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Auf eigenem Kurs im Nordatlantik
Wohin steuern die Färöer Inseln nach dem Brexit?

Auch auf Nicht EU-Mitglieder wie die Färöer-Inseln hat der Brexit Auswirkungen, denn bislang war Großbritannien der Haupthandelspartner in der EU für die Färinger. Wer wird es nach dem Brexit sein? Und warum sind die Färinger mit ihrem EU-Freihandelsabkommen so unzufrieden?

Von Ingrid Norbu |
    Färöer-Inseln, Dänemark
    Die Färöer- Inseln sind eine autonome Inselgruppe im Nordatlantik (Deutschlandradio / Magdalene Melchers)
    Gabelstapler hieven große gelbe Boxen mit Fisch vom Kai und fahren sie in eine Fabrikhalle. Container stapeln sich im Hafen von Tórshavn, der Hauptstadt der Färöer Inseln, die auf Schiffe verladen den Fisch in die große weite Welt bringen. Von seinem Fenster im Außenministerium kann Poul Michelsen einen Teil des Hafens überblicken. Der 73-jährige war, ehe er Minister wurde, ein erfolgreicher Geschäftsmann. Angesprochen auf den bevorstehenden Brexit kann er seine Schadenfreude nicht ganz verbergen.
    "Ich habe keine hohe Meinung von der EU, deshalb sehe ich den Brexit äußerst positiv. Die EU verhält sich uns gegenüber sehr unfreundlich. Wir haben ein Freihandelsabkommen mit der Gemeinschaft, das es den 28 Ländern erlaubt, alles hier zu verkaufen, was sie wollen. Wir dürfen im Gegenzug nur unverarbeiteten Fisch exportieren. Das ist wirklich das schlechteste Abkommen, das wir je mit der EU hatten. Unsere Zukunft liegt woanders und natürlich begrüße ich den Brexit."
    Das Verhältnis der Färöer zur EU wurde von Sanktionen getrübt
    Das Verhältnis zwischen der EU und den Färöer Inseln wurde besonders in den letzten Jahren von Handelsstreit und Sanktionen getrübt, sagt Magni Arge, Vertreter der Färinger im Dänischen Parlament.
    "Es gab 2013 einen Konflikt um den Fang von Makrelen und Hochseefisch im Nord Atlantik, und die EU, dieses starke "Power-Haus", hatte ein Embargo über die Färöer Inseln verhängt, das 15 Monate dauerte. In dieser Zeit durften wir nicht ein Kilo Fisch in europäischen Häfen anlanden, einschließlich Dänemark. Wir mussten uns also einen anderen Markt suchen und fanden ihn in Russland."
    Russland, das selbst von Seiten der EU mit Sanktionen belegt wurde, ist heute der wichtigste Handelspartner der kleinen Inselgruppe. Magni Arge gilt als der prominenteste Befürworter einer Unabhängigkeit der Färöer Inseln von Dänemark. Er war es, der den Katalanen Carles Puigdemont Ende Januar dieses Jahres nach Kopenhagen einlud.
    "Ich denke, der Brexit bietet uns ungeahnte Chancen, wenn es uns gelingt, die Zusammenarbeit mit Großbritannien zu entwickeln. Was das Fischmanagement betrifft, sind wir ihnen voraus, denn wir stemmen diese Aufgabe seit 40 Jahren alleine. Wir hatten hier schon zwei, drei Mal Besuch vom britischen Fischerei Ministerium. Ein Freihandelsabkommen mit 60 Millionen Briten bietet uns ein größeres Handelsvolumen als wir zurzeit mit Dänemark haben."
    Vergrößert die Annäherung an Großbritannien die Distanz zu Dänemark?
    Eine Annäherung an Großbritannien könne die Distanz zu Dänemark vergrößern, aber diese Strategie hält Bárður Nielsen nicht für die richtige. Er sitzt für die Unions-Partei im Färöischen Parlament in Tórshavn.
    "Die Träumer unter uns, die die Unabhängigkeit von Dänemark wollen, halten den Brexit für einen Weg in diese Richtung, vergessen aber, dass wir bei Verhandlungen über den Fischfang im Nordatlantik und bei neuen Handelsabkommen mit einem Teilnehmer mehr am Tisch sitzen werden, was die Sache eher schwieriger als leichter werden lässt."
    Die 18 Färöer Inseln sind zusammen nur etwa doppelt so groß wie Hamburg, rundherum erstreckt sich aber ihre 200 Meilenzone. Hier sitzen 50 000 Färinger auf riesigen Fischgründen, und hoffen, dass das bei den Verhandlungen mit den viel größeren Nachbarn zählt.