Norbert Hofer von der Freiheitlichen Partei Österreichs, FPÖ, wäre Ende Mai beinahe Bundespräsident von Österreich geworden, unterlag bei der Stichwahl allerdings überaus knapp dem grünen Kandidaten Alexander van der Bellen. Die FPÖ erkannte das Wahlergebnis nicht an, und nachdem der Verfassungsgerichtshof Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung monierte, muss die Wahl nun Anfang Oktober wiederholt werden.
Vor der Wahl im Mai gab es ein ungewöhnliches "Fernsehduell" zwischen Hofer und van der Bellen, für das die beiden Kandidaten ohne Moderation einfach nur vor die Kamera an einen Tisch gesetzt wurden.
Hofer erklärte bei dieser Gelegenheit, was ihn von van der Bellen unterscheide: Der ehemalige Grünen-Chef sei bloß ein Vertreter des sogenannten Systems, und er werde deshalb auch von bloßen Vertretern dieses "Systems" unterstützt. Er, Hofer, dagegen sei eine andere Sorte Politiker:
"Und genau dieses System fühlt sich unwohl, wenn jetzt jemand kommt und von den Menschen gewählt wird, und sagt: Das System ist mir nicht wichtig, mir sind die Menschen wichtig."
Van der Bellen fragte, wie Hofer sich denn erkläre, dass die europäischen Nachbarn und auch die Vertreter der Europäischen Union von einer Wahl Hofers abrieten. Hofer antwortete:
"Von wem werden wir gewählt? Von Juncker? Von Schulz? Von der ARD? ‚Das Recht geht vom Volke aus‘, damit meine ich auch in dem Zusammenhang, dass es sich die Österreicher nicht gefallen lassen müssen, dass ein Herr Juncker, und andere aus dem Ausland auch, uns vorschreiben wollen, wen wir zu wählen haben."
Gegen das System, gegen das Establishment
Das System, die Europäische Union, irgendwelche Ausländer, die Medien auf der einen Seite - die Menschen, die Österreicher, und mit ihnen die FPÖ auf der anderen Seite: So scharf und klar, wie Norbert Hofer für sein Publikum die Welt unterteilt, so macht es auch Marine Le Pen vom Front National in Frankreich:
"Je suis la candidate des jeunes, je suis la candidate anti-systeme…"
So haben die Brexit-Befürworter in Großbritannien gewonnen, so reden auch die Vertreter der AfD in Deutschland. Es ist ein Merkmal der Sprache des Rechtspopulismus.
Thomas Niehr ist Sprachwissenschaftler an der RWTH Aachen. Die Sprache der Politik ist sein Forschungsgegenstand. Niehr sagt, die rechtspopulistischen Parteien hätten in der Tat ihre eigene Sprache:
"Wobei man auch Rechtspopulisten natürlich nicht über einen Kamm scheren kann, aber es gibt sicherlich Gemeinsamkeiten bei den Rechtspopulisten."
Zu denen auch Donald Trump gezählt werden kann, der in wenigen Tagen zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner in den USA gewählt werden will.
"We have a movement going on folks. You have the establishment, they don’t know what they are doing. They have no clue. We have a silent majority that’s no longer so silent, it’s now the loud, noisy majority, and we are going to be heard!”
Was dem Hofer das System, ist dem Trump das Establishment. Und auch Trump erklärt seine Anhänger zum "Wir", zur bislang schweigenden Mehrheit, die nun endlich gehört werde.
"Wenn ich von einer Flut spreche, muss ich mich vor der Gefahr schützen"
Die Sprachwissenschaftler unterscheiden solche Sprachmuster von den jeweils propagierten Inhalten und Zielen. Leicht ist das nicht: Die Sprache transportiert die Inhalte natürlich - aber wie sie das tut, welche Mittel angewendet werden, das versuchen Linguisten wie Thomas Niehr zu erklären.
Zur scharfen Trennung zwischen "Wir" und "Die" kommt demnach vor allem eines hinzu: Die unmittelbare Bedrohung des "Wir", des "Eigenen":
"Beispielsweise werden durch den Gebrauch bestimmter Wörter immer wieder Bedrohungsszenarien eröffnet. Wenn Sie an die Flüchtlingsdebatte denken, dann fängt es damit an, dass sehr häufig nicht von Individuen gesprochen wird, sondern es wird von einem Flüchtlingsstrom, einer Flüchtlingswelle, einer Flüchtlingsflut gesprochen. Wenn ich von einer Flut spreche, dann liegt es nahe, dann auch im Bild zu bleiben; dann muss ich mich vor dieser Gefahr schützen, und wie tue ich das, beispielsweise indem ich Dämme baue."
Aus dem verwendeten Sprachbild ergeben sich also Konsequenzen. Und die Forscher sagen: Auch wenn wir aufgeklärten Bürgerinnen und Bürger glauben, dass wir unsere Meinung stets und ausschließlich von Sachinformationen abhängig machen - die Sprachmuster wirken tiefer, sie rufen Wertvorstellungen ab. Oft genug glauben wir nur, dass wir selber denken:
"Alles das kriegen wir vielleicht in der Geschwindigkeit, in der Kommunikation auch in den Medien passiert, gar nicht so bewusst mit."
Doch ein Begriff präge immer auch die Wahrnehmung:
"Der Flüchtlingsstrom aus dem Kosovo nach Baden-Württemberg reißt nicht ab, im Gegenteil… Wir haben den Zustrom aus Bürgerkriegsregionen… Jetzt schauen wir einmal auf die Flüchtlingsströme, woher kommen die vielen Menschen…"
"Wassermetaphorik, so was wie Welle, Strom, Flut, und so weiter. Das hat ja einen Subtext, solche Wörter. Man muss eigentlich dann gar nicht mehr weiter explizit machen, es ist eigentlich klar, was gemeint ist, nämlich eben die Gefahr, vor der man sich schützen muss. Und das, denke ich, ist schon entscheidend. Vielleicht wird uns das auch gar nicht so sehr bewusst, aber damit ist immerhin schon ein gewisser Rahmen gesetzt."
"Sprache ist wichtig, um eigene Werte zu transportieren"
Der sprachliche Rahmen, auf den Niehr hier anspielt, er bestimmt demnach die Sichtweise auf die Welt. Rahmen heißt "Frame" auf Englisch, und die Fähigkeit, den engen Zusammenhang von Sprache und Wahrnehmung zu nutzen, heißt deshalb "Framing". In den USA gehört die Rede vom Framing seit Jahren zu jedem Wahlkampf: Wer in Amerika über Politik redet, bewertet immer auch das Framing: Ist es etwa gelungen, den Gegner als Kriminellen zu "framen", oder konnte dieser sich aus diesem Wahrnehmungskontext wieder befreien?
"Ich kann für Europa feststellen, dass wir noch sehr viele Debatten über Framing brauchen, weil das Bewusstsein in Europa, oder gerade wenn ich das österreichische Beispiel nehme, noch nicht sehr ausgeprägt ist, wie wichtig Sprache ist, um ein eigenes Weltbild, die eigenen Werte zu transportieren."
Der Wiener Meinungsforscher Christoph Hofinger hat sich intensiv mit der Sprachpolitik in Österreich befasst. Die Parteien der politischen Mitte, sagt er, hätten der FPÖ bisher einfach zu wenig entgegenzusetzen gehabt:
"Bei manchen mag es daran liegen, dass sie überhaupt nicht genau wissen, was ihr eigener Wertekanon ist. Bei den meisten Politikern können wir aber annehmen, dass sie schon ein Bewusstsein für ihre Werte, für ihre Programmatik haben."
Während allerdings die FPÖ in 30 Jahren ihr Weltbild ganz stringent sprachlich vermittelt habe:
"Die FPÖ ist in ihrer politischen Sprache ausgesprochen präzis, macht sehr selten Kurswechsel, und erreicht dadurch, dass ihre Botschaften durch konsequente Wiederholung auf verschiedenen Ebene über die Jahre hinweg sehr im Bewusstsein breiter Teile der Öffentlichkeit verankert werden."
In die Falle des Framings getappt
Auch Wahlforscher wie Hofinger glauben nun nicht, dass allein die sprachliche Konsequenz zu politischem Erfolg führt. Doch habe etwa die FPÖ auf diese Weise die Herausforderung durch die Flüchtlinge seit dem vergangenen Jahr optimal für sich nutzen können:
"Die Freiheitliche Partei hat Österreich als ein Haus mit einem Garten beschrieben, wo selbstverständlich sei, dass man drum herum einen Zaun bildet. Sie hat die Frage der Flüchtenden in erster Linie als Sicherheitsproblem geframed. Die österreichischen Regierungsparteien in der Ära Faymann sind den Freiheitlichen hier in die Falle getappt, weil sie auch das Framing des Sicherheitsdiskurses übernommen haben."
Hofinger nennt ein Beispiel:
"Die Zentrumspolitiker haben kurz vor der Wahl aus wohl auch taktischen Motiven Initiativen gesetzt, und dabei etwa eine Milliarde Euro für das österreichische Bundesheer beschlossen, darüber hinaus eine Milliarde zusätzlich für die Polizei, haben aber die Themen Bildung Arbeitsmarkt nicht erwähnt und dort keine Geldmittel versprochen."
So sei jedoch bloß die Botschaft verbreitet worden: Die FPÖ hat schon recht, Flüchtlinge sind gefährlich.
Während die etablierten Parteien also noch mit ihren eigenen Strategien gegen die rechtspopulistischen Parteien hadern, verfügen diese selbst über ein sehr geschärftes Bewusstsein, wie Wortwahl und Themensetzung funktionieren.
"Methaphorische Sprachbilder aus Diskursen von Faschisten"
Elisabeth Wehling lehrt Sprach- und Kognitionswissenschaft an der Universität in Berkeley, Kalifornien, ihr Blick ist US-amerikanisch und damit weit deutlicher von der Zwei-Lager-Sicht geprägt als der vieler Europäer. Die gebürtige Hamburgerin berät aber auch Politiker in Deutschland. Wehling sagt, dass die eher konservativen und auch rechtspopulistischen Parteien seit Jahrzehnten eine viel erfolgreichere Sprachpolitik als die anderen Parteien betrieben.
Die Rechtspopulisten hätten es derzeit auch deshalb so leicht, weil sie eingeführte Sprach- und Denkmuster fortsetzen könnten:
"Die docken ganz klar an, sie docken an an viel neoliberales Gedankengut und Sprachgut aus den USA und Europa, das wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben. Sie sind natürlich beim Thema Migration und auch Flüchtlinge ganz groß am Abschöpfen von metaphorischen Sprachbildern, die wir kennen aus Diskursen der Faschisten, aus Diskursen der Tea Party in den USA - die Idee des parasitären Befalls, die Idee des nahezu untergehenden Bootes, der Flüchtlings-Tsunamis, das ist alles gegriffen aus der - naja, rechtspolitischen bis hin zu rechtsextremen sprachlichen, gedanklichen Mottenkiste der letzten Dekaden, wenn nicht Jahrhunderte."
Die politische Linke dagegen habe Mühe, zu einer Sprache zu finden, die ihre Werte auch glaubwürdig transportiere, erklärt Wehling. Das linke Lager kommuniziere nicht authentisch. Wer zum Beispiel den Begriff der "Steuerlast" übernehme, müsse sich nicht wundern, dass es nicht gelinge, die Vermögenden und Besserverdiener wirksamer zu besteuern. Es sei doch offensichtlich, dass solche Schlagworte eher konservative Ideen transportierten:
"Und insofern: Ja, da besteht Nachholbedarf. Da kann sicher viel gemacht werden auf dem linkspolitischen Flügel nicht nur in Deutschland, auch in Österreich, in Europa, in Amerika im Übrigen auch. So würde ich das einordnen: Die Metaphern, die Frames derzeit, geben konservativen Strömungen und Gruppen und auch zentrum-konservativen Gruppen wirklich das Zepter des sprachlichen Handelns in die Hand."
Zwiespältig fällt Wehlings Antwort darauf aus, ob die Medien den Rechtspopulisten - um im königlichen Bild zu bleiben - dazu noch den Reichsapfel in die andere Hand gedrückt hätten. Soll heißen: Haben die Medien die Rechtspopulisten möglicherweise erst groß gemacht? In Teilen ja, erklärt die Sprachwissenschaftlerin:
"Immer als kommunikative Handlanger letztlich, und zwar in dem Sinne, dass natürlich Trump - und auch die AfD in Deutschland und andere Gruppen in ganz Europa - mit besonders intensiven Thesen und großem Lärm daherkommen und entsprechend aufgegriffen werden, und natürlich die Medien immer in dieser Schere stecken: Auf der einen Seite zu berichten, was interessant ist, was sensationell ist, was Aufmerksamkeit bringt - auf der anderen Seite aber zu überlegen: Was tun wir da, wem bereiten wir Boden, und wem geben wir wie Raum?"
"Das Verschweigen ist keine Option"
Es sei schwierig, sich in den gängigen journalistischen Formaten - Interviews oder Talkshows - von den sprachlichen Vorgaben der Rechtspopulisten abzusetzen:
"Innerhalb dieser Argumente dann kritisch Nachfragen bringt immer nur wenig. Denn in dem Moment, wo zum Beispiel ‚Lügenpresse‘ proklamiert wird von der AfD, und dann die Journalisten kritische Gespräche mit AfD-Mitgliedern zu dem Thema führen - innerhalb des Frames, also des sprachlichen, gedanklichen Deutungsrahmens der ‚Lügenpresse‘, haben sie sich immer in die Idee bereits eingekauft ein Stück weit, und mögen innerhalb der Idee dann kritisch nachfragen. Aber Idee ist erst einmal groß auf dem Tablett der politischen Diskussion."
"Man kann sagen, dass die Rechtspopulisten unserer Tage eines sehr genau verstanden haben. Man kann die Medienregeln, die Regeln des Mediensystems, die Regeln des Journalismus, die Orientierung am Extrem, die Orientierung an der Provokation, am Normalitätsbruch benutzen in einem härter werdenden Kampf um Aufmerksamkeit. Es geht Rechtspopulisten und Populisten gleich welcher Couleur häufig darum, schlicht und einfach durchzudringen, vorzukommen, auf der Bewusstseinsfläche des anderen und der vielen anderen eine Rolle zu spielen," sagt der Tübinger Medienforscher Bernhard Pörksen.
Die klassischen Medien hätten keine andere Wahl, als die Rechtspopulisten zu Wort kommen zu lassen. Selbst wenn die einzelnen Redaktionen nicht die Absicht hätten, ihnen Platz zu geben. Das Internet habe den öffentlichen Raum verändert, das Netz begünstige die Radikalisierung von Meinungen und Stimmungen aller Art, die Auseinandersetzung damit sei unausweichlich.
"Das Verschweigen ist keine Option in einer Medien- und Kommunikationsgesellschaft, auch die Dämonisierung ist keine sinnvolle Möglichkeit, es macht wenig Sinn, einen populistischen Agitator mit maximalem Wutgeheul zu attackieren. Das heißt, es geht um die differenzierte Analyse, um die differenzierte Kritik, um eine Mischung von Konfliktbereitschaft auf der einen Seite, aber auch um die präzise Analyse, das Nicht-Abgleiten in eine Form des aggressiven Pauschalismus, der wieder nur Märtyrerpositionen begünstigt."
Schmaler Grat zwischen extremem Rand und grundgesetztreuer Mehrheit
Zunächst aber kommen Medien - selbst wenn sie zu jeder Differenzierung bereit und sogar fähig wären - kaum darum herum, auf bestimmte Provokationen einzugehen. AfD-Parteisprecherin Frauke Petry hat im März in einem Schreiben an die Parteimitglieder erklärt, um sich medial Gehör zu verschaffen, seien, Zitat: "pointierte, teilweise provokante Aussagen unerlässlich". Zu einer ausführlicheren Darstellung der AfD-Positionen habe man dann in einem zweiten Schritt Gelegenheit.
Ob Parteivizechef Alexander Gauland genau das vorhatte, als er in einem berühmt gewordenen Diktum im Mai erklärte, viele Deutsche wollten den Fußballspieler Jerome Boateng nicht als Nachbarn haben, sei dahin gestellt. Vieles spricht dafür, dass das eher ein Kommunikationsunfall war. Er selbst sagte:
"Boateng war ein falsches Beispiel, aber - ich kannte den Fußballer gar nicht weiter, ich wusste auch gar nicht, dass er farbig ist…"
Doch die Masche "erst provozieren, dann relativieren, Hauptsache Sendezeit", funktioniert so gut wie immer. Sprachwissenschaftler Niehr:
"Da ist gern eine Floskel, da sei man missverstanden worden, und dann nimmt man schrittweise etwas wieder zurück."
Die Rechtspopulisten müssten allerdings den Grat erwischen zwischen der Anschlussfähigkeit an die grundgesetztreue Mehrheit - und dem Rand, der mit extremem Sprachmaterial gefüttert werden wolle. Niehr verweist auf eine Anekdote aus dem Mai, als AfD-Chefin Frauke Petry im Münchener Hofbräukeller auftrat. Die Wahl des Ortes hatte einige Aufregung verursacht:
Petry: "Ich muss sagen, das ist für uns gar nicht schlecht, soviel in der Presse zu erscheinen, ich denke, da müssen wir uns gar keine großen Gedanken machen. Ich bin gefragt worden, warum ausgerechnet der Hofbräukeller? Weil er viel Platz bietet und nicht weil hier irgendjemand schon mal gesprochen hat, das beanspruchte die AfD einfach für sich."
"Das ist eine interessante Bemerkung. ‚Irgendwer‘ ist Adolf Hitler, der hat eine seiner ersten Reden, seiner öffentlichen, im Hofbräuhaus gehalten. Und natürlich weiß die Szene das, das ist insofern ein symbolträchtiger Ort. Und auch indem man sagt, das ist nicht der Grund dafür und nicht einmal den Namen nennt, hat man natürlich diesen Frame geöffnet und allen, die es wissen wollen und die es hören wollen, zu verstehen gegeben: Na klar, genau deshalb ist das der Ort unserer Wahl."
Rechtspopulistische Parteien können sich nur selbst gefährlich werden - wenn sie sich untereinander zerstreiten. Das jedenfalls hoffen und glauben in Deutschland viele. Es könnte eine trügerische Hoffnung sein. Auch der Front National in Frankreich hat tiefe Krisen - nicht zuletzt innerhalb der Familie Le Pen - sehr gut überlebt.
"Portez, mes chers amis, partout en France ce message: La France peut se relever… Vive le Front National, vive la République, vive la France!"
Der Wiener Wahlforscher Hofinger sagt, dass der Kampf um die Sprache, die Themen und die Wahrnehmung noch lange nicht entschieden ist:
"Was Wähler und Wählerinnen in der Mitte auszeichnet - sowohl in Deutschland als auch in Österreich - ist, dass sie aus zwei Perspektiven auf die meisten Themen schauen können, gerade auf die Flüchtlingsfrage."
Es gelte nun, die Perspektive der AfD nicht zu übernehmen und stärker zu machen, sondern ihr etwas entgegen zu setzen.
"Der Wettbewerb ist einer, der gerade beginnt in Deutschland; und es ist durchaus spannend zu beobachten auch aus Österreich, ob die gleichen Fehler begangen werden wie bei uns in Österreich, oder ob die Parteien in Deutschland zu eigenen Strategien finden."
Auf Vernunft setzen reicht nicht
Entscheidend ist nach Meinung der Sprach- und der Wahlforscher: Die Parteien, denen es um gesellschaftlichen Zusammenhalt und Ausgleich geht, müssen es schaffen, die Gefühle anzusprechen, die für diesen Zusammenhalt gebraucht werden: Solidarität, Mitgefühl, Freude an Andersheit, Neugier, Großmut, Solidarität, auch Optimismus. Es werde nicht reichen, auf reine Vernunftgründe zu setzen - etwa ökonomisches Fortkommen, Einsicht in die Zwänge der Globalisierung, sagt Hofinger:
"Die Aufklärung ist in den letzten 200 Jahren immer dann an ihre Grenzen gestoßen, wenn sie Emotionen negiert hat. Die Emotionen breiter Gesellschaftsschichten werden sehr wichtig, wenn sie vor allem ein Gefühl der Ungerechtigkeit und der Kränkung erzeugen, und da kommt eine Aufklärung mit reinen Vernunftargumenten - Zahlen, Daten, Fakten - sofort an ihre Grenzen."