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Aufgeräumte Nutzeroberfläche

Circles, Sparks und Hangouts: Das soziale Netzwerk Google+ ist seit zwei Wochen online und die Lobeshymnen von Nutzern und der Fachwelt überschlagen sich. Journalist Philip Banse hat den Facebook-Konkurrenten getestet.

Von Philip Banse |
    Inhaltlich hatte ich schon ein erhellendes Erlebnis: Ich habe neulich eine journalistische Geschichte gemacht, in der es darum ging, ob eine Verwaltung angemessene Preise für ihre Server, Rechner und Software zahlt. Ich habe die Preise einfach mal in Google Plus geschrieben und innerhalb weniger Minuten hatte ich 15 Antworten verschiedener IT-Fachleute mit wirklich fundierten, sehr hilfreichen Einschätzungen und Hinweisen. Es zeigt aber auch: Obwohl schon rund zehn Millionen Google Plus nutzen, ist das Netzwerk noch von eher speziellen Menschen geprägt. Was mir – und auch Jo Bager vom Computermagazin c't - sofort gefiel, ist die aufgeräumte, übersichtliche Nutzeroberfläche.

    "Das ist halt noch sehr schlank und gut aufgeräumt, man hat das Gefühl, man kann gut steuern, wo man die Sachen hinschreibt. Insofern macht das Spaß."

    Aber die Grundidee von Google Plus ist: Unsere sozialen Beziehungen sollen digital möglichst genauso abgebildet werden, wie wir sie auch außerhalb des Internets organisieren. Da haben wir nämlich nicht nur "Freunde", wie es Facebook suggeriert. Sondern wir haben Kollegen, Familienmitglieder, Urlaubsbekanntschaften, Kegelfreunde und so weiter. Und mit allen wollen wir unterschiedliche Fotos, Videos, Links oder Texte teilen. Und diese differenzierte Kommunikation geht mit Google Plus so einfach wie sonst nirgends im Internet: Man kann nämlich alle seine Kontakte in Circles, in Kreise einsortieren. Und wenn ich die Bilder meiner Kinder nur mit meinen engen Freunden teilen will, dann schicke ich sie eben nur an von mir angelegten Kreis "Enge Freunde". Diese Kreise sind denn auch die wichtigste Einstellung in Sachen Privatsphäre, sagt Technikjournalist Jo Bager.

    "Das macht es halt bisher so einfach wie bisher nie, diese verschiedenen Sphären, die es ja tatsächlich in unseren sozialen Beziehungen gibt, voneinander zu trennen."

    Unser persönliches soziales Netzwerk wird differenzierter, je älter wir werden – Google Plus hat das ins Internet eingebaut, was ihm den Titel "Facebook für Erwachsene" eingebracht hat. Im Prinzip geht dieses zielgerichtete Teilen auch bei Facebook, ist dort aber komplizierter:

    "Man sollte aber, wenn man irgendwas auf Google Plus, Facebook oder sonst wo veröffentlicht, im Hinterkopf behalten: Das ist eine Konvention. Letztlich kann derjenige, der das bekommt, kopieren und wieder neu veröffentlichen. Das heißt, Sachen, die man gepostet hat, die sind weg, raus, die hat man nicht mehr unter Kontrolle."

    Es gibt noch einen anderen Dienst in Google Plus, der unser Sozialverhalten im analogen Leben besser als bisher im Internet abbildet: Google Hangout, zu Deutsch Treffpunkt. Man klickt in Google Plus auf einen grünen Knopf und startet einen Videochat, in den sich dann bis zu zehn Menschen einklinken können. Ich habe das Mal ausprobiert:

    "Ah, da ist jemand."
    "Hallo."
    "Hey."
    "Wer bist denn du? Kennen wir uns?"
    "Ich kenn Dich nur so, aber auch nur flüchtig."
    "Ah, ok."

    Nach einer Weile kommen noch drei weitere Menschen dazu, wir reden – genau – über Google Plus.

    "Du kannst auch gehen. Also, obwohl du den Chat gestartet hast, können wir weiter chatten, wenn du gehst, das ist halt auch cool. Der Chat hängt nicht an dir."

    "Wenn unser Nachbar auf der Veranda sitzt", sagt Vic Gondoutra von Google, "dann ist das ein Zeichen, dass ein kleines Schwätzchen willkommen ist. Und diese Verandasituation haben wir in Software gegossen."

    So einen kostenlosen, unkomplizierten und gut funktionierenden Video-Gruppen-Chat hat Facebook nicht und könnte viele – vor allem junge - Nutzer von Facebook rüber locken. Für Facebook wie für Google Plus gilt natürlich: Die Dienste machen keinen Spaß, wenn wir keine Daten von uns preisgeben. Facebook gehe mit diesen Daten aber nicht gut um, sagt Computerjournalist Jo Bager:

    "Da habe ich zu Google mehr Vertrauen. Es gibt ja das Google Dashboard, wo ich an zentraler Stelle sehen kann, was Google alles so für Daten von mir gespeichert hat und ich kann die da auch löschen und ich habe das besser im Überblick."