"Man kann arm sein, man kann Unglück haben, aber schließlich gibt es ja auch Menschen, die nicht sieben Monate hintereinander Unglück haben!"
"Du meinst, der Junge ist besonders untüchtig?"
"Ja, das meine ich!"
Eine Schlüsselszene gleich zu Beginn von Slatan Dudows "Kuhle Wampe". Berlin in den 20er Jahren: Vater Bönicke und Sohn Franz sind wie Tausende arbeitslos. Obwohl ja davon selbst betroffen, macht der Vater seinem Sohn dies zum Vorwurf. Verzweifelt und verstört springt der Junge in den Tod. Mit der Beschreibung dieser häuslichen Atmosphäre einer Berliner Arbeiterfamilie wollte Dudow die zersetzende kleinbürgerliche Ideologie beschreiben, die die Menschen daran hindert, die gesellschaftlichen Ursachen ihrer Misere zu erkennen.
"Und du, wie weit bist du gekommen, hast ja doch auch bloß die Stempelkarte in der Tasche!"
"Man braucht sich nicht den ganzen Tag auf der Stempelstelle herumdrücken und dann zu Hause noch frech werden! Tüchtige Leute kommen eben weiter!"
"Um Gottes willen, was sollen denn die Nachbarn denken!"
Der Familie wird bald darauf die Wohnung gekündigt. Ein neues Zuhause finden sie in der Gartenkolonie "Kuhle Wampe", eine Solidargemeinschaft für Arbeiter und Arbeitslose in einem Zeltdorf am Berliner Müggelsee. Hier entdeckt die Familie ihre proletarischen Wurzeln und wirkt an der Organisation eines Arbeitersportfests mit. Sportveranstaltungen der kommunistischen Verbände lebten damals von der klaren politischen Idee, mit ihnen das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Am Ende des Films steht die Aussage, dass nur dann etwas verändert werden kann, wenn die Arbeiterklasse solidarisch handelt.
Von dieser Solidarität hatte der ganze Film "Kuhle Wampe" profitiert. Als kollektive Produktion entstand er nach einer Idee Slatan Dudows. Bert Brecht war für das Drehbuch, Hanns Eisler für die Musik verantwortlich. Als der überzeugte Kommunist Dudow die Berliner Prometheus für einen Film über Arbeitslosenschicksale gewinnen konnte, wurden zugesagte Kredite durch Boykottdrohungen der Hugenberg-Presse wieder gekündigt. Es war die Zeit der Notverordnungen und braunen Aufmärsche in der Endphase der Weimarer Republik. Die Premiere am 30. Mai 1932 im Berliner Atrium-Kino wäre kaum zu Stande gekommen, hätten nicht fast alle Beteiligten auf Gagen verzichtet, so wie der Schauspieler Fritz Erpenbeck:
"Da hatten wir alle kein Geld. Da gab es allein 4000 bis 5000 erwerbslose Bühnenangehörige, Variete-, Zirkusleute, und vor allem Filmleute in Berlin. Und wenn das in diesen Arbeitsgebieten schon so war, nun dann kann man sich vorstellen, wie das in allen anderen Berufen aussah und welche Gelder nun für einen Film da waren, der nicht von einer großen Gesellschaft, nicht von der Ufa oder einer anderen gedreht wurde, sondern der von den Groschen der Arbeiter finanziert und gemacht werden musste."
Tausende Statisten für Sportfest-Szenen waren mit einer S-Bahn-Karte und einer Suppe zufrieden. Trotzdem ging die Prometheus-Film vor Ende der Dreharbeiten pleite. Als eine Züricher Gesellschaft einsprang, war der Film zwar bald im Kasten, aber noch lange nicht im Kino.
Neue Montags-Zeitung, 14. April 1932: "Das Verbot des Films Kuhle Wampe ist ein schwerer Schlag - nicht nur für die betroffene Firma selbst, sondern auch für alle, die dem Bankrott der bürgerlichen Produktion, ihrem künstlerischen und finanziellen Bankrott, etwas Positives gegenüberzustellen versuchen."
In der Darstellung des jungen Arbeitslosen, den die Notverordnungen offensichtlich in den Tod treiben, sah die Berliner Film-Prüfstelle eine Beleidigung der Justiz. Bertolt Brecht bemerkte ironisch, dass der Zensor den Film wirklich verstanden hätte:
"Er ist weit tiefer in das Wesen unserer künstlerischen Absichten eingedrungen als unsere wohlwollendsten Kritiker. Er hat zum Beispiel ganz klar gesehen, dass der Selbstmord des jungen Arbeitslosen nicht individuell, sondern typisch gemeint war."
Nach zahlreichen Presseberichten und massiver Kritik an dem Verbot wurde der Film mit kleinen Änderungen doch noch freigegeben. Das endgültige Verbot aber erhielt der einzige kommunistische deutsche Spielfilm der Weimarer Zeit ein Jahr später unter den Nazis. Den Schluss des Films kann man fast symbolisch sehen. Begleitet von Hanns Eislers berühmtem Kampflied tauchen nach dem Sportfest die kommunistischen Jugendlichen ab in den Untergrund der Berliner S-Bahn-Tunnel.
"Du meinst, der Junge ist besonders untüchtig?"
"Ja, das meine ich!"
Eine Schlüsselszene gleich zu Beginn von Slatan Dudows "Kuhle Wampe". Berlin in den 20er Jahren: Vater Bönicke und Sohn Franz sind wie Tausende arbeitslos. Obwohl ja davon selbst betroffen, macht der Vater seinem Sohn dies zum Vorwurf. Verzweifelt und verstört springt der Junge in den Tod. Mit der Beschreibung dieser häuslichen Atmosphäre einer Berliner Arbeiterfamilie wollte Dudow die zersetzende kleinbürgerliche Ideologie beschreiben, die die Menschen daran hindert, die gesellschaftlichen Ursachen ihrer Misere zu erkennen.
"Und du, wie weit bist du gekommen, hast ja doch auch bloß die Stempelkarte in der Tasche!"
"Man braucht sich nicht den ganzen Tag auf der Stempelstelle herumdrücken und dann zu Hause noch frech werden! Tüchtige Leute kommen eben weiter!"
"Um Gottes willen, was sollen denn die Nachbarn denken!"
Der Familie wird bald darauf die Wohnung gekündigt. Ein neues Zuhause finden sie in der Gartenkolonie "Kuhle Wampe", eine Solidargemeinschaft für Arbeiter und Arbeitslose in einem Zeltdorf am Berliner Müggelsee. Hier entdeckt die Familie ihre proletarischen Wurzeln und wirkt an der Organisation eines Arbeitersportfests mit. Sportveranstaltungen der kommunistischen Verbände lebten damals von der klaren politischen Idee, mit ihnen das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Am Ende des Films steht die Aussage, dass nur dann etwas verändert werden kann, wenn die Arbeiterklasse solidarisch handelt.
Von dieser Solidarität hatte der ganze Film "Kuhle Wampe" profitiert. Als kollektive Produktion entstand er nach einer Idee Slatan Dudows. Bert Brecht war für das Drehbuch, Hanns Eisler für die Musik verantwortlich. Als der überzeugte Kommunist Dudow die Berliner Prometheus für einen Film über Arbeitslosenschicksale gewinnen konnte, wurden zugesagte Kredite durch Boykottdrohungen der Hugenberg-Presse wieder gekündigt. Es war die Zeit der Notverordnungen und braunen Aufmärsche in der Endphase der Weimarer Republik. Die Premiere am 30. Mai 1932 im Berliner Atrium-Kino wäre kaum zu Stande gekommen, hätten nicht fast alle Beteiligten auf Gagen verzichtet, so wie der Schauspieler Fritz Erpenbeck:
"Da hatten wir alle kein Geld. Da gab es allein 4000 bis 5000 erwerbslose Bühnenangehörige, Variete-, Zirkusleute, und vor allem Filmleute in Berlin. Und wenn das in diesen Arbeitsgebieten schon so war, nun dann kann man sich vorstellen, wie das in allen anderen Berufen aussah und welche Gelder nun für einen Film da waren, der nicht von einer großen Gesellschaft, nicht von der Ufa oder einer anderen gedreht wurde, sondern der von den Groschen der Arbeiter finanziert und gemacht werden musste."
Tausende Statisten für Sportfest-Szenen waren mit einer S-Bahn-Karte und einer Suppe zufrieden. Trotzdem ging die Prometheus-Film vor Ende der Dreharbeiten pleite. Als eine Züricher Gesellschaft einsprang, war der Film zwar bald im Kasten, aber noch lange nicht im Kino.
Neue Montags-Zeitung, 14. April 1932: "Das Verbot des Films Kuhle Wampe ist ein schwerer Schlag - nicht nur für die betroffene Firma selbst, sondern auch für alle, die dem Bankrott der bürgerlichen Produktion, ihrem künstlerischen und finanziellen Bankrott, etwas Positives gegenüberzustellen versuchen."
In der Darstellung des jungen Arbeitslosen, den die Notverordnungen offensichtlich in den Tod treiben, sah die Berliner Film-Prüfstelle eine Beleidigung der Justiz. Bertolt Brecht bemerkte ironisch, dass der Zensor den Film wirklich verstanden hätte:
"Er ist weit tiefer in das Wesen unserer künstlerischen Absichten eingedrungen als unsere wohlwollendsten Kritiker. Er hat zum Beispiel ganz klar gesehen, dass der Selbstmord des jungen Arbeitslosen nicht individuell, sondern typisch gemeint war."
Nach zahlreichen Presseberichten und massiver Kritik an dem Verbot wurde der Film mit kleinen Änderungen doch noch freigegeben. Das endgültige Verbot aber erhielt der einzige kommunistische deutsche Spielfilm der Weimarer Zeit ein Jahr später unter den Nazis. Den Schluss des Films kann man fast symbolisch sehen. Begleitet von Hanns Eislers berühmtem Kampflied tauchen nach dem Sportfest die kommunistischen Jugendlichen ab in den Untergrund der Berliner S-Bahn-Tunnel.