechtrommel", Anatole Dauman, hat einmal gesagt, Film ist metaphysisch oder gar nicht. Vielleicht hätte ihm der Film gefallen. "
Auf dem Weg zum heiligen Berg Khan Tengri mietet Charles von Ulzhan, einer einheimischen Dorflehrerin ein Pferd. Die junge Frau, mit natürlicher Anmut und Schönheit gespielt von Ayanat Ksenbai, bleibt ihm auf den Fersen. Liebt sie ihn? Misstraut sie ihm? Will sie ihm helfen, weil in der immer unwirtlicher werdenden Landschaft einer allein nie überleben kann?
" Denn natürlich, wenn die junge Frau ihm nachgeht und ihn wieder findet in den Sandsturm und praktisch zum Leben erweckt und ihm die Haare wäscht - das hat natürlich etwas vom Schutzengel. Aber gleichzeitig ist das sehr handgreiflich, das Shampoo ist aus dem Hotelzimmer, wie wir das alle immer mitgehen lassen, und sie wäscht ihm ordentlich den Kopf und vergisst auch die Ohren nicht, wie eine Mutter, die ihr Kind wäscht. "
Die diversen Motive und Ziel dieser Reise bleiben immer in der Schwebe. Oder im Gleichgewicht. Real und irreal zugleich. Schlöndorffs meisterliches Alterswerk ist eine ästhetische Gradwanderung. Die Mühen durchs Leben zu kommen, weiter zu kommen, sich auf der Suche nach einem Sinn nicht ablenken zu lassen, sind dem Franzosen ins Gesicht geschrieben, wunderbar verhalten gespielt von Philippe Torreton. dass es hier nicht um einen esoterischen Tripp geht, zeigen die nervenden Weisheiten eines selbsternannten Schamanen, den David Bennent, Schlöndorffs Blechtrommel-Oskar, spielt.
Seine Sprüche führen nicht weit. Weit aber kommt Charles, ins Schneegestöber des heiligen Berges, wo er das Foto seiner Familie unter einem Stein begräbt. Und auch das Ende bleibt wieder in der Schwebe.
" Es gibt einen Grundgedanken: Er glaubt den Tod zu suchen, Freud hätte das den Todestrieb genannt, und entdeckt nach und nach, dass er in Wirklichkeit nicht nur am Leben hängt, sondern das Leben liebt und das Leben selbst dort, wo nichts mehr ist, immer noch vor ihm ist. "
Mit "Ulzhan" hat Schlöndorff hat eine eindringliche Filmphantasie geschaffen, in der sich reale Gegenwart, psychologische Tiefe und metaphysische Weite unablässig durchdringen. Wenn der Film überhaupt eine zentrale Idee hat, dann ist es diese fortwährende Bewegung der sich gegenseitig verwandelnden Bedeutungsebenen. Eine Idee, die in der Reise der Protagonisten durchs zivilisierte und wilde Kasachstan ihre großartigen Bilder findet.