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Auf der Woge des Populismus

In Österreich, Schweden und den Niederlanden verzeichneten Rechtspopulisten zuletzt große Wahlerfolge, bestimmen als potenzielle Mehrheitsbeschaffer Regierungshandeln mit. Ein Modell, das schon seit vielen Jahren in Dänemark Realität ist - dort etablierte sich die Volkspartei.

Von Marc-Christoph Wagner |
    Und in Deutschland sorgte im Juni eine Emnid-Umfrage für Aufsehen: Demnach konnten sich 20 Prozent der Befragten vorstellen, eine Partei rechts von der CDU zu wählen. Eine Woge des Populismus scheint zumindest Westeuropa zu überspülen.

    Bundespräsident Christian Wulff wollte ein Zeichen setzen. Am Tag der Deutschen Einheit reflektierte er über den zentralen Satz aus dem Herbst 1989: Wir sind ein Volk.

    "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland."

    Wer gehört heute – 21 Jahre nach dem Fall der Mauer und der friedlichen Revolution – dazu?

    Geht es bei der Frage nach der Identität der Deutschen nur um das Zusammenwachsen von Ost und West? Oder müssen wir den Begriff des Volkes in Zeiten der Globalisierung und einer zunehmend multikulturellen, multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft erweitern?

    Christian Wulffs Antwort war eindeutig:
    "Wenn mir deutsche Musliminnen und Muslime schreiben, Sie sind unser Präsident, dann antworte ich aus vollem Herzen, ja natürlich bin ich Ihr Präsident mit der gleichen Leidenschaft und Überzeugung, mit der ich der Präsident aller Menschen bin, die hier in Deutschland leben."

    Der Islam als Teil Deutschlands?

    Der Sozialdemokrat Thilo Sarrazin hatte in den Wochen zuvor eine heftige Debatte über just dieses Thema entfacht. Allein der Titel seines Buches "Deutschland schafft sich ab", das von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" als antimuslimisches Dossier bezeichnet wurde, sendet im Gegensatz zu Wulffs integrierenden Worten eine Botschaft, die ausschließt.

    Denn Sarrazin identifiziert vor allem eine zu hohe Zuwanderung und die mangelnde Integrationsbereitschaft von Muslimen in Deutschland als Ursache dafür, warum – Zitat – "wir unser Land aufs Spiel setzen":

    ""Die einzig sinnvolle Handlungsperspektive kann nur sein, weitere Zuwanderung aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Afrika generell zu unterbinden. Dies erfordert freilich auch, dem hohen und in Zukunft wohl noch wachsenden Einwanderungsdruck mit Energie entgegenzutreten."

    Es sind Sätze wie diese, die die deutsche Öffentlichkeit bewegen und polarisieren. Und vielleicht wählte CSU-Chef Horst Seehofer eben deswegen ähnliche Worte, als er dieser Tage forderte, Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen nach Deutschland zu unterbinden. Denn auch Seehofer wird wissen, dass andere Parteien in anderen EU-Staaten Westeuropas mit derlei Parolen bereits große Erfolge feiern.

    In Wien – um nur drei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zu nennen – konnte die FPÖ ihren Stimmenanteil am vergangenen Sonntag mit einem islamfeindlichen Wahlkampf verdoppeln. Im Mutterland der Sozialdemokratie, in Schweden, zogen die rechtspopulistischen Schwedendemokraten im September erstmals in das Parlament ein und sind ein potenzieller Mehrheitsbeschaffer für das bürgerliche Regierungsbündnis. In den Niederlanden wurde die von dem Islamkritiker Geert Wilders geführte Freiheitspartei bei der Parlamentswahl im Juni drittstärkste Kraft und toleriert seit heute die neue liberal-konservative Regierung.

    In Deutschland sorgte im Juni eine Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin Focus für Aufsehen. Demnach konnten sich 20 Prozent der Befragten vorstellen, eine Partei rechts von der CDU zu wählen. Mit anderen Worten:

    Eine Woge des Populismus scheint zumindest Westeuropa zu überspülen. Ein Populismus, der mehr ist als eine Eintagsfliege, der sich im Parteienspektrum etabliert und – wie nun in den Niederlanden – direkten Einfluss nimmt auf die von der Regierung geführte Politik.

    Seit vielen Jahren ist dieses Modell in einem anderen Nachbarstaat Deutschlands Realität, nämlich in Dänemark.

    Auch hier distanzierte sich die etablierte Politik lange von der 1995 gegründeten Dänischen Volkspartei und ihrer Vorsitzenden Pia Kjærsgaard. Noch 1999 äußerte der damalige sozialdemokratische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen im Parlament, die Volkspartei könne sich anstrengen, wie immer sie wolle, stubenrein, mit anderen Worten politisch gesellschaftsfähig, werde sie nie werden.

    Eine Vorhersage, die sich nicht bewahrheitete, konstatiert Thomas Larsen von der konservativen Tageszeitung "Berlingske Tidende":

    "Mit dieser Aussage sollte Rasmussen nicht recht behalten. Heute ist die Volkspartei ein Machtfaktor. Sie ist die drittgrößte Partei im Parlament. Sie spricht breite Wählerschichten an. Sie ist Teil der Machtbasis im heutigen Dänemark."

    Wenn Larsen von breiten Wählerschichten spricht, meint er nicht allein die einschlägige rechte Wählerklientel, sondern auch bürgerliche, sozialdemokratische und liberale Wählerkreise.

    Der Aufstieg der Dänischen Volkspartei begann mit der Parlamentswahl im November 2001. Zwar konnte das vom heutigen NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen geführte Bündnis aus Rechtsliberalen und Konservativen eine Mehrheit der Wähler hinter sich vereinen. Zu einer eigenen Mehrheit der Mandate im Parlament aber reichte es nicht ...

    ... und so ließ sich die bürgerliche Regierung fortan von der Dänischen Volkspartei tolerieren. Deren Vorsitzende Pia Kjærsgaard gibt sich bescheiden und bemüht sich um Normalität:

    "Unser Verhältnis zur Regierung ist pragmatisch – und so soll es auch sein. Gewiss, die Chemie stimmt, und das ist ja auch gut so. Aber alle Parteien und Politiker folgen dem Gesetz der Notwendigkeit. Die Mehrheit liegt bei 90 Mandaten im Parlament, und das wissen wir auf beiden Seiten des Verhandlungstisches."

    Pia Kjærsgaard weiß um die Abhängigkeit der bürgerlichen Regierung von den Mandaten ihrer Partei, sie weiß um ihre zentrale Stellung in der dänischen Politik, mehrfach wurde Kjærsgaard zur mächtigsten Frau des Landes gekürt.

    Vor allem aber hat sie geschafft, was vor Jahren noch niemand geglaubt hätte. In der Ausländer- und Zuwanderungspolitik hat nicht die Volkspartei die größten Kompromisse eingehen müssen.

    Vielmehr haben die anderen Parteien bis weit in die Opposition hinein den Kurs der Rechtspopulisten übernommen. Der Chefredakteur der größten dänischen Boulevardzeitung, des Ekstra Bladets, Poul Madsen:

    "Die Dänische Volkspartei verkörpert den politischen Konsens in dieser Frage. Ihr ist es gelungen, ihre Haltungen und Werte in der Ausländerpolitik zum Allgemeingut zu machen. Selbst die dänischen Grünen akzeptieren heute in Grundzügen die offizielle Politik. Was die Dänische Volkspartei in den vergangenen 10, 15 Jahren erreicht hat, ist, dass Haltungen heute politischer Konsens sind, die einst ganz weit am Rande standen."

    Und dieser politische Konsens lässt sich mit dem Motto der Volkspartei illustrieren – nämlich dem Satz: "Gebt uns Dänemark zurück".

    Nicht allein wurden die Hürden für die Zuwanderung nach Dänemark in den vergangenen neun Jahren immer weiter erhöht. Auch die Anforderungen an in Dänemark lebende Menschen ausländischer Herkunft wurden verschärft. Obligatorische Sprachkurse, Integrationstests, Pflichtbekenntnisse zur dänischen Verfassung sind das eine ...

    ... etwas anderes die finanziellen Sanktionen, die Ausländer in Dänemark treffen. Schon kurz nach dem Regierungswechsel im Jahr 2001 wurde beschlossen, Zuwanderern in den ersten sieben Jahren nur die Hälfte des Sozialhilfesatzes zu zahlen. Erst kürzlich wurde eine Maximalgrenze des Kindergeldes festgelegt – eine Maßnahme, die sich erklärtermaßen gegen muslimische Familien richtet, weil sie kinderreicher sind als der dänische Durchschnitt.

    Darüber hinaus wurde der finanzielle Anreiz, das Land zu verlassen, deutlich erhöht. Jeder Ausländer nicht-westlicher Herkunft, der freiwillig in sein Heimatland zurückkehrt, bekommt anstatt 1500 nun rund 13.500 Euro mit auf den Weg. Die Vorsitzende der Volkspartei Pia Kjærsgaard:

    "Das große Problem ist die Zuwanderung aus nicht-westlichen Staaten. Berechnungen zeigen, diese Leute kosten die Staatskasse drei Mal so viel, wie Zuwanderer aus westlichen Ländern. Und was qualifizierte Arbeitskräfte angeht – zunächst müssen wir die Dänen in Lohn und Brot bringen, und wenn die Unternehmen darüber hinaus noch Arbeitskräfte brauchen, dann gibt es 23 Millionen Arbeitslose innerhalb der EU, die sich hierzulande sehr viel leichter integrieren lassen."

    Immer wieder punktet die Volkspartei mit scheinbar einfachen Antworten auf komplizierte Fragen. Vor allem der Islam ist für die Partei ein rotes Tuch.

    Selbst kleinste Zugeständnisse an dänische Muslime wie den Bau einer Moschee in Kopenhagen, Gebetsräume am Arbeitsplatz oder das Bereitstellen von Schulmahlzeiten zubereitet auch nach muslimischer Tradition lehnt die Volkspartei rundweg ab. Immer wieder führen Kjærsgaard & Co. Kampagnen gegen das Tragen von Kopftüchern. Auch ein Burkaverbot wurde angestrebt, obwohl es in Dänemark kaum Burkaträgerinnen gibt und ein solches Verbot gegen die dänische Verfassung verstößt.

    Mit anderen Worten kämpft die Volkspartei für die Bewahrung einer "homogenen Kultur", wie sie sagt. Dänemark, so betonen ihre Vertreter immer wieder, sei ein christliches Land mit christlichen Werten. Und das solle auch in Zukunft so bleiben, Pia Kjærsgaard:

    "Ich finde, es ist der Grundfehler vieler westlicher Staaten, dass man versucht, die eigene Kultur und Lebensweise, die eigenen Normen an die Zuwanderer anzupassen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ich bin ein absoluter Gegner dieser Rücksichtnahme. Jeder soll seine Religion leben können. Aber wir dürfen nicht anfangen, unsere Lebensweise zu ändern, nur weil heute Muslime unter uns leben."

    Viele dänische Muslime fühlen sich vom scharfen Anti-Islam-Kurs der Volkspartei ausgegrenzt. Sie schüre Ängste und erkläre eine ganze Bevölkerungsgruppe zum Feindbild, wie auch der Karikaturenstreit symptomatisch gezeigt habe.

    Und auch namhafte Integrationsexperten warnen, die Art und Weise, wie das Thema Integration in Dänemark öffentlich debattiert werde, hebe immer neue Gräben aus. Die Probleme, die die Politik vorgibt, lösen zu wollen, würden derart lediglich verschärft.

    Eine Entwicklung, von der zumindest die Dänische Volkspartei zu profitieren scheint. Denn seit ihrer Gründung im Jahr 1995 hat sie bei jeder weiteren Wahl Stimmen hinzugewonnen – auf kommunaler, nationaler und europäischer Ebene.

    "Das Rezept für den Erfolg der Volkspartei ist selbstverständlich, dass sie Standpunkte vertritt, die bei vielen Wählern ankommen. Aber natürlich kann man in der Politik nicht überleben, wenn man nur eine Meinung hat zu einem einzigen Politikfeld. Und eben hier hat die Volkspartei viele Standpunkte übernommen, die traditionell von den Sozialdemokraten vertreten werden – bessere Lebensbedingungen für die Rentner, ein funktionierendes Gesundheitswesen, klassische Sozialpolitik eben. Der Volkspartei ist es gelungen, rechte Werte mit sozialdemokratischer Politik zu verbinden", …

    … für den Parteienforscher Lars Bille von der Kopenhagener Universität ist es just diese Kombination aus rechter Werte- und sozialdemokratischer Verteilungspolitik, die den Erfolg der Dänischen Volkspartei erklärt. Mit ihrer rigiden Ausländer- und Rechtspolitik, die die Werte des Law and Order verkörpert und eine weitgehende Überwachung im Namen der Anti-Terror-Bekämpfung akzeptiert, geriere sich die Volkspartei als Anwalt der Schwachen.

    Immer wieder wurde beispielsweise der Etat der Entwicklungshilfe gekürzt, um die eingesparten Mittel an dänische Rentner sowie Angestellte im Sozial- und Gesundheitswesen umzuleiten. Auch die strikte Ablehnung der EU sei vor diesem Hintergrund zu sehen, begründe die Volkspartei ihre Opposition doch damit, die Interessen des kleinen Mannes gegen den bürokratischen Koloss in Brüssel zu verteidigen.

    Gewiss, so Bille, die Volkspartei verfolge eine Politik, die die Interessen Dänemarks und der Dänen stets in den Vordergrund stelle. Dennoch greife zu kurz, wer ihre Vertreter als reine Populisten abtue:

    "Eine populistische Partei – das war die Volkspartei ursprünglich, zu einer Zeit, als sie noch keinen Einfluss hatte. 2001 aber wurden die Mandate der Volkspartei entscheidend für die Bildung der rechtsliberal-konservativen Regierung. Viele sagten damals, diese Verantwortung könne die Volkspartei niemals ausfüllen, aber diejenigen wurden eines Besseren belehrt. Es ist eine extrem straff, von oben geführte Partei mit sehr kompetenten und charismatischen Politikern an der Spitze."

    Bille zielt ab auf die Tatsache, dass die Tolerierung der bürgerlichen Regierung auch die Dänische Volkspartei verändert hat. Gewiss habe diese sich ihre Unterstützung teuer bezahlen lassen, etwa in der Ausländer- und Zuwanderungspolitik.

    Andererseits habe die Volkspartei ihre zentrale Position als parlamentarische Stütze der Regierung nur bewahren können, indem sie sich von einer monothematischen Protestfraktion zu einer Partei wandelte, die mittlerweile auf ein breites Themenspektrum setzt. Und damit Verantwortung in allen Politikbereichen übernimmt, wie sich auch bei unpopulären Entscheidungen in der Finanz- und Wirtschaftskrise zeigte.

    Den Erfolg der Volkspartei in Dänemark kann heute niemand mehr in Abrede stellen. Inzwischen hat sich die Partei zur drittgrößten des Landes entwickelt und nimmt – obwohl nicht offiziell am Regierungstisch vertreten – wesentlichen Einfluss auf den Kurs des Landes. Für viele Beobachter ist sogar eine direkte Regierungsbeteiligung nur noch eine Frage der Zeit.

    Eine Entwicklung, die Dänemarks rechtsliberale Integrationsministerin Birthe Rønn Hornbech scheinbar gelassen hinnimmt. Politik ist kein Wunschkonzert, sagt sie. Knapp eine halbe Million Dänen hätten für die Volkspartei gestimmt. Wer die Partei ausgrenze, stigmatisiere im Grunde ihre Wähler.

    Das aber, so Hornbech, sei mit ihrem Verständnis von Demokratie nicht vereinbar:

    "Ich bin der Auffassung, um es zuzuspitzen, egal, ob wir es mit Nazis oder mit radikalen Islamisten zu tun haben, so müssen ihre Überzeugungen an das Licht der Öffentlichkeit, sie müssen dort konfrontiert werden und dadurch aufgezeigt werden, wie abscheulich sie eigentlich sind. Ansonsten agieren diese Gruppen im Untergrund. Aber gewiss, wir Dänen haben diesbezüglich eine andere Tradition und Geschichte als ihr Deutschen."

    Einen ähnlichen und dennoch etwas anderen Akzent setzt Olav Hergel, Journalist bei der liberalen Tageszeitung "Politiken", der sich seit Jahren mit dem Thema Integration befasst und für seine kritischen Reportagen unter anderem über die Zustände in dänischen Asylheimen die höchste journalistische Auszeichnung Dänemarks, den Cavling-Preis, erhielt.

    Der Erfolg der Dänischen Volkspartei nämlich sei nicht allein ihr selbst zuzuschreiben. Vielmehr habe das Verhalten der etablierten Parteien ihren Aufstieg bedingt. Viel zu lange hätten diese es versäumt, sich der Integrationsdebatte zu stellen, hätten das Feld den Populisten überlassen, um am Ende deren Thesen zu übernehmen, Olav Hergel:

    "Die Volkspartei existiert, weil es Probleme gibt, und zwar große. Es wäre falsch zu behaupten, sie seien nicht vorhanden. Es gibt sie – in Dänemark, aber auch in anderen westeuropäischen Ländern, die Probleme mit Integration, mit zunehmender Kriminalität. Die Integrationsprobleme also existieren. Die Frage ist nur, wie gehen wir mit ihnen um?"

    Ähnlich sieht es der schwedische Schriftsteller Henning Mankell, der sich auch in seinen Kriminalromanen immer wieder mit rechten Gruppierungen in Südschweden befasst hat.

    Es sei ein Mythos, dass die Wähler der Rechtspopulisten extreme Randgruppen repräsentierten. Tatsächlich kämen viele von ihnen aus der politischen Mitte, vor allem seien viele enttäuschte Sozialdemokraten darunter, die sich von ihrer Partei nicht mehr repräsentiert fühlten.

    In einem Gastbeitrag für die dänische Tageszeitung "Information" und den britischen "Guardian" analysiert Mankell den Ausgang der schwedischen Parlamentswahl und macht die Ausgrenzung der Schwedendemokraten durch alle anderen Parteien für ihren Erfolg verantwortlich:

    "Ich glaube, dass es die Absage der anderen Parteien war, mit den Schwedendemokraten zu debattieren, und zwar von links bis rechts, die ihnen den Weg ebnete, von null auf sechs Prozent der Stimmen anzuwachsen. Wenn wir die Debatte geführt hätten, wären die Schwedendemokraten vielleicht ins Parlament eingezogen, aber mit weit weniger Mandaten. Wahrscheinlich hätte man sie ganz aus dem Parlament heraushalten können. Insofern klage ich all diejenigen an, die, wie sie nun sagen, das Resultat überrascht hat und die es bedauern. Die Verantwortung liegt bei all denen, die es kommen sahen, aber wegschauten. Und schwiegen. Man kann niemals die unterdrückten Stimmen mit Schweigen ersticken. Man kann sie lediglich zu Tode diskutieren."

    Für einen anderen schwedischen Intellektuellen, nämlich den Publizisten Richard Swartz, ist das Anwachsen des Populismus in Europa symptomatisch für einen Kontinent, dessen politische Mitte nicht mehr die Kraft habe, sich den Herausforderungen der Globalisierung und der multikulturellen Gesellschaft zu stellen.

    Swartz konstatiert eine Einigelung der westeuropäischen Gesellschaften, anstatt differenzierte Antworten auf komplexe Fragestellungen zu finden und die eigene Zukunft mutig zu gestalten. So gesehen hätten unter anderem Dänemark, Schweden und nun auch die Niederlande vor dieser Aufgabe bereits kapituliert und sich – zumindest in Teilen – in die Schlichtheit populistischer Weltbilder geflüchtet.

    Und Deutschland? Vielleicht steht das Land gerade in diesen Tagen und Wochen an einem Scheideweg. An einem Scheideweg, an dem die Namen Wulff auf der einen Seite sowie Sarrazin und Seehofer auf der anderen Seite die unterschiedlichen Richtungen im politischen Diskurs markieren.


    Schwerpunkt Integrationsdebatte
    Christian Wulff
    Bundespräsident Christian Wulff erregte mit seinem Halbsatz "... der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland" in seiner Rede zur Deutschen Einheit die Gemüter. (AP)
    Das Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Thilo Sarrazin, stellt in Berlin sein neues Buch "Deutschland schafft sich ab" vor.
    Das Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Thilo Sarrazin, stellt in Berlin sein neues Buch "Deutschland schafft sich ab" vor. (AP)
    Dänemarks Premierminister und künftiger Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen
    Dänemarks ehemaliger Premierminister und jetziger Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. (AP)
    Der schwedische Krimiautor Henning Mankell
    Der schwedische Krimiautor Henning Mankell kritisiert die fehlende politische Auseinandersetzung mit den Schwedendemokraten in der Vergangenheit. (AP)