Archiv


Auf teuren Schienen

Frankreichs Regierung will auf alle Züge, die das französische Netz befahren, künftig Steuern erheben. Betroffen sind aber auch die grenzüberschreitenden Regionalbahnen, wie etwa zwischen Saarbrücken und Straßburg.

Von Tonia Koch |
    Es ist Viertel nach sieben. Die Saarbrücker Stadtbahn ist auf dem Weg vom französischen Saargemünd in Richtung Innenstadt. Die Bahn ist ein Multitalent. Sie fährt auf innerstädtischen Gleisen ebenso wie auf dem Netz der deutschen und der französischen Staatsbahn. Für die 19 Kilometer zwischen Saargemünd und dem Saarbrücker Zentrum benötigt sie nur 20 Minuten. Für Berufspendler aus Frankreich ein Glücksfall.

    "Ganz schön praktisch, alle halbe Stunde."

    Auch Schüler und Studenten fahren mit der Saarbahn.

    "Ins Deutsch-französische Gymnasium, zur Erweiterten Realschule, zur Uni."

    Grenzenlose Bewegungsfreiheit. Für junge Leute ist das Alltag.

    "Das ist total normal hier, das machen alle."

    Doch die grenzüberschreitende Mobilität ist bedroht. Und zwar durch eine Änderung der französischen Steuergesetzgebung. Weil die französische Eisenbahn bei der Gewerbesteuer entlastet wird, der Staat aber trotzdem zu seinem Geld kommen möchte, wird künftig jeder besteuert, der mit Passagieren auf dem französischen Netz herumfährt. Pro Triebwagen müssen einmal im Jahr 23.000 Euro berappt werden, die Waggons sind preiswerter. Insgesamt würde die Saarbahn dadurch jährlich mit über einer halben Million Euro belastet. Für exakt 800 Meter Bahnstrecke, die von der Trambahn auf französischem Territorium zurück gelegt werden. Das sei nicht wirtschaftlich, sagt Saarbahn-Geschäftsführer Norbert Reuter.

    "Wenn sich keine Lösung ergibt, dann müssen wir diese Verkehre einstellen."

    Denn die technischen Lösungsansätze des Problems seien praktisch nicht umsetzbar, so Reuter.

    "Wir hätten die Alternative, dass wir nur noch ein Fahrzeug pendeln lassen. Das heißt unsere Fahrgäste in Hanweiler aussteigen lassen, die dann umsteigen müssten in eine andere Bahn und diese eine Bahn dann jeweils hin und her pendelt. Das wäre verrückt."

    Verrückt ja, aber preiswerter, weil dann nur für einen und nicht für alle in Betrieb befindlichen Saarbahnzüge gezahlt werden müsste. Trotzdem hält Reuter ein solches Konzept aufgrund der zusätzlich entstehenden Personalkosten und der mangelnden Attraktivität für die Fahrgäste für nicht umsetzbar. Es sei überdies kaum zu rechtfertigen, da am französischen Haltepunkt Saargemünd Werktags lediglich 300 Fahrgäste zustiegen. Die Betroffenen sind besorgt.

    "Das ist dann Europa 'live', würde ich sagen. Das ist ein Schock für uns, wir brauchen doch die Saarbahn, bitte bleib! "

    Die luxemburgische Staatsbahn kämpft mit den gleichen Problemen. Morgens zwischen 6 und 9 hat sie 11 Züge im Einsatz, erläutert der luxemburgische Bahnsprecher Romain Meyer.

    "Hier sehen sie, das ist ein Triebwagen und wenn ich das dann richtig verstehe, müssen wir einmal Triebwagen bezahlen und zweimal remorque."

    Mit den doppelstöckigen Zügen würden jeden Morgen tausende französische Pendler zu ihren Arbeitsplätzen in Luxemburg gebracht. Zusätzlich bediene die französische SNCF die grenzüberschreitende Strecke zwischen Metz und Luxemburg. Wollen die Luxemburger ihr Angebot aufrechterhalten, koste sie das über 1 Million Euro im Jahr. Das werde nicht akzeptiert, sagt Meyer.

    "Die Luxemburger Eisenbahn ist der Auffassung, dass sie diese Steuer nicht zu zahlen braucht. Wir haben nicht einmal eine wirtschaftliche Tätigkeit in Frankreich, weil dieser ganze Verkehr in Zusammenhang mit der SNCF organisiert wird. Wenn die SNCF genügend Material zur Verfügung hat, kann man sich vorstellen, dass dann die SNCF das ganz machen muss bis Luxemburg."

    Die Luxemburger sind einer Zahlungsaufforderung der französischen Steuer-Behörden deshalb noch nicht nachgekommen. Anders die Deutsche Bahn. Auch sie unterhält Regionalverkehre über die deutsch-französische Grenze hinweg und schickt zum Beispiel den superschnellen ICE 3 von Frankfurt via Saarbrücken nach Paris. Die Bahn hat, eigenen Angaben zufolge gezahlt, schweigt allerdings über die Höhe der Summe.