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Auferweckung im Christentum
"Ich empfehle theologische Aufräumarbeit"

Menschen erhoffen die Überwindung des Todes. Dennoch gebe es heute in Glaubensfragen "keine Gewissheiten mehr", sagte der katholische Fundamentaltheologe Magnus Striet im Deutschlandfunk. Nur diese eine: "Menschen können nicht anders, als eine Haltung zum Sterben-Müssen und zum kommenden Tod einzunehmen."

Magnus Striet im Gespräch mit Andreas Main |
    Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg im Breisgau.
    Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg. (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg / Britt Schilling)
    Magnus Striet, geboren 1964 in Rheine, ist Professor für Fundamentaltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau.
    Das Interview in voller Länge:
    Andreas Main: Im Islam dominiert also Jenseits-Gewissheit; und im Judentum wird die Auferweckung der Toten eher vage und als Suchbewegung formuliert. Aber was sagt die christliche Theologie? Auch sie ist längst nicht so eindeutig, wie man meinen könnte, rund ums christliche Osterfest, in dessen Mittelpunkt die Auferweckung Jesu steht. Was meint Auferweckung und was meint das für den Einzelnen heute? Wir werden hier sicher keine Glaubensantworten präsentieren können, aber wir können Fragen stellen. Denn die Frage, was wird mit mir, wenn ich tot bin, die ist wohl so alt wie der Mensch. Dass der Mensch diese Frage stellen kann und immer wieder stellt, das unterscheidet ihn vermutlich von Mücken oder vielleicht sogar von Schimpansen. Was wird mit mir nach dem Tod? Das will ich wissen von Magnus Striet. Er ist katholischer Theologe oder um genau zu sein: Er ist Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg im Breisgau. Sein jüngstes Buch, 2015 erschienen, behandelt genau unser Thema. Es hat den Titel "Gottes Schweigen. Auferweckungssehnsucht – und Skepsis". Guten Morgen Herr Striet.
    Magnus Striet: Guten Morgen.
    Main: Magnus Striet, wenn selbst Sie als Theologe von Auferstehungsskepsis sprechen, anstatt mir mit Gewissheit sagen zu können, was nach christlicher Lehre aus mir wird nach dem Tod, dann ist doch wohl Holland in Not?
    Striet: Ja, zunächst einmal sind Theologen ja nicht aus der Zeit herausgefallen, sondern leben in ihrer Gegenwart. Und da wäre es natürlich fatal, wenn sie die Gedanken, Bewegungen, die dazu geführt haben, dass Skepsis aufgekommen ist, nicht nachvollziehen würden. Historisch betrachtet wird man natürlich schon sagen dürfen, dass die Auferweckungsgewissheit sich ausgeprägt hat, also in den ersten Jahrhunderten nach Christus, und dass es auch über lange Zeit angehalten hat. Aber spätestens seit dem 19. Jahrhundert ist auch der Zweifel, ob denn tatsächlich etwas nach dem Tod kommt, allgemein geworden.
    Main: Gehen Sie davon aus, dass bei unseren Hörern die Auferstehungs-Sehnsucht dominiert oder die -Skepsis?
    Striet: Schwer zu sagen. Dazu bräuchte man natürlich empirische Untersuchungen. Was wir auf jeden Fall sagen können, ist das eine Sehnsucht auch bei Menschen noch festzustellen ist, die gleichzeitig sagen: Ich glaube aber nicht daran. Offensichtlich hängt das mit Bedürfnissen zusammen, dass das eigene Leben, aber auch das Leben der Anderen nicht einfach von der Zeit hinweggenommen wird, die diese Hoffnung immer wieder sich ausprägen lässt.
    "In geschlossenen Weltbildern hat es die Auferstehungshoffnung leichter"
    Main: Mit Blick aufs Jenseits, warum hat es die Auferweckung für Menschen im 21. Jahrhundert besonders schwer? Welche Gründe sehen Sie da?
    Striet: Ja, wir leben natürlich unter ganz anderen Weltbildvoraussetzungen, als das in den Zeiten der Fall war, in denen diese Hoffnung sozusagen geschichtlich erzeugt wurde. Wir können uns teilweise nur schlecht vorstellen, dass tatsächlich ein sich durch Personalität auszeichnender Gott sein soll, der das Leben eines jeden Menschen nicht nur im Blick hat, sondern ihm eine dann auf Unendlichkeit angelegte Zukunft verheißen hat. Deshalb gibt es einfach Skepsis. In geschlossenen Weltbildern hat es die Auferstehungshoffnung da einfach deutlich leichter.
    Main: In Ihrem Buch, das nicht systematisch ist, sondern – das zeigen auch die Überschriften – es enthält Meditationen, so nennen Sie es. Da dekonstruieren Sie, wie mir scheint, festgefügte Traditionen, die für uns moderne Menschen überhaupt nicht mehr funktionieren. Ist damit der Ansatz richtig beschrieben?
    "Es gilt, theologische Aufräumarbeit zu leisten"
    Striet: Ja, damit ist der Ansatz richtig beschrieben. Meines Erachtens gilt es auch weiterhin, auch im 21. Jahrhundert, - ich nenne das mal - theologische Aufräumarbeit zu leisten. Die klassische Dogmatik, die davon ausging, es gab einen guten Anfang, ausgedrückt in der Paradiesesvorstellung, dann den Fall – Stichwort 'Adam und Eva' - und dann die Wiedergutmachung durch das Kreuzesopfer Jesu, funktioniert nur noch sehr begrenzt. Und dafür gibt es gute Gründe, weil einfach überhaupt nicht einzusehen ist, dass ein Gott tatsächlich das blutige Opfer eines Sohnes, eines Menschen braucht, um sich mit der Welt versöhnen zu können.
    Deshalb sind es tatsächlich kreisende Meditationen, die versuchen, diese Probleme in den Griff zu bekommen, zunächst einmal zu identifizieren und dann Alternativen vorzuschlagen. Aber wenn ich sage Alternativen, deutet sich auch bereits an, das sind dann Optionen, die keine letztgültige Gewissheit für sich beanspruchen können. Wir leben eben in einer Zeit, die keine Gewissheiten mehr kennt.
    "Unseliges Gedankengut des Augustinus"
    Main: Theologische Aufräumarbeit – von welchen theologischen Gedankengebäuden zur Auferstehung sollten wir uns über das hinaus, was Sie angedeutet haben, verabschieden?
    Striet: Ja, zunächst einmal sollte man sich dringend von Vorstellungen verabschieden, dass ein Gott existiert, der in einer willkürlichen Gnadenwahl, aus der Gesamtsumme der Sünder einige erwählt, ihnen den Himmel beschert und die allermeisten verwirft. Das ist eine Vorstellung, die hat über lange Zeit in der Kirchengeschichte, in der kompletten Kirchengeschichte, also auch konfessionell durchaus differenziert vorgeherrscht. Sie geht am Ende auf Augustinus zurück, der hier tatsächlich unseliges Gedankengut in die vor allem europäische Geistesgeschichte eingepflanzt hat. Von dieser Vorstellung sollten wir uns komplett verabschieden.
    Wenn überhaupt, geht es in der Auferstehungshoffnung darum, dass die konkret gewordene Identität eines Menschen, seine Biographie, tatsächlich von einem Gott gewürdigt und vollendet wird, sodass es tatsächlich auch eine Identität über den Tod hinaus gibt. Das ist meines Erachtens das, was die großen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, aber auch die des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts, immer wieder in den Blick genommen haben, dass es doch nicht sein kann, dass den Opfern der Geschichte keine Gerechtigkeit widerfährt. Dass denen, denen das Leben arg mitgespielt hat, nicht doch noch so etwas wie eine Genugtuung, Versöhnung zukommt. Aber auch dass das Glück, das Menschen erlebt haben, sich vielleicht vollendet.
    Das ist eine Sehnsucht, die kommt immer wieder durch. Und darum geht es, wenn es sozusagen konstruktiv um Auferstehung geht, um die Hoffnung, dass das nicht alles sein möge.
    "Es braucht die Vorstellung einer Hölle"
    Main: Um Gerechtigkeit möglich zu machen, gerade auch angesichts der Wahnsinnsverbrechen des vergangenen und dieses Jahrhunderts, braucht es da so etwas wie eine Hölle?
    Striet: Ja, es braucht die Vorstellung einer Hölle. Denn wenn es sozusagen nicht nur um den Menschen, sondern um die Freiheit des Menschen geht, da muss auch theologisch denkbar gehalten werden, dass Menschen sich definitiv diesem Gott verweigern, erstens. Und zweitens, wenn den Tätern der Geschichte tatsächlich so etwas wie ein Himmel zukommen soll, dann werden sie zunächst einmal Reue über das Getane zeigen müssen und das heißt auch gleichzeitig ihre Opfer um Vergebung bitten müssen. Das ist etwas, was die neuere Theologie als zentralen Gedanken hervorgehoben hat. Und deshalb braucht es so etwas wie eine, ich würde sagen, auch die Vorstellung einer Hölle. Ob die dann allerdings tatsächlich bewohnt oder ob die Hölle leer ist, das ist eine ganz andere Frage.
    Denn es könnte ja sein, dass tatsächlich ein jeder Mensch – wenn dieser Gott existiert – vor dem Antlitz Gottes – ich formuliere es mal deutlich – zu Verstand kommt, bezogen auf das, was er in seinem Leben angestellt hat.
    Kant und "die Gerechtigkeit für die Opfer der Geschichte"
    Main: Sie formulieren hier in diesem Gespräch, genauso wie im Buch, immer "wenn es diesen Gott gibt".
    Striet: Ja, es gibt keine Gewissheit mehr, die zu erzeugen wäre, bezogen auf die Frage: Existiert der freie Gott? Und ich rede hier immer sozusagen über das Konzept eines freien Gottes, weil nur ein freier Gott, ein sich durch Personalität auszeichnender Gott, tatsächlich den Menschen in seiner Freiheit würdigen kann.
    Diese Gewissheit ist seit den Tagen Kants zerstört. Kant hat das nicht mutwillig gemacht, sondern weil er entscheidende, philosophische Gründe dafür hatte. Wir wissen nicht ob dieser Gott existiert, aber genauso wenig ist auch hinlänglich gewiss zu sagen, dass er nicht existieren kann.
    Kant ist überhaupt einer der interessantesten Figuren der neuzeitlichen Philosophiegeschichte. Einerseits zerstört er jede Gewissheit bezogen auf Gott, gleichzeitig aber ist er derjenige, der aus geschichtsphilosophischen Gründen – Was ist mit den Opfern der Geschichten? – daran festhält, es sei sogar moralisch notwendig, diesen Gott zu postulieren. Also, ins Ungewisse hinein wird dieser Gott als moralisch notwendig postuliert – nochmals als Argument –, weil es andernfalls keine Gerechtigkeit für die Opfer der Geschichte gibt.
    "Nur ein Gott der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit ist akzeptabel"
    Main: Zweifellos kann dieser Glaube, auch der Auferstehungsglaube, Trost spenden, Zuversicht geben. Es gibt aber auch, vor allem im katholischen Milieu Menschen, die am Ende ihres Lebens Angst haben und sich fragen, ob sie zum Beispiel im Fegefeuer landen oder Schlimmeres. Was schlagen Sie vor, wie solche Verunsicherungen vermieden werden können?
    Striet: Ja, das sind Verunsicherungen, die tatsächlich theologisch begründet sind und damit auch bewirkt worden sind. Man hat über Jahrhunderte – inzwischen muss man sagen fast über zweitausend Jahre – den Menschen eine ungeheure Angst davor eingetrichtert, dass da am Ende der Zeiten im Gericht ein strafender Gott sein könnte.
    Wir befinden uns im Reformationsjubiläumsjahr – 500 Jahre Reformation –, man kann Luther nicht verstehen, ohne diese ängstigende Vorstellung, dass tatsächlich Fegefeuer und Hölle kommen könnten.
    Ich empfehle an dieser Stelle tatsächlich theologische Aufräumarbeit. Nur ein Gott ist akzeptabel für den Menschen, der tatsächlich sich durch Großzügigkeit, Barmherzigkeit und einen Gerechtigkeitswillen auszeichnet. Das bedeutet aber, dieser Gott darf kein verurteilender Gott sein, sondern muss ein Gott sein, der in seiner Liebe dem Menschen so entgegenkommt, dass er tatsächlich zu seiner Geschichte stehen kann – damit meine ich jetzt die Täter der Geschichte.
    Und wenn wir auf die Person schauen, die Gründungsgestalt des Christentums ist, nämlich auf den Juden Jesus von Nazareth, meine ich, darf man auch tatsächlich mit so einem Gott rechnen.
    "Es geht darum, dass das Gewordene, das Ich des Menschen, gerettet wird"
    Main: Sie hören den Deutschlandfunk, die Sendung "Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft", im Gespräch mit dem Fundamentaltheologen, Magnus Striet, über christlichen Auferstehungsglauben. Wir haben jetzt viel über jene Lehren, Denkrichtungen oder Erklärversuche geredet, die aus Ihrer Sicht, ich sage es mal in meinen Worten, heute nicht mehr taugen. Drehen wir mal den Spieß um. Welche Art Auferstehungsglaube erscheint Ihnen intellektuell redlich oder vor der Vernunft im Jahr 2017 zu rechtfertigen?
    Striet: Intellektuell redlich ist ein Auferstehungsglaube, der immer das Moment der Ungewissheit mit sich führt und der gleichzeitig sozusagen sich als ein Glaube ausformuliert, der das, was Menschen jetzt als menschlich bezeichnen, in sich aufnimmt. Das heißt, dieser Auferstehungsglaube muss das tatsächlich gelebte Leben, dieses irdische Leben, der muss davon ausgehen, dass da so in einer Vollendungsgestalt geführt wird, dass da nicht mehr, um es in biblischen Worten zu sagen, Tränen das Leben bestimmen, sondern tatsächlich Seligkeit ist. Aber eine Seligkeit, die tatsächlich die personale Identität des Menschen, auch in seinem sozialen Gefüge, rettet.
    Main: Inklusive Leib?
    Striet: An der Stelle würde ich mich lieber zurückhalten. Ich weiß natürlich, dass die Tradition solche Vorstellungen, Bilder ausgeprägt hat. Es geht um personale Identität. Da muss meines Erachtens nicht notwendig ein Leib vorausgesetzt werden, wie wir heute den Menschen als Leib-Seele-Einheit begreifen. Es geht darum, dass das Gewordene, das Ich des Menschen, gerettet wird.
    Main: Auferstehungsglaube wäre dann also auch so etwas wie die Hoffnung, dass es einen Gott gibt, der jedem Einzelnen von uns – wie Jesus im Tod - quasi aus der Patsche hilft?
    Striet: Ja, es ist ja schon erstaunlich, dass in der Menschheit diese Vorstellung immer wieder aufgebrochen ist. Und das scheint damit zusammenzuhängen, dass der Tod am Ende – für ganz viele Menschen jedenfalls – etwas Inakzeptables an sich hat. Und man kann ja die Alternative auch klar benennen: Entweder es ist ein Gott, der seinerseits diesen Tod nicht akzeptiert, damit dem Menschen – um Ihre Formulierung aufzunehmen – "aus der Patsche hilft". Oder aber dieses "Alles" wird eines Tages in der totalen Vergessenheit geendet sein. Dann wird niemand mehr darum wissen, was in diesem Leben bestimmend gewesen ist, was dort an Freude, Glück geherrscht hat oder auch an Leid erlitten worden ist.
    An der Stelle wird der Mensch sich entscheiden müssen. Wer sich einmal diese Frage vorgelegt hat, wird in die Alternative gestellt werden: Glaube oder Nicht-Glaube, Hoffnung oder zumindest eine latente Verzweiflung darüber, dass dies alles eines Tages in Niemandes Bewusstsein mehr sein wird.
    "Mit Kant am Sterbebett wird man das Sterbebett nicht bestehen können"
    Main: Sie haben vorhin von Ungewissheit gesprochen. Was bedeutet das praktisch, zum Beispiel im Umgang mit Sterbenden? Dann wäre ja eine gewisse Zurückhaltung geboten? Oder anders gesagt: Trost spendende Gewissheiten entfallen.
    Striet: Ja, das eine ist natürlich Theologie, nachdenkliche Reflektion, und das andere ist die konkrete Situation des Sterben-Müssens und damit auch der Sterbebegleitung derer, die am Sterbebett stehen. Da, meine ich, steht ganz bestimmt der Sterbende im Zentrum. Und es kann nicht angehen, am Sterbebett theologisch, philosophische Diskussionen über Gewissheiten zu führen.
    Main: Mit Kant am Sterbebett.
    Striet: Mit Kant am Sterbebett wird man das Sterbebett nicht bestehen können. Das heißt, diese Reflektionen, die wir anstellen, diese Überlegungen, die wir auch hier anstellen, sind eigentlich Überlegungen, die aufs Sterben vorbereiten, aber nicht in der konkreten Situation des Sterbens angestellt werden. Nur, da der Mensch eben ein fragendes Säugetier ist, herausgefallen aus dem Naturzusammenhang, stellt er sich die Frage nach dem Tod und was danach kommen kann. Das heißt: Die Frage nach dem Tod, nach dem Sterben-Müssen, ist eine Frage der Lebenden.
    Main: Wir haben am Anfang der Sendung kurz Auferstehungskonzepte im Judentum und im Islam beleuchtet. Wenn ich das, was Sie sagen und schreiben, Revue passieren lasse: Womit hat die christliche Auferstehungssehnsucht mehr gemein? Mit dem jüdischen - oder mehr mit dem islamischen Denken?
    Striet: Das ist ganz, ganz schwer zu sagen. Weil wir natürlich heute sozusagen in der wissenschaftlichen Perspektive kaum noch von dem Judentum, dem Christentum oder dem Islam sprechen. Alle drei Religionsvarianten – und die muss man nochmal sehr genau differenzieren –, gehen aber davon aus, dass es so etwas wie Gerechtigkeit nach dem Tod gibt. Das heißt, alle drei Varianten prägen entsprechende Moralkonzepte aus, was zu tun ist und was nicht zu tun ist, und dementsprechend fügen sich dann auch die Jenseitsvorstellungen.
    Ich würde mich da nicht festlegen wollen, mit wem die christliche Auferstehungshoffnung mehr zu tun hat. Alle drei gehen aber dann, wenn sie von einem personalen Gott reden – und das tun sie mehrheitlich – davon aus, dass es um den konkreten Menschen, also um die jetzt geführte irdische Existenz geht, die in der Auferstehungshoffnung besprochen wird.
    "Ich kann keine Gewissheitsantwort geben, was nach dem Tod wird"
    Main: Und tröstlich und sicher ist auf jeden Fall wohl, dass Juden, Christen und Muslime, bei allem Trennenden, ein und dasselbe Problem haben, weil sie Menschen sind, nämlich dass sie sterben.
    Striet: Genau. Da haben sie tatsächlich ein und dasselbe Problem. Und dieses Problem teilen sie aber mit allen Menschen. Das heißt, auch mit Menschen eines anderen Religionsbekenntnisses - und bezogen auf unseren Kulturkontext entscheidender: mit Menschen, die sich selbst als agnostisch beschreiben würden. Menschen können nicht anders, als eine Haltung zum Sterben-Müssen und damit auch zum kommenden Tod einzunehmen.
    Main: Die Einstiegsfrage oder die Frage, die das Ganze leitete: Was wird mit mir nach dem Tod, die ist jetzt wohl noch nicht beantwortet. Ich denke, dass ich damit leben muss.
    Striet: Ich kann Ihnen leider keine andere Antwort darauf geben. Wir können Hoffnungen besprechen; und diese Hoffnungen sind entsprechend unserem Menschenbild ausgestaltet, aber ich kann Ihnen keine Gewissheitsantwort darauf geben, was nach dem Tod wird.
    Main: Magnus Striet, katholischer Theologieprofessor in Freiburg. Sein Buch "Gottes Schweigen. Auferweckungssehnsucht – und Skepsis" ist erschienen im Grünewald Verlag. Hundertsechzig Seiten kosten siebzehn Euro. Und auch wenn ich immer noch nicht genau weiß, was mit mir wird nach dem Tod – Magnus Striet, herzlichen Dank dafür, dass Sie im Deutschlandfunk geredet haben über Dinge, über die zu reden nicht ganz einfach ist. Danke.
    Striet: Ich danke Ihnen. Vielen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.