Ein Abstecher in die Schweiz, den Renate Gampeter so schnell nicht vergessen wird: In einem Café am Konstanzer Münster erzählt sie, was sie gerade erlebt hat:
"Heute bin ich in die Schweiz gefahren. Und als ich an der Kasse zahlen wollte, kam die Antwort: Wir haben die Direktive. Hier werden keine Euros angenommen."
Also rüber auf die andere Straßenseite, zur Schweizerischen Migros-Bank, Geld wechseln, Euro in Franken tauschen. Aber:
"Vor mir standen alles Schweizer mit dicken Bündeln in der Hand, um Euro zu kaufen."
Denn fast von einem Augenblick zum anderen bekamen die Eidgenossen rund 20 Prozent mehr Euro für ihre Schweizer Franken und nutzten in den grenznahen Banken die Gunst der Stunde. Und heute, am Tag danach?
"Wird kommen von Ermatingen, in der Schweiz gegenüber. Ich glaube, dass wird für uns sensationell."
"20 Prozent, das macht viel aus. Das ist viel. Das ist enorm viel."
Einkaufen im deutschen Grenzgebiet wird noch billiger
Für Camilla und Eric Cristinger aus dem Schweizerischen Ermatingen ist die Stärkung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro eine Nachricht, wie sie besser nicht sein könnte: Jetzt wird Einkaufen in Konstanz noch günstiger, wie es ohnehin schon mal war. Vor zehn Jahren bekamen sie 65 Cent für einen Euro, vor zehn Tagen 80 Cent - und jetzt: einen Euro. Und das bedeutet: für die Schweizer war Einkaufen im deutschen Grenzgebiet bislang schon ein Schnäppchen - jetzt, nach dem der Franken quasi von einem Moment zum anderen um 20 Prozent stärker geworden ist, erst recht. Peter Hermann ist Chef des Konstanzer Lago-Shoppingzentrums, nur einen Steinwurf von der Grenze zur Schweiz entfernt:
"Unser Besucheranteil an Schweizern, der hat sich bei etwa einem Drittel eingependelt. Wir erwarten uns natürlich, dass sich nun der eine oder andere Schweizer noch mehr nach Konstanz zum Einkaufen begibt, sodass wir in den nächsten Wochen mit einem einstelligen Zuwachs rechnen dürfen. Jetzt spart man nochmals 20 Prozent mehr. Also jetzt ist es für den Schweizer auch sehr attraktiv, eine oder gar zwei Stunden Fahrzeit in Kauf zu nehmen."
Das freut den Einzelhandel in der Grenzregion zur Schweiz. Manche Anwohner reagieren allerdings genervt. Denn noch mehr Schweizer bedeutet: noch längere Staus, noch längere Schlangen an den Kassen in den Geschäften.
"Jetzt werden wir noch mehr überschwemmt. Wir werden keine Parkplätze haben. Wir kommen nicht in unsere Stadt. Wir begrüßen das nicht sehr. Wir haben unsere Stadt gar nicht mehr für uns."
Gewinner und Verlierer
Und so stellt Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, folgerichtig fest:
"Eine so markante Verschiebung im Wechselkurse hat immer Gewinner und Verlierer."
Auf der Gewinner-Seite stehen demnach all diejenigen Unternehmen im deutschen Grenzgebiet, die Waren in die Schweiz liefern. Das...
" ... ist jetzt über Nacht um 15 bis 20 Prozent preisattraktiver geworden. Es profitieren unsere Pendler: Wer in der Schweiz arbeitet, freut sich über eine Gehaltserhöhung."
Auf der Verliererseite stehen diejenigen Schweizer Unternehmen, die wiederum über die Grenze exportieren; deren Produkte verteuern sich um einen Schlag um 20 Prozent. Ebenfalls, so die Prognose von Marx, wird der Schweizer Tourismus gewaltig unter der Aufwertung des Franken leiden. Selbst viele Schweizer buchen nun lieber ihre Skiferien im benachbarten und günstigeren EU-Ausland, beispielsweise im österreichischen Vorarlberg, als im eigenen Land. Und dann gibt es noch eine Verlierergruppe: Deutsche Autofahrer, die bislang zum Tanken in die Schweiz fuhren, wegen der deutlich günstigeren Benzinpreise dort.
"Der Effekt wird jetzt natürlich markant abgeschwächt. Und wenn Sie bedenken, dass die sinkenden Rohölpreise auch bei uns zu sinkenden Preisen an der Tankstelle geführt haben, werden jetzt viele beim Tanken zuhause bleiben."