Im Rahmen des Denkfabrik-Themas 2020 "Dekolonisiert euch" widmen wir uns in der Sommerreihe der Sendung "Kulturfragen" dezidiert nicht-weißen Positionen.
Übersicht: Postkoloniale Denkerinnen im Gespräch
27.06. Westliche "Ignoranz gegenüber der eigenen Ignoranz"
05.07. "Völkerkundliche Museen und rassistische Gedanken"
19.07. Die Geschichte der Philosophie muss neu gedacht werden
26.07. Was hat die Kolonialideologie bedeutet?
02.08. Sind Objekte aus kolonialen Kontexten Raubgut?22.08. Wie dekolonisiert man Sprache?
Übersicht: Postkoloniale Denkerinnen im Gespräch
27.06. Westliche "Ignoranz gegenüber der eigenen Ignoranz"
05.07. "Völkerkundliche Museen und rassistische Gedanken"
19.07. Die Geschichte der Philosophie muss neu gedacht werden
26.07. Was hat die Kolonialideologie bedeutet?
02.08. Sind Objekte aus kolonialen Kontexten Raubgut?22.08. Wie dekolonisiert man Sprache?
Die Phiiosophin Nadia Yala Kisukidi beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Dekolonisierung des Denkens. Sie wurde 1978 in Brüssel geboren, als Tochter eines Kongolesen und einer Franko-Italienerin. Sie war Vizepräsident des Collège International de Philosophie in Paris und lehrt heute an der Universität Paris 8.
Es werde mittlerweile anerkannt, dass im Namen des Kolonialismus Verbrechen geschahen und dass er wirtschaftliche Ungerechtigkeiten geschaffen hat, sagte Kisukidi im Dlf. Aber es falle noch schwer, einzuräumen, dass es auch auf dem Gebiet des Denkens und in unserer Vorstellung Ungerechtigkeit gibt. In ihrer Disziplin, der Philosophie, sei etwa immer noch ein falsches Bild des afrikanischen Kontinents verbreitet - nämlich das Bild eines Kontinents ohne Geschichte, ohne Schriftkultur und ohne Philosophen. Dieses Bild gehe auf die Denker und Autoren der Kolonialzeit zurück.
Dialog der Gedanken
Es sei daher wichtig, die Philosophie zu dekolonisieren: "Es geht darum, einen Komplex aus Ungerechtigkeit, Gewalt und Dummheit aufzulösen, der uns weismachen will, es gäbe Denkwüsten." Hierfür sei es nötig, entsprechende Schriften gründlich und kritisch zu durchleuchten. Dabei dürfe man nicht vor denjenigen Denkern Halt machen, die in Europa bevorzugt gelesen werden, wie etwa die Philosophen der Aufkärung: "Dieser großartige Augenblick der Moderne, den man mit Fortschritt und Vernunft verbindet, erscheint in einem ganz anderen Licht, wenn man ihn aus dem Blickwinkel von Personen betrachtet, die versklavt wurden."
Es gehe ihr aber keineswegs darum, ein Autodafé zu veranstalten oder "den Kampf der Kulturen, so wie Samuel Huntington ihn versteht, auf die Theorie zu übertragen", so die Philosophin. Vielmehr wünsche sie sich einen Dialog der Gedanken, Ideen und Probleme.