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Aufbruch zum Merkur

Raumfahrt. - Während derzeit die Rover auf dem Mars herumfahren und Cassini den Saturn umkreist, schiebt sich langsam einer der vermeintlich unscheinbareren Mitglieder unseres Planetensystems in den Vordergrund: der Merkur. Amerika und Europa haben diesen sonnennächsten Planeten nach dreißig Jahren wiederentdeckt. Die USA wollen am Montag mit dem Start ihrer Sonde den Anfang machen.

Von Guido Meyer |
    Er ist viel näher an der Erde als zum Beispiel Jupiter, Saturn und Neptun, und doch schwieriger zu erreichen. Er umkreist die Sonne nämlich sozusagen "auf der anderen", der erd-inneren Seite, genauso wie die Venus. Und Raumschiffe, die auf das Zentralgestirn zu fliegen und nicht von ihm weg, brauchen generell mehr Antriebsenergie und kompliziertere Flugbahnen, um nicht in die Sonne hinein zu stürzen. Im Gegensatz zur Venus ist der Merkur aber noch näher an der Sonne, so nahe wie sonst kein Planet. Und damit ist er auch der heißeste.

    Es gab zwei Gründe, warum drei Jahrzehnte lang keine Sonde zum Merkur geflogen ist. Da ist zum einen die Hitze, denn in der Nähe dieses Planeten ist die Sonne elfmal heißer als in der Umlaufbahn der Erde. Zum anderen gibt es das Masseproblem. Weil wir so viel Treibstoff benötigen, blieben uns nur 500 Kilogramm Nutzlast, was für eine wissenschaftliche Mission nicht viel ist.

    James Leary, Systemingenieur am Physik-Labor der Johns Hopkins University in Maryland und zuständig für "Messenger" - so der Name der Merkur-Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa. "Messenger" ist nicht nur ein Botschafter der Erde, sondern die Abkürzung steht auch für "Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging", und genau dies sind die Bereiche, die vor Ort untersucht werden sollen: die Oberfläche, die Umgebung, die Zusammensetzung und das Spektrum des Planeten.

    55 Prozent der Oberfläche Merkurs sind noch nie von einem Raumschiff fotografiert worden. Es gibt dort also eine komplette Hemisphäre für uns zu entdecken. Wir haben derzeit keine Ahnung, ob die andere Hälfte des Planeten genauso aussieht wie die 45 Prozent, die wir kennen, oder vielleicht völlig anders.

    Sean Solomon von den Carnegie Institution in Washington, D.C., Chef-Wissenschaftler der "Messenger"-Mission. 1974 war die amerikanische Sonde Mariner 10 am Merkur vorbeigeflogen - und das ist bis heute die einzige Quelle aus der Nähe. "Messenger" soll nach einigen Vorbeiflügen an Erde, Venus und Merkur selbst am Ende in eine Umlaufbahn eintreten. Solomon:

    Obwohl es auf diesem sonnennächsten Planeten tagsüber 450 Grad heiß werden kann, stellen wir uns die bizarre Frage, ob es dort nicht Wasser gibt. Die Nord-Süd-Achse von Merkur hat fast keine Neigung - im Gegensatz zur Erd-Achse -, so dass nie ein Sonnenstrahl den Boden eines Kraters am Nord- oder Südpol erreicht. Somit bleiben die Temperaturen tief in den Kratern immer bei höchstens minus 180 Grad. Das ist nicht nur kalt genug, um Wasser gefrieren zu lassen, sondern auch, um es seit der Entstehung des Planeten und unseres gesamten Sonnensystems dort im selben Urzustand tiefgefroren zu halten.

    Ebenfalls ungewöhnlich ist die Umlaufzeit Merkurs. Durch die Nähe der Sonne und ihre Bremswirkung dauert ein Tag auf Merkur zwei Merkur-Jahre. Er hat also erst nach zwei Sonnenumläufen eine Eigendrehung vollendet. All diesen Phänomenen wollen neben den Amerikanern auch die Europäer nachgehen, die für die Mission BepiColombo erstmals mit der japanischen Weltraumagentur zusammenarbeiten. Belló Mora von der spanischen Weltraumfirma DEIMOS Space, die BepiColombo baut:

    Über die Messung seiner Anziehungskraft können wir Rückschlüsse auf sein Inneres ziehen. Wir vermuten, dass Merkur einen Eisenkern besitzt, der achtzig Prozent seines Gesamtvolumens ausmacht. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass die Mariner 10 ein schwaches Magnetfeld gemessen hat.

    2010 soll Bepi-Colombo zum Merkur aufbrechen - ein Jahr bevor "Messenger" dort in eine Umlaufbahn eintritt. An Bord einer Delta-Rakete soll die US-Sonde am Montagmorgen um kurz nach acht unserer Zeit abheben. Leary:

    And with that, the Messenger team and the spacecraft are ready for launch.