560 Schriftsteller aus aller Welt haben einen Aufruf gegen die Massenüberwachung der Zivilbevölkerung veröffentlicht. Unter dem Namen "Writers Against Mass Surveillance" fordern die Autoren, dass die UNO eine verbindliche "Internationale Konvention der digitalen Rechte" verabschiedet.
"Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr", heißt es in dem Appell. Jeder Bürger müsse das Recht haben, mitzuentscheiden, welche seiner persönlichen Daten gespeichert, gesammelt und verarbeitet werden und von wem. Er solle ferner das Recht haben, "zu erfahren, wo und zu welchem Zweck seine Daten gesammelt werden; und dass er sie löschen lassen kann, falls sie illegal gesammelt und gespeichert wurden".
Von Jelinek bis Tranströmer
Mit ein paar Mausklicks könnten Staaten unsere Mobiltelefone, unsere E-Mails, unsere sozialen Netzwerke und die von uns besuchten Internet-Seiten ausspähen, schreiben die Autoren. Unterstützt wird der Aufruf von den Literaturnobelpreisträgern Orhan Pamuk, Elfriede Jelinek, Günter Grass, Tomas Tranströmer und J.M. Coetzee. Weitere Unterzeichner sind Umberto Eco, Tom Stoppard, William Boyd und Daniel Kehlmann. Der Text wurde zeitgleich in 30 internationalen Zeitungen veröffentlicht. In Deutschland erschien der Aufruf in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Zu den Initiatoren gehören die Schriftsteller Ilja Trojanow, Eva Menasse und Juli Zeh. Trojanow sagte im Deutschlandfunk, dass Geheimdienste und Großkonzerne bei ihren Aktionen derzeit "sehr gewieft" Grauzonen ausnutzten. Um das Problem global zu lösen, wäre eine Konvention der UNO hilfreich. Zugleich räumte Trojanow ein: "Das ist natürlich eine eher utopische Forderung im Moment."
Hintergrund des Aufrufs sind vor allem die Berichte über massenhafte Ausspähung durch den US-Geheimdienst NSA. Aber auch Staaten wie China oder Russland stehen in der Kritik, die Internet- und Telekommunikationsdaten ihrer Bürger in großem Umfang abzuschöpfen.
Zeh: "Frühere Appelle ohne Reaktion"
Die deutsche Autorin Juli Zeh sprach bei bei der Vorstellung des Aufrufs "von einer Epochenwende, in der Bürgerrechte neu gedacht werden müssen". Enttäuscht zeigte sie sich von der Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Es hätte auch auf frühere Appelle keinerlei Reaktion gegeben, kritisierte die Autorin. Sie hoffe, dass aus diesem internationalen Appell eine Bewegung entstehe, der Druck auf die Regierungen ausübe, die Massenüberwachung zu stoppen.
Eine ähnliche Initiative für eine UNO-Konvention hatten auch Deutschland und Brasilien gestartet. Am Montag hatten die amerikanischen Technologie-Konzerne Google, Facebook, Microsoft, Apple, Twitter, LinkedIn, Yahoo und AOL in einem offenen Brief an US-Präsident Barack Obama und den Kongress in Washington Änderungen der Überwachungspraxis gefordert.