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Aufstand gegen die EEG-Umlage

Das Landgericht Chemnitz hat die Klage eines Unternehmens abgewiesen, das sich im Nachteil sieht, weil es nicht wie viele große Firmen von der EEG-Umlage ausgenommen ist. Hinter der Klage steht der Gesamtverband textil+mode, der die Umlage für verfassungswidrig hält - und sich dabei auf den Kohlepfennig beruft.

Von Claudia Altmann |
    Jule Reimer: In der Strompreisdiskussion mit ihren Ausnahmen für große und energieintensive Unternehmen zeigte sich gestern erneut: Immer wenn einzelne von Lasten befreit werden, dann muss dies schon gut begründet sein, um die anderen zu überzeugen, die dann die Rechnung zahlen sollen. Zu denen, die sich ärgern, weil sie die EEG-Umlage mittragen müssen, gehört der sächsische Textilhersteller Vowalon. Der hat seinen regionalen Energieversorger verklagt, weil er die Ökostromumlage für verfassungswidrig hält. Am Freitagmorgen hat das Landgericht in Chemnitz sein Urteil in diesem Fall gesprochen. Sachsen-Korrespondentin Claudia Altmann, wie ist es ausgefallen?

    Claudia Altmann: Die Klage wurde abgewiesen. Die Richterin konnte der Argumentation, dass es sich bei der EEG-Umlage um eine verfassungswidrige Angelegenheit handelt, nicht folgen.

    Reimer: Worum geht es bei dem Verfahren?

    Altmann: Das mittelständische Unternehmen hat seinen Energielieferanten verklagt, weil es die gezahlte EEG-Umlage zurückhaben wollte und fühlt sich vor allem bei der Ausgleichsregelung benachteiligt. Es sagt, das ist ungerecht. Bislang war es so, dass Firmen ausgenommen, begünstigt wurden, wenn sie einen Energiebezug von 10 GWh pro Jahr hatten und die Stromkosten 15 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmachten. Ab 2013 kommen nicht wie bisher 600 bis 700 Firmen, sondern eventuell 2000 in den Genuss dieser Begünstigungen, weil jetzt schon ein Energiebezug von einer GWh ausreicht und ein Stromanteil von 14 Prozent an der Bruttowertschöpfung. Vowalon ist davon nicht betroffen. Sie haben zwar fünf GWh Verbrauch pro Jahr, aber nur zehn Prozent Anteil an der Bruttowertschöpfung.

    Reimer: Auch andere mittelständische Unternehmen haben gegen die Ökostromumlage geklagt, weil sie sich bei der Befreiung benachteiligt fühlten. Die haben ja in der Regel verloren.

    Altmann: Ja, das ist richtig. Es gibt ein Unternehmen in Baden-Württemberg und ein anderes in Bayern. Auch sie sind gescheitert an den jeweils zuständigen Landgerichten und sind in die nächste höhere Instanz gegangen, an die Oberlandesgerichte. Das wird auch Vowalon machen, weil es der Meinung ist, dass es sich um eine Wettbewerbsverzerrung handelt und durch die steigenden Energiepreise, die damit verbunden sind – in dem sächsischen Unternehmen sind das 2013 275.000 Euro zusätzlich zum Strompreis – die Firma sagt: Damit werden wir ungleich behandelt gegenüber den europäischen Konkurrenten. Bei einem Unternehmen, das 40 Prozent Auslandsanteil an seinem Verkauf hat, ist das schon beachtlich.

    Reimer: Welche Signalwirkung geht jetzt von dem Urteil in Chemnitz aus?

    Altmann: Es sind wichtige Urteile, denn – so seltsam es klingen mag – die Kläger, die eigentlich verloren haben, sind mit dem Urteil zufrieden. Denn eigentlich geht es ihnen um das große Ganze, nämlich eine Reformierung der gesamten EEG-Umlage. Dazu müssen sie aber nach Karlsruhe, um zu beweisen, dass diese verfassungswidrig ist. Der Gesamtverband textil+mode steht hinter den Firmen und steht eigentlich auch am Anfang dieser ganzen Aktion. Denn er hat die Firmen ermutigt und unterstützt sie auch in jeder Hinsicht dabei. Der Verband hatte ein verfassungsrechtliches Gutachten erstellen lassen, das die Verfassungswidrigkeit festgestellt hat, und bezieht sich dabei auf den sogenannten Kohlepfennig. 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass diese Art der Förderung der deutschen Steinkohle über den Strompreis verfassungswidrig ist. Dieser Argumentation folgt der Verband und möchte das gern in Karlsruhe durchsetzen. Bevor sich die obersten Richter aber damit befassen, muss der ordentliche Rechtsweg in allen Instanzen ausgeschöpft sein. Das kann allerdings noch dauern. Das Ziel des Verbandes ist eine gerechtere Finanzierung der Energiewende. Nicht die Bundesregierung sollte per Gesetz entscheiden und die Umlage ständig erhöhen können. Stattdessen sollte die Finanzierung etwa über die Steuer erfolgen und das Parlament mit dem Haushalt darüber entscheiden. Das wäre gerechter, würde die Finanzierung auf breitere Schultern stellen und den Firmen mehr Planungssicherheit geben.