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Aufbruchstimmung und Resignation

Seit mehr als 20 Jahren gilt Somalia als "failed state", als gescheiterter Staat. Nun soll das Parlament einen neuen Präsidenten wählen. Doch ob der politische Übergangsprozess einen stabilen Frieden bringt, ist völlig ungewiss.

Von Bettina Rühl |
    Der Bakhara-Markt in Mogadischu, der somalischen Hauptstadt. Dicht gedrängt schieben sich die Kunden durch die schmalen Gassen, Lastenträger drängeln sich schwer beladen an ihnen vorbei. Um im Trubel nicht vollkommen unterzugehen, versuchen einige Händler, mithilfe von Megafonen Kunden an ihre Stände zu locken. Lautstark preisen sie Medikamente an, ebenso Schuhe oder Handykarten verschiedener Telefonunternehmen.

    Noch vor einem Jahr war der Bakhara-Markt, egal zu welcher Tageszeit, menschenleer. Weil die Mitglieder der islamistischen Shabaab-Miliz im Gewirr der Gassen Unterschlupf fanden, wurde der Markt von regierungstreuen Soldaten immer wieder bombardiert und beschossen, etliche Zivilisten starben. Zuletzt war der Markt ganz geschlossen. Wer ihn trotzdem aufsuchte, riskierte sein Leben, galt er doch als möglicher Islamist. Inzwischen sind die Händlerinnen und Händler wieder zurück. Fadumo verkauft Koffer.

    "Das Geschäft läuft gut, die Sicherheitslage ist gut - wir sind zufrieden."

    Über Politik will Fadumo nicht reden. Auch die anderen Verkäuferinnen und Verkäufer winken ab. Denn so normal das Marktgeschehen auch wirkt, die Gefahr ist noch nicht gebannt, die Islamisten verüben immer noch regelmäßig Attentate.

    Derzeit gilt die Lage trotzdem als überwiegend ruhig, denn die Shabaab-Miliz musste ihre militärischen Stellungen in Mogadischu vor rund einem Jahr räumen. Die Miliz, die zum Terrornetzwerk El Kaida gehört, wurde von den vereinten Truppen der international gestützten somalischen Übergangsregierung und der AMISOM geschlagen, einer Eingreiftruppe der Afrikanischen Union. Bis dahin kontrollierten die Islamisten einige Jahre lang fast das gesamte Land sowie große Teile der Hauptstadt. Die Macht der somalischen Übergangsregierung beschränkte sich auf ein paar Straßenzüge in Mogadischu.

    Der Rückzug der Shabaab aus der Hauptstadt ist also ein großer Erfolg für die Regierungstruppen und deren Verbündete. Besiegt ist die Miliz deshalb noch nicht, in vielen Teilen Somalias haben die Islamisten immer noch die Oberhand. Und auch in Mogadischu ist ihre Macht nicht ganz gebrochen: Sie terrorisieren die Bevölkerung mit Attentaten und gezielten Morden.

    Von Normalität kann also keine Rede sein. Das gilt auch für das große Ereignis, das in diesen Tagen bevorsteht: Ein neues somalisches Parlament wählt einen neuen Präsidenten. Den ersten "richtigen" seit mehr als 21 Jahren, den ersten, der nicht als Übergangspräsident bezeichnet wird. Der Präsident wird dann eine neue Regierung bestimmen. Grundlage der politischen Machtausübung durch die künftigen staatlichen Institutionen ist die Verfassung, die ein Ältestenrat Anfang August bereits verabschiedet hat.

    Ein wichtiger politischer Umbruch also in einem Land, das sich seit mehr als zwanzig Jahren als "failed state", als gescheiterter Staat, einen Namen gemacht hat. Auf dem Bakhara-Markt aber deutet nichts auf die bevorstehenden Wahlen hin: Kein Plakat, kein Slogan wirbt um Wählerstimmen. Denn das Volk wird gar nicht gefragt.

    "Der politische Übergangsprozess ist nicht demokratisch, obwohl er versucht, Demokratie zu imitieren. Aber wegen des anhaltenden Chaos in Somalia ist es unmöglich, richtige Wahlen zu organisieren. Stattdessen wird alles von wenigen ausgewählten Gruppen bestimmt, vor allem von den traditionellen Ältesten. Das aus ihnen gebildete Gremium wurde von denen ernannt, die zurzeit an der Macht sind. Die anfänglichen Versuche, den Prozess der Regierungsbildung auf eine breitere Basis zu stellen und wenigstens zivilgesellschaftliche oder ähnliche Gruppen mit einzubeziehen, sind gescheitert."

    Emmanuel Kisangani arbeitet für das "Institut für Sicherheitsstudien", eine afrikanische Forschungseinrichtung, die auch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ein Büro hat. Kisangani beschäftigt sich vor allem mit der politischen Lage in Kenias Nachbarland Somalia.

    "Die Mitglieder der bisherigen Übergangsregierung versuchen, sich in einer anderen Verpackung neu zu verkaufen und so an der Macht zu bleiben. Das wahrscheinlichste Ergebnis des ganzen Prozesses ist daher, dass in der neuen Regierung dieselben Leute sitzen wie in der bisher amtierenden Übergangsregierung. Dabei wird diesen Politikern ein kaum zu überbietendes Ausmaß an Korruption vorgeworfen."

    Für die Vetternwirtschaft der Übergangsregierung unter Präsident Sheikh Sharif Sheikh Ahmed gibt es viele Belege. Die jüngsten versammelt ein Bericht der UN-Expertengruppe für Somalia. Er wurde nicht veröffentlicht, liegt dem Deutschlandfunk aber vor. Demnach gibt es für 70 Prozent der Gelder, die für Entwicklung und Wiederaufbau bestimmt waren, keinen Verwendungsnachweis. Von zehn Dollar kamen also sieben nie im Staatshaushalt an. Die somalische Übergangsregierung wies die Vorwürfe der UN in einer Erklärung zurück. Der UN-Bericht sei "fahrlässig und unverantwortlich".

    Ein pikanter Konflikt - schließlich haben Übergangspräsident Sharif Sheikh Ahmed, die Übergangsregierung und das Übergangsparlament nur dank der internationalen Unterstützung überlebt, der finanziellen und der militärischen. Gegenüber seinen Gönnern von der UN mag sich Präsident Sharif Sheikh Ahmed noch rechtfertigen, denn der zuständige UN-Sondergesandte möchte endlich einen Erfolg aus Somalia melden.
    Die Bevölkerungsmehrheit bleibt Sharif Sheikh Ahmed gegenüber aber skeptisch.

    "Diejenigen, die jetzt an der Macht sind, haben bisher nichts für uns getan. Keine Straße gebaut, keine Schule, keine Krankenhäuser. Nichts, auch wenn sie behaupten, sie hätten wer weiß wie viel in Somalia investiert. Wo ist dieses Geld hin?"

    Abdulkadir Ibrahim Gaal ist der Chef des somalischen Olympischen Komitees und Koordinator der zivilgesellschaftlichen Gruppen. Obwohl sich diese seit Jahren für Versöhnung und Menschenrechte einsetzen oder versuchen, die Not der somalischen Bevölkerung zu lindern, bleiben sie jetzt in dieser für das Land so entscheidenden Phase politisch außen vor. Anstelle des Volkes bestimmt ja der Ältestenrat mit 825 Mitgliedern über alle politisch wichtigen Positionen und ernennt, zusammen mit einem sogenannten technischen Komitee, die Mitglieder des neuen Parlaments. Das wiederum wählt nun den neuen Präsidenten.

    Der Schlüssel zur künftigen Macht liegt also bei diesen 825 traditionellen Ältesten. Und wie der jüngste UN-Bericht wieder gezeigt hat, bedeutet politische Macht in Somalia vor allem eines: den ungehemmten Zugang zu Pfründen. So ist es keine Überraschung, dass in den vergangenen Monaten um die Sitze im Ältestenrat heftig gekämpft wurde. Bürgerrechtler Gaal kennt Somalia mit seinen 70 Lebensjahren gut genug, um sich auf noch Schlimmeres einzustellen. Er fürchtet das Wiederaufflammen bewaffneter Kämpfe.

    "Die Situation ist gar nicht gut, es gibt nur Streit und Konflikt. Diejenigen, die an der Macht sind, verfolgen nur ihre eigenen Interessen und tun gar nichts für die Bevölkerung. Sie kämpfen um wirtschaftliche Vorteile, um private Interessen, um Vorteile für ihren Clan. Sie wollen ihren Einfluss auf jeden Fall behalten."

    Der UN-Sondergesandte für Somalia, Augustine Mahiga, verurteilte schon Anfang August, dass um die Sitze im Parlament ein reger Handel bestand. Sie wurden von den Ältesten offenbar meistbietend verkauft. Die bisherigen Mandatsträger haben dank der Selbstbedienung bei den staatlichen Mitteln Geld genug, sich ihren künftigen Einfluss durch Stimmenkauf zu sichern. Politische Beobachter halten es deshalb für sehr wahrscheinlich, dass der neue Präsident so heißen wird wie der jetzige Übergangspräsident: Sheikh Sharif Sheikh Ahmed. Denn der hat genug Geld für die somalische Art des Wahlkampfs, schließlich hat er sich in den vergangenen Jahren offenbar um viele hunderttausend Dollar bereichert. Das jedenfalls belegte im vergangenen Jahr ziemlich überzeugend ein früherer Rechnungsprüfer seiner Regierung.

    Ein weiterer möglicher Wahlgewinner: der bisherige Parlamentspräsident Sharif Hassan Sheikh Aden, der sich vor allem als Konflikttreiber immer wieder hervorgetan hat. Die UN-Expertengruppe hält das alles für ziemlich problematisch. In ihrem jüngsten Bericht heißt es deshalb warnend, der Übergangsprozess könnte von Leuten unterwandert werden, die dann unfreiwillig der Shabaab-Miliz zu neuem Einfluss verhelfen. Emmanuel Kisangani erklärt, was damit gemeint ist.

    "Ich glaube, dass die Shabaab-Miliz ganz einfach an Einfluss gewinnen kann. Sie lebt von Propaganda und Rhetorik. Wenn an der Spitze des Staates künftig ein Regime steht, das in den Augen der Bevölkerung nicht legitim ist, das keine deutliche Verbesserung ihrer Lebensumstände bringt, das aus denselben Politikern besteht, die schon vorher gestohlen haben und korrupt waren und das Land schlecht verwaltet haben - dann können die Shabaab-Mitglieder das propagandistisch wunderbar ausnutzen."

    Denn die im Westen oft verbreitete Darstellung, wonach die Shabaab-Miliz nur mithilfe von Terror und Unterdrückung regiert, ist falsch. Die Islamisten haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten eine strenge Form der Scharia eingeführt, beispielsweise wird Dieben die Hand abgehackt. Viele Somalier haben für die Islamisten deshalb lobende Worte übrig: Sie bieten eine klare Ordnung, während in den von der Regierung geführten Gebieten noch immer Anarchie und Chaos herrschen.

    Zwei Frauen und drei Männer sitzen über ihre Laptops gebeugt zusammen und diskutieren angeregt. Die Stimmung wirkt, als handele es sich um eine studentische Arbeitsgruppe, nur ist der Ort des Treffens dafür etwas zu schick: Die fünf sitzen auf der Veranda eines Fünf-Sterne-Hotels der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Einer der fünf ist Minister, genauer: Minister der Übergangsregierung, deren Mandat nun ausläuft: Abdurahman Hosh Jibril, Minister für Verfassungsfragen und Versöhnung. Die anderen vier gehören zu verschiedenen somalischen Bürgerrechtsgruppen im Exil.

    Der Minister erläutert die Grundlagen der neuen Verfassung. In den vergangenen Monaten wurde er oft genau dafür kritisiert: Er suche solche Treffen zwar im Ausland, im kriegszerstörten Somalia aber erfahre kaum jemand etwas über den Inhalt der neuen Verfassung. Der Minister weist den Vorwurf zurück, um sich dann sogleich wieder der neuen Verfassung zu widmen:

    "Das wichtigste Merkmal ist das Kapitel zu den Menschenrechten. Es entspricht inhaltlich dem international akzeptierten Standard und garantiert die grundlegenden Menschenrechte. Außerdem gibt es ein Kapitel zum Föderalismus. Wie genau dieser Föderalismus aussehen soll, wird noch zu klären sein, aber irgendeine Form der Dezentralisierung wird es geben. Ich glaube, das ist für die wirtschaftliche Entwicklung gesund. Außerdem werden die Bürgerrechte der Frauen ausdrücklich geschützt."

    Da fast alle Somalier Muslime sind, spielt das islamische Recht eine wichtige Rolle. Die Scharia wird jedoch nicht gleichgesetzt mit dem staatlichen Recht.

    "Es gibt aber die Vorgabe - wie auch in allen anderen muslimischen Ländern -, dass der Islam eine Quelle des verfassungsmäßigen Rechts ist. Die islamischen Werte werden respektiert, ohne die universellen Menschenrechte zu beschneiden. Wenn man sich die universelle Erklärung der Menschenrechte anschaut, dann passen die durchaus zum Koran. Diejenigen, die etwas anderes behaupten, haben einfach eine sehr eigenwillige, verrückte Interpretation des Korans. Tatsächlich bezieht sich der Koran an mehr als 400 Stellen auf Gerechtigkeit, Fairness und Gleichheit."

    Eine der Frauen, die an diesem Samstagnachmittag mit dem Minister zusammensitzen, ist Hibo Yassin. Sie floh im Alter von neun Jahren vor dem Bürgerkrieg in Somalia, wuchs in Italien auf, studierte politische Wissenschaften und kehrte Ende der 1990er Jahre nach Afrika zurück, um sich für eine demokratische Zukunft Somalias einzusetzen. Mit der neuen Verfassung ist sie ganz und gar einverstanden. Nicht zuletzt, weil die Rechte der Frauen garantiert werden.

    "Ich glaube, nach mehr als zwanzig Jahren Krieg ist das jetzt unsere letzte Chance, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Die Welt ist groß und Somalia nicht das einzige Land, für das sich die internationale Gemeinschaft interessiert. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir alle jetzt unser Bestes geben."

    Yassins Befürchtung: Die internationale Gemeinschaft könnte der Dauerkrise am Horn von Afrika überdrüssig werden, und die Somalier sich selbst überlassen. Yassin scheint nicht die einzige zu sein, die den derzeitigen politischen Prozess als letzte Chance begreift, den guten Willen der internationalen Gemeinschaft nicht völlig zu verspielen: Anfang August nahm die Verfassunggebende Versammlung den Entwurf mit überwältigender Mehrheit an.

    Wer durch die Straßen der somalischen Hauptstadt Mogadischu geht, hört es an jeder Ecke hämmern und sägen, vor vielen Ruinen stehen Gerüste. Denn ganz unabhängig von der politischen Entwicklung macht sich in Mogadischu Aufbruchstimmung breit - seit die Shabaab-Miliz militärisch geschlagen wurde, blüht die Wirtschaft auf. Das könnte eine mögliche politische Stabilisierung unterstützen. Aweys Mohamed Mohamud ist seit einigen Monaten ein viel beschäftigter Mann. Auch an diesem Morgen ist der Bauunternehmer auf seinen Baustellen unterwegs und inspiziert, ob alles wie gewünscht vorangeht.

    "Wegen des gegenwärtigen Friedens boomt die Bauwirtschaft. Zu mir kommen ständig Leute mit neuen Aufträgen. Sie wollen bauen oder ihr beschädigtes Haus sanieren. Ich finde manchmal gar nicht mehr genug erfahrene Arbeiter, um alle Aufträge erfüllen zu können."

    Der 39-jährige Unternehmer hat ungefähr 200 Mitarbeiter. Noch vor einem halben Jahr kam er mit einem Drittel davon aus. Und obwohl er so stark aufgestockt hat, kann er mit seiner Firma "Khalab Hor" gar nicht alle Aufträge auf einmal erledigen und muss einige Bauherren stets vertrösten. Er selbst hat Mogadischu trotz des Krieges nie verlassen.

    "Während des Krieges habe ich die meiste Zeit für einen anderen Bauunternehmer gearbeitet. Oft flogen die Granaten über unsere Köpfe hinweg, während wir auf den Baustellen waren. Sie schlugen nicht weit entfernt von uns ein, und wo sie trafen, wurden die Häuser natürlich zerstört. Für uns war das nicht schlecht, für uns ist Zerstörung ja gleichbedeutend mit neuen Aufträgen. Während die Stadt an einer Stelle zerstört wurde, haben wir anderswo wieder aufgebaut."

    Mohamud ist ein "Self-Made-Man", der als ungelernter Arbeiter auf einer Baustelle anfing und über die Jahre so viel Erfahrung sammelte, dass er sein Handwerk nun offensichtlich versteht. Zu dem ganzen politischen Prozess hat er keine richtige Meinung, sein Optimismus hält sich in Grenzen. Er ist immer noch darauf eingestellt, dass die Kämpfe auch in Mogadischu womöglich bald wieder losgehen.

    "Wir sind an Zerstörung und Artilleriebeschuss gewöhnt. Nach zwanzig Jahren in Mogadischu habe ich davor keine Angst mehr. Während ich ein Haus aufbaue, sehe ich, wie in der Nachbarschaft ein anderes zerstört wird. Das gehört zum Leben dazu."

    Dass mit dem neuen Präsidenten und dem neuen Parlament in Somalia Frieden einkehrt, glaubt auch Politikwissenschaftler Emmanuel Kisangani eher nicht.

    "Ich bin da ziemlich skeptisch. Dafür gibt es einfach zu viele Waffen in der Hand von Zivilisten. Außerdem fehlen immer noch richtige staatliche Institutionen. Die somalische Polizei hat sehr beschränkte personelle und finanzielle Möglichkeiten. Ich sehe deshalb einige Herausforderungen, abhängig von denjenigen, die an die Macht kommen."

    Humanitäre Organisationen wiederum sehen die Zukunft noch aus einem ganz anderen Grund eher finster: Sie warnen vor einer neuen Hungersnot. Marion McKeone arbeitet für "Save the children".

    "Die Arbeit ist für Hilfsorganisationen sehr schwierig. Extrem gefährlich. Wir haben im Süden Somalias 450 Mitarbeiter, aber faktisch setzen sie jeden Tag ihr Leben aufs Spiel. Nichts hat sich verbessert. Die militärischen Erfolge der AMISOM und der somalischen Regierungstruppen über die Shabaab-Miliz haben nicht mehr Sicherheit gebracht."

    Ganz im Gegenteil, sagt Marion McKeone: Wenn die Shabaab-Miliz in einer Region in die Flucht geschlagen wird, hinterlässt das ein Machtvakuum, in dem sofort etliche andere Milizen operieren. Die Helfer wüssten heute oft nicht einmal, von wem die Gefahr eigentlich ausgeht. Zusammen mit einer absehbar schlechten Ernte, könnte die Situation in Somalia bald wieder so sein wie vor einem Jahr.

    Auf dem Höhepunkt der Hungersnot flohen damals jeden Tag Tausende nach Mogadischu. Allein in den beiden Monaten Juni und Juli sollen es 100.000 gewesen sein. Die Helfer waren völlig überfordert. Und ihre Arbeit lebensgefährlich. Denn die meisten Stadtviertel waren damals noch in der Hand der islamistischen Shabaab-Miliz, die auch den Rest des Landes beherrschte. Die UN erklärte sechs somalische Regionen zu Hungergebieten, darunter auch Mogadischu.

    Diesen äußersten Notstand erklärten die Vereinten Nationen Anfang des Jahres offiziell für beendet. Trotzdem bleibt die Lage ausgesprochen kritisch. Im ganzen Land sind nach UN-Angaben 2,5 Millionen Menschen unmittelbar von Hunger bedroht. Ihr Leben hängt ganz buchstäblich davon ab, ob der politische Prozess endlich den Frieden bringt, auf den die Bevölkerung seit vielen Jahren hofft.