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Auge für Wasser

Raumfahrt. - In der Nacht zum Montag startet die europäische Raumfahrtagentur Esa einen Erdbeobachtungssatelliten, der sich speziell um Bodenfeuchtigkeit und Salzgehalt der Meere kümmern soll. In SMOS setzt die Agentur große Hoffnungen, um künftig Wettervorhersagen und Klimamodelle zu verbessern.

Von Dirk Lorenzen |
    SMOS heißt das neueste Mitglied der europäischen Erdbeobachtungsfamilie. SMOS steht für Soil Moisture and Ocean Salinity, also Bodenfeuchte und Salzgehalt der Meere. Der Name ist Programm für den Forschungssatelliten, dessen Betrieb Susanne Mecklenburg am Esa-Forschungszentrum in Frascati bei Rom leiten wird.

    "Bodenfeuchte ist eine der Variablen, die sehr sehr wichtig sind für den Wasserkreislauf der Erde. Im Moment gibt es In-Situ-Messungen. Das heißt, man nimmt Bodenproben und bestimmt daraus, wie viel Wasser sich im Boden befindet. Was wir mit der SMOS-Mission das erste Mal haben werden, sind globale Messungen dieser Variable. Das ist etwas sehr Neues, etwas sehr Sensationelles, kann man fast sagen, was wir vorher noch nie hatten."

    Wetterradar und Satellitenbilder zeigen bisher nur, wo es regnet. Was genau mit dem Wasser passiert, ob es im Boden versickert oder schnell wieder verdampft, lässt sich bisher nicht erkennen. Dabei spielt der Wasserkreislauf eine äußerst wichtige Rolle bei Klimamodellen und Wettervorhersagen – denn je nach Bodenfeuchte wird unterschiedlich viel Sonnenstrahlung für das Verdampfen des Wassers gebraucht. Zudem brauchen die Meteorlogen solche Daten, um besser vor extremen Wettersituationen warnen zu können, etwa Überschwemmungen. Susanne Mecklenburg:

    "Die natürliche Bodenfeuchte liegt zwischen null und 50 Prozent. Alles, was darüber liegt, bedeutet, dass der Boden im Prinzip gesättigt ist. Dann würde man einen Oberflächenabfluss sehen. Wenn es zu viel regnet und der Boden gesättigt ist, sieht man im Prinzip das Regenwasser abgleiten. Das sind Dinge, die wir gerne wissen möchten und das ist auch wichtig für eine hydrologische Vorhersage."

    SMOS soll in gut 750 Kilometern Höhe um die Erde kreisen, auf einer Bahn über die Pole hinweg. 100 Minuten braucht der Satellit für einen Umlauf. An Bord ist nur ein Messinstrument, das in langen Streifen im Mikrowellenbereich die Abstrahlung der Erdoberfläche vermisst. Faustregel: Je feuchter der Boden, desto geringer seine Abstrahlung. Susanne Mecklenburg und ihr Team interessieren sich nicht nur für die Daten von den Landmassen, sondern auch von den Meeren.

    "Wir messen neben der Bodenfeuchte auch noch den Salzgehalt der Ozeane. Das mag Sie vielleicht verwundern, dass wir da zwei unterschiedliche wissenschaftliche Gruppen vereinigen. Das liegt einfach pur am Messsystem, das wir benutzen. Das hat natürlich den Vorteil, dass der Ozeansalzgehalt auch eine sehr wichtige Variable ist im Wasserkreislauf. Das ist für uns genauso interessant zu sehen und auch da haben wir keine globalen Messungen."

    Je salziger das Wasser ist, desto geringer strahlt die Wasseroberfläche. Der Salzgehalt des Meerwassers bestimmt vor allem die Dichte des Wassers. Schweres, salzreiches Wasser sinkt ab und steuert so die weltweite Zirkulation in den Meeren, der wir zum Beispiel den warmen Golfstrom und damit das gemäßigte Klima in Europa verdanken. Wie salzhaltig das Meerwasser ist, bestimmt ein komplexes Wechselspiel von Niederschlag und Verdunstung. Mit SMOS wollen die Forscher nun diese Phänomene weltweit präzise untersuchen und erstmals in die Wetter- und Klimamodelle einfließen lassen, erklärt Volker Liebig, Geophysiker und Esa-Direktor für Erderkundung:

    "Wir versuchen mit den Earth Explorer Missions immer neue Parameter zu erforschen. Wir haben andere, wir haben gerade den Satelliten Goce gestartet, der das Erdschwerefeld untersucht. Wir werden in Kürze einen starten, der die Eisdickenmessungen an den Polen machen wird, Cryosat. Wir haben weitere Missionen, die schauen auf Aerosole und Strahlungsbilanz und andere Parameter."

    Die verschiedenen Satelliten sollen beim Organismus Erde gleichsam Puls, Blutdruck, Lungenvolumen und so weiter bestimmen. Die Daten ergeben kombiniert ein umfassendes Bild vom Zustand unseres Heimatplaneten. Der SMOS-Satellit, dessen Mission gut 300 Millionen Euro kostet, wird Bodenfeuchte und Salzgehalt mindestens bis zum Jahr 2013 messen, vermutlich sogar deutlich länger.