"It's the first giraffe I've shot, I've darted many Giraffes. It's the first one I've shot."
Es sei die erste Giraffe gewesen, die er erschossen hat, sagt Mads Bertelsen, zuvor habe er nur Giraffen mit Betäubungspfeilen beschossen, aber eine Giraffe mit einem Gewehr getötet habe er hier zum ersten Mal, so der Tierarzt des Kopenhagener Zoos. Am 9. Februar hatte er die zweijährige Giraffe per Kopfschuss im Gehege erschossen. Grund war eine Inzestvermeidung, weil sie anderen Artgenossen des europäischen Zuchtprogramms genetisch zu ähnlich war. Was Teil seiner Arbeit ist, wurde in den Medien zum so genannten Marius-Gate, Marius war der Name der getöteten Giraffe.
"Ich denke, dass Leute, die das Bild einer toten Giraffe sehen, erst einmal emotional reagieren und sagen: 'Das ist doch falsch.' Sobald sie aber wissen, worum es geht, verstehen sie es natürlich."
Die Tötung war auch notwendig, um die Population konstant zu halten. Das bedeutet im Idealfall ein Verhältnis von sieben Weibchen auf drei Männchen. Aber selbst mit einer Geburtenkontrolle lässt sich dieses nicht erreichen. Aus diesem Grund muss getötet werden, aber nicht nur aus diesem.
"Jeder Zoo dieser Welt wird weiter Tiere töten. Wir müssen Tiere töten, um unsere Raubtiere zu füttern. Wir töten Fische und Ratten, Mäuse, Kaninchen, Hühner und so weiter. Die einzige Frage ist, wo man eine Linie zieht. Wenn es in Ordnung ist, ein Rind zu töten, um Löwen zu füttern, warum soll es dann nicht OK sein, eine Giraffe zu töten?"
In Warschau diskutierten Zooexperten aus aller Welt, ob und welche Informationen sie am besten in einem solchen Fall herausgeben. Unter anderem wurde per Handzeichen abgestimmt. Bei der Frage, ob man einem Überangebot an Tieren mit gezielten Tötungen begegnen soll, gab es keine Gegenstimme. Mads Bertelsen zufolge war sein einziger Fehler vielleicht, dass sie die Tötung angekündigt hatten und so einige Leute davon ausgingen, dass sie dies verhindern könnten. Offenheit sei aber nie ein Fehler, auch wenn es Gegenwind aus den sozialen Medien gibt. Diese reagieren meist vorschnell, im Sinne von schlecht informiert, waren sich die Experten einig. Offenheit sei daher oberstes Gebot, sagt auch Tierarzt Jean-Michael Hatt vom Zoo in Zürich.
"Ja, Transparenz ist das A und O in den Zoos. Ich glaube, es ist falsch, wenn wir Dinge hinter den Kulissen machen, die die Besucher als wichtig erachten, dass sie auch informiert sind und deshalb informieren wir im Zoo Zürich ganz offen über diese Sachen."
Transparenz sei auch der Grund gewesen, weshalb der Zoo in Kopenhagen das Giraffenfleisch für die Öffentlichkeit sichtbar später an Löwen verfüttert hat. Sie hätten zwar die Haut abziehen können, damit die Besucher nur rotes Fleisch sehen, ohne direkt zu erkennen, dass hier ein Löwe eine Giraffe frisst, aber das wäre nicht konsequent gewesen, so Mads Bertelsen. Dennoch hätten sie alle ihre Lektion gelernt.
"Wir Tierärzte und Zoomitarbeiter haben gelernt, dass die Öffentlichkeit mehr Wissen benötigt. Wir haben vielleicht ignoriert, wie wenig naturnah und unrealistisch die meisten Menschen leben. Sie kaufen Fleisch im Supermarkt und wollen mitunter gar nicht wissen, dass dafür ein Tier geschlachtet wurde. Zoos stehen also in der Verantwortung, die Menschen darüber aufzuklären; nicht nur über Bushmeat und Tierhandel, sondern auch über grundlegende Dinge des Lebens wie: Raubtiere fressen Fleisch, Tiere sterben."
Und das müsse man den Besuchern nahebringen. Realismus ist nicht immer grausam, so Mads Bertelsen. Weder bei der öffentlichen Zerteilung des Tieres noch bei der anschließenden Verfütterung des Fleisches an die Löwen hätte er verängstige Kinder gesehen. Sie seien es auch, die am ehesten die Realität akzeptieren und begreifen, dass im Zoo Wildtiere und eben keine Kuscheltiere leben. Dass Transparenz langfristig der richtige Weg ist, hat Dänemark aktuell bewiesen. Zoodirektor Bengt Holst wurde diese Woche im Rahmen des Leserpreises der großen dänischen Zeitung "Politiken" für seine Offenheit und Prinzipientreue zum Kopenhagener des Jahres gewählt.