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Aufmacher über Jan Ullrich
"Ein Schlag ins Gesicht unserer Medienkultur"

Von der Sportlegende zum psychisch Kranken: Diese Geschichte erzählt derzeit die BILD-Zeitung auf ihren Titelseiten über Jan Ullrich. Einen Prominenten derart an den Pranger zu stellen, führe zurück „in Zeiten des Mittelalters“, sagte die Medienethikerin Marlis Prinzing im Dlf.

Marlis Prinzing im Gespräch mit Brigitte Baetz |
    BILD-Titelseiten mit Schlagzeilen über Jan Ullrich
    Jan Ullrich landete in den vergangenen Wochen mehrfach auf der Titelseite der BILD-Zeitung. (Deutschlandfunk / Annika Schneider)
    Schon vor Jahren landete Jan Ullrich regelmäßig auf BILD-Titelseiten: Der Boulevard feierte den Radprofi lange als Legende. Jetzt dominiert der Ex-Sportler wieder die Schlagzeilen - diesmal geht es allerdings um "Drogenwahn", Randale im Nachbargarten und ein Escort-Girl. Mitten im Sommerloch zerrt der Boulevard Jan Ullrichs Privatleben in die Öffentlichkeit – inklusive der angeblichen Zwangseinweisung in die Psychiatrie.
    Der Fall sei ein Beispiel für die zunehmende Emotionalisierung in der Berichterstattung, sagte Marlis Prinzing, Journalistikprofessorin an der Kölner Hochschule macromedia und Sprecherin im Netzwerk Medienethik, im Dlf: "Man hat den Eindruck, dass es eine neue Qualität hat."
    Pressekodex ausreichend
    Gleichzeitig kritisierte sie, dass die BILD-Zeitung ihre Leser dazu aufgerufen hatte, Fotos von Jan Ullrich einzuschicken. "Das geht extrem an der eigentlichen Aufgabe von Medien vorbei und gerade dieses Moment des öffentlichen Prangers führt uns eigentlich zurück in Zeiten des Mittelalters", sagte sie.
    Zu ermitteln, ob Jan Ullrich sich einer Straftat schuldig gemacht habe, sei nicht Aufgabe der Medien, betonte sie. Journalisten müssten sich an die Unschuldsvermutung halten. Der Pressekodex und der Presserat seien aber ausreichend, um in Fällen wie dem von Jan Ullrich zu reagieren.