Es erinnert an den Empfang eines Popstars: Riesige türkische Fahnen werden geschwenkt, Handylichter blitzen, als Recep Tayyip Erdogan, damals noch Ministerpräsident der Türkei, im Mai 2014 in der Kölnarena spricht.
Es war so etwas wie ein Auftakt: Im vergangenen Sommer gab es, wiederrum in Köln, nach dem gescheiterten Putsch-Versuch in der Türkei, eine große Demonstration von rund 50.000 Erdogan-Anhängern. Organisiert wurden beide Veranstaltung von der Union Europäisch Türkischer Demokraten, kurz UETD, so etwas wie dem verlängerten Arm von Erdogans AKP-Partei. Und nun, gut einen Monat bevor in der Türkei über ein Verfassungsreferendum abgestimmt wird, ist es wieder so weit:
"Also, es brennt die Bude."
Sagt Bülent Bilgi. Wer den 40-Jährigen Generalsekretär der UETD in diesen Tagen sprechen will, erreicht ihn am besten im Auto. Denn Bilgi organisiert wieder zwei Veranstaltungen mit türkischen Regierungsmitgliedern: Am Samstag will der türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim in Oberhausen vor rund 10.000 Anhängern sprechen. Doch bereits heute gibt es einen öffentlich bisher wenig wahrgenommen Termin in einem Kölner Hotel:
"Der türkische Außenminister wird in Deutschland sein und im Zuge dieses Aufenthaltes haben wir ein Programm veranstaltet, wo er zu der türkischen Community sprechen wird."
So UETD-Generalsekretär Bilgi:
"Das Thema wird unter anderem sein das bevorstehende Referendum in der Türkei."
Yildirim will für das Verfassungsreferendum in der Türkei werben
Am 16. April wird in der Türkei über eine Verfassungsreform abgestimmt, die Präsident Erdogan weitreichende Machtbefugnisse geben soll. Im Ausland lebende Türken können ihre Stimme in einem Zeitraum Ende März bis Anfang April abgeben.
"Es ist ein Unding, dass die türkische Staatsregierung hier den Boden der Auseinandersetzung sucht, um in der Tat Keile zu treiben bei den Türkei-stämmigen in Nordrhein-Westfalen."
Sagt dagegen Rainer Schmeltzer, Integrationsminister in NRW – und erntet parteiübergreifend Zustimmung: Der Grünen-Fraktionschef Cem Özdemir meint, Yildirim werbe für einen Staat von Präsident Erdogans Gnaden, die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen verlangt, der Werbefeldzug für eine türkische Diktatur müsse unterbunden werden. Doch bereits im vergangenen Sommer, vor der großen Pro-Erdogan-Demonstration in Köln, klangen die Töne ähnlich:
"Wir beobachten mit großer Sorge, wie sich Türkei immer mehr von den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit entfernt und damit auch von der EU und den freiheitlich-demokratischen Prinzipien der internationalen Staatengemeinschaft."
Appellierte damals NRWs Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, SPD.
"Meine Bitte an alle hier im Land lebenden Bürgerinnen und Bürger mit türkischen Wurzeln: Tragen Sie einen innenpolitischen Konflikt der Türkei nicht in ihre Wahlheimat Nordrhein-Westfalen, in ihre Familien, in ihre Freundeskreise und auch nicht in ihre Herzen."
Spitzelvorwürfe belasten das Verhältnis
Seitdem hat sich das Verhältnis noch mals verschlechtert: Erst gestern hatte die Polizei im Zuge der Spitzel-Vorwürfen gegen den türkisch-islamischen Moscheeverband DITIB Wohnungen von vier Imamen durchsucht. Ein Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat der türkischen Regierung zudem vorgeworfen, Einfluss auf den Schulunterricht nehmen zu wollen. Für UETD-Generalsekretär Bilgi wird DITIB dagegen gerade systematisch demontiert:
"Die DITIB hat über Jahre hervorragende Integrationsarbeit geleistet. Die DITIB hat mit Behörden, mit der Stadtverwaltung gearbeitet, mit der Landesregierung. Plötzlich soll die DITIB nicht mehr gut genug sein."
Den Vorwurf, er treibe mit seinen Veranstaltungen einen Keil in die Gesellschaft, kann Bilgi nicht nachvollziehen:
"Es ist ja nichts Verwerfliches daran, dass ein Regierungsvertreter seine Staatsbürger in einer wichtigen Angelegenheit aufklärt und informiert und ich denke, dass gehört in der Demokratie dazu."
"Das ist der Preis der Demokratie."
Sagt auch Serap Güler, CDU-Landtagsabgeordnete in NRW mit türkischen Wurzeln und Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Proteste gebe es gegen den AfD-Bundesparteitag in Köln oder eben gegen solche Veranstaltungen. Letztendlich könne nur die Polizei die Veranstaltungen aus Sicherheitsbedenken untersagen. Auch in Oberhausen wird es eine Gegen-Demonstration geben. Doch die Hürden für eine Absage sind hoch – und laut Güler geht es letztendlich um mehr:
"Nichtsdestotrotz müssen wir uns überlegen, wie wir diese Menschen, die jetzt dort in Massen hinfahren nicht für die türkische, sondern für uns begeistern können. Das sehe ich als unsere Aufgabe. Aber ich würde da nicht an den rechtsstaatlichen Prinzipien rütteln, was das Demonstrationsrecht oder die Versammlungsfreiheit betrifft."