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Auf der Suche nach dem Schuldigen der Misere

Firmen, die sich auf die Energiewende eingelassen haben, sind voller Unsicherheit über den Schlingerkurs der Bundesregierung. Die Windbranche klagt etwa, dass Umweltminister Peter Altmaier Zusagen für die Vergütung von Offshore-Windstrom wieder infrage gestellt hat. Doch auch Misswirtschaft hat bei einigen Firmen den Konkurs beschleunigt.

Von Axel Schröder |
    Noch wird geschweißt auf Hamburgs ältester Werft. Noch arbeiten 240 Menschen auf dem Gelände der Sietas-Werft, direkt an der Elbe. Die Funken sprühen, aber der Schweißer wirkt fast verloren in der riesigen Werkhalle. Der Betriebsratsvorsitzende der Sietas Peter Bökler ist resigniert.

    "1975 habe ich hier angefangen. Da waren wir 1800 Beschäftigte! Und hatten in der Regel noch 300,400 Fremdbeschäftigte hier. Von daher tut es – wenn man es heute sieht, die Umstände hier, mir im Herzen richtig weh."

    Dabei hätte die Geschichte der Sietas eine ganz andere Wendung nehmen können, glaubt Bökler: immerhin liegt draußen im Dock eines der modernsten Errichterschiffe. Ein Spezialschiff, das sich mit vier mächtigen Stahlbeinen aus dem Wasser heben kann. Eine hochseetüchtige Arbeitsplattform, ohne die der Aufbau von Offshore-Windparks vor der deutschen Küste nicht machbar ist. Eigentlich ein Stück Zukunftstechnologie. Aber der rettende Folgeauftrag für ein zweites Errichterschiff wurde storniert. Und Schuld daran, glaubt Bökler, war der Schlingerkurs der Bundesregierung bei der Energiewende. Immerhin hatte Bundesumweltminister Peter Altmaier im Frühjahr bereits zugesagte Vergütungen für Offshore-Windstrom in Frage gestellt. Und kurz nachdem seine Idee einer "Strompreisbremse" publik wurde, legten die Stromversorger EnBW, RWE und Dong ihre Pläne für Nordseewindparks auf Eis. Der EnBW-Park sollte mit einem zweiten Errichterschiff der Sietas-Werft aufgebaut werden.

    "Wir waren schon zu 99 Prozent sicher, dass der Auftrag kommt und wir waren völlig schockiert nach der Aussage von Altmaier. Da gab es ja Rückzieher ohne Ende und wir verstehen auch unseren Kunden..."

    … aber das Ende der Werft war damit besiegelt. Der Bundesumweltminister weist die Vorwürfe zurück. Zuletzt auf seinem Besuch Anfang der Woche in Hamburg. Dort diskutierte er das Thema "Die Energiewende in Norddeutschland". Und bekannte sich wieder und wieder zur Offshore-Windkraft. Altmaier ist sich sicher: mit den Problemen der Sietas-Werft hat die Bundesregierung nichts zu tun:

    " Nein, nein! Das sind böswillige Unterstellungen! Und ich bitte herzlich darum, dass man das unterlässt! Es hat ein großer Investor einen Tag nach der Strompreisbremsen-Diskussion entschieden, nicht zu investieren! Da suchen manche einen Schwarzen Peter, auch für unternehmerische Fehler, die gemacht wurden! Das werde ich nicht zulassen!"

    Denn immerhin, so der Minister in Hamburg, sind sieben Parks im Bau. Und die Bundesregierung hat im letzten Jahr sehr viel für die Offshore-Windbranche getan: mit fünf Milliarden Euro wurde die Kreditanstalt für Wiederaufbau ausgestattet, um die riskanten Windprojekte zinsgünstig mit Kapital zu versorgen. Zusätzlich wurden die Haftungsregeln für Parkbetreiber so verändert, dass sich ihr Risiko in Grenzen hält.

    "Und niemand darf sich herausreden mit angeblicher Verunsicherung. Tatsache ist, dass es erhebliche Probleme gegeben hat bei den technischen Lösungen, beim Kapital, bei den Leitungen. Die müssen aufgearbeitet werden. Und ich kann zusagen, dass die Politik, für die ich stehe, dieses Projekt verteidigt. Auch gegen Kritik!"

    Aber nach der Bundestagswahl im September muss das Erneuerbare-Energien-Gesetz dringend reformiert werden. Verbindliche Zusagen kann er heute einfach nicht machen, so Altmaier.