Christoph Schmitz: Den Abriss des deutschen Biennale-Pavillons fordern der Präsident der Bundesarchitektenkammer, Sighart Schmid, und der Vorsitzende des Bundesverbandes Bildender Künstler, Werner Schaub. Der Bau entspräche nicht mehr unserem demokratischen Staatsverständnis, so Schmid. Der Pavillon wurde 1909 gebaut und unter den Nazis 1938 monumental umgestaltet. Das zuständige Bundesbauministerium will nicht abreißen – eine Zeit macht man nicht ungeschehen, indem man ihre Architektur vernichtet, heißt es von dort. Auch die Kunsthistorikerin Susanne Gaensheimer, die im nächsten Jahr die Kunst-Biennale für Deutschland in Venedig kuratiert und Christoph Schlingensief engagiert hat, sie lehnt einen Abriss als unhistorisches Vorgehen ab. Wer den Bau besonders gut kennt, das ist der deutsche Konzeptkünstler Hans Haake. Er hatte 1993 dessen Boden aufgeharkt und dafür den Goldenen Löwen bekommen. Ist der deutsche Pavillon so nazimäßig, dass man ihn am besten schleifen würde? Das habe ich Hans Haake in New York gefragt.
Hans Haake: Er stammt natürlich aus der Nazizeit und er zeigt das auch, aber es ist nicht der einzige Pavillon in Venedig, der faschistische Züge hat oder – wenn man vom Faschismus absieht – aus Zeiten stammt, die man nicht als demokratisch bezeichnen würde.
Schmitz: Aber Sie haben ja schon mit Ihrer Arbeit praktisch mit dem Abriss damals begonnen, wenn auch nur der Boden aufgerissen wurde.
Haake: Nein, das habe ich nicht. Ich bin auch damals schon gefragt worden, ob man den Pavillon abreißen sollte, und ich habe emphatisch gesagt, nein, auf diese Weise geht man nicht mit der Geschichte um.
Schmitz: Was sagen Sie denn zu den Abrissbefürwortern, die ja argumentieren, dass dieser Bau mit unserer Demokratie nichts mehr zu tun habe, dass man endlich reinen Tisch machen muss?
Haake: Na, wie ich es schon sagte: Es gibt auf der Biennale mehrere Pavillons, heute noch, die imperiale Züge haben. Wenn Sie sich den englischen oder den französischen gegenüber auf dem Feldherrn-Hügel ansehen, dann ist das wohl auch kaum mehr das Bild, das die Briten oder die Franzosen von sich selber in der Welt propagieren möchten. Und trotzdem denkt niemand daran, den Abriss dieser Pavillons zu befürworten.
Schmitz: Also Sie haben ja kräftig mit diesem Bau gearbeitet, Joseph Beuys hatte eine Straßenbahnhaltestelle hineingelegt, Gregor Schneider hatte sein Haus "ur"-gebaut, im nächsten Jahr wird Christoph Schlingensief sich daran abarbeiten. Ist es schwer, diesen Bau zu bespielen?
Haake: Ja, das kommt drauf an. Also ich und auch andere Künstler versuchen sich mit einer gegebenen Architektur – und ich spreche nicht von der Politik dieser Architektur, einfach den Raumverhältnissen, die gegeben sind – auseinanderzusetzen. Und es gibt auf der Biennale meines Wissens keine Innenräume wie im deutschen Pavillon, die bestimmte Sachen zulassen, mehr als irgendwo sonst, und andere eben unmöglich machen. Und wenn man sich darauf einlässt, dann ist das ein Plus.
Schmitz: Muss man denn als Künstler, aus der kreativen Perspektive betrachtet, auf diesen Bau immer reagieren, auf seine Geschichte oder auf seine Ästhetik, oder könnte man den Bau eigentlich auch nur mal so als Ausstellungsraum sehen und eine Kunst dort installieren, die unabhängig von diesem Bau entstanden ist?
Haake: Ja, ich glaube nicht, dass jeder dort ausstellende Künstler sich mit der Geschichte des Baus auseinandersetzen sollte. Das kommt auf den Künstler an, was er im Sinn hat. Und ich möchte niemandem vorschreiben, was er da tun soll.
Schmitz: Aber nun ist er ja so prägnant mit dieser Geschichte, und es würde ja bedeuten, wenn man immer auf den Nazibau reagieren müsste, wären ja die Künstler auch für die nächsten 100 Jahre mit ihren Arbeiten darauf festgelegt, sodass man sagen müsste oder sich fragen müsste, ist das Thema nicht einmal passé?
Haake: Ja, wie gesagt, ich erwarte nicht, dass jeder, der da ausstellt, oder dass die meisten dieser Ausstellenden jetzt sich an diesem Bau mit seiner politischen Vergangenheit abarbeiten. Und man könnte wohl sagen, dass wenn das nicht das Hauptthema ist, mit dem sich ein Künstler seit Jahren beschäftigt, dass es unvernünftig wäre von ihm, das zu erwarten.
Schmitz: Der Künstler Hans Haake über den deutschen Biennale-Pavillon in Venedig.
Hans Haake: Er stammt natürlich aus der Nazizeit und er zeigt das auch, aber es ist nicht der einzige Pavillon in Venedig, der faschistische Züge hat oder – wenn man vom Faschismus absieht – aus Zeiten stammt, die man nicht als demokratisch bezeichnen würde.
Schmitz: Aber Sie haben ja schon mit Ihrer Arbeit praktisch mit dem Abriss damals begonnen, wenn auch nur der Boden aufgerissen wurde.
Haake: Nein, das habe ich nicht. Ich bin auch damals schon gefragt worden, ob man den Pavillon abreißen sollte, und ich habe emphatisch gesagt, nein, auf diese Weise geht man nicht mit der Geschichte um.
Schmitz: Was sagen Sie denn zu den Abrissbefürwortern, die ja argumentieren, dass dieser Bau mit unserer Demokratie nichts mehr zu tun habe, dass man endlich reinen Tisch machen muss?
Haake: Na, wie ich es schon sagte: Es gibt auf der Biennale mehrere Pavillons, heute noch, die imperiale Züge haben. Wenn Sie sich den englischen oder den französischen gegenüber auf dem Feldherrn-Hügel ansehen, dann ist das wohl auch kaum mehr das Bild, das die Briten oder die Franzosen von sich selber in der Welt propagieren möchten. Und trotzdem denkt niemand daran, den Abriss dieser Pavillons zu befürworten.
Schmitz: Also Sie haben ja kräftig mit diesem Bau gearbeitet, Joseph Beuys hatte eine Straßenbahnhaltestelle hineingelegt, Gregor Schneider hatte sein Haus "ur"-gebaut, im nächsten Jahr wird Christoph Schlingensief sich daran abarbeiten. Ist es schwer, diesen Bau zu bespielen?
Haake: Ja, das kommt drauf an. Also ich und auch andere Künstler versuchen sich mit einer gegebenen Architektur – und ich spreche nicht von der Politik dieser Architektur, einfach den Raumverhältnissen, die gegeben sind – auseinanderzusetzen. Und es gibt auf der Biennale meines Wissens keine Innenräume wie im deutschen Pavillon, die bestimmte Sachen zulassen, mehr als irgendwo sonst, und andere eben unmöglich machen. Und wenn man sich darauf einlässt, dann ist das ein Plus.
Schmitz: Muss man denn als Künstler, aus der kreativen Perspektive betrachtet, auf diesen Bau immer reagieren, auf seine Geschichte oder auf seine Ästhetik, oder könnte man den Bau eigentlich auch nur mal so als Ausstellungsraum sehen und eine Kunst dort installieren, die unabhängig von diesem Bau entstanden ist?
Haake: Ja, ich glaube nicht, dass jeder dort ausstellende Künstler sich mit der Geschichte des Baus auseinandersetzen sollte. Das kommt auf den Künstler an, was er im Sinn hat. Und ich möchte niemandem vorschreiben, was er da tun soll.
Schmitz: Aber nun ist er ja so prägnant mit dieser Geschichte, und es würde ja bedeuten, wenn man immer auf den Nazibau reagieren müsste, wären ja die Künstler auch für die nächsten 100 Jahre mit ihren Arbeiten darauf festgelegt, sodass man sagen müsste oder sich fragen müsste, ist das Thema nicht einmal passé?
Haake: Ja, wie gesagt, ich erwarte nicht, dass jeder, der da ausstellt, oder dass die meisten dieser Ausstellenden jetzt sich an diesem Bau mit seiner politischen Vergangenheit abarbeiten. Und man könnte wohl sagen, dass wenn das nicht das Hauptthema ist, mit dem sich ein Künstler seit Jahren beschäftigt, dass es unvernünftig wäre von ihm, das zu erwarten.
Schmitz: Der Künstler Hans Haake über den deutschen Biennale-Pavillon in Venedig.