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Augsburg
Größte Evakuierungsaktion seit dem Zweiten Weltkrieg

Ausgerechnet an Weihnachten: Viele Augsburger müssen bei Verwandten oder in Notunterkünften Unterschlupf suchen. 54.000 Menschen haben ihre Wohnungen in der Innenstadt am ersten Weihnachtsfeiertag wegen der Entschärfung einer 1,8 Tonnen schweren Weltkriegsbombe verlassen.

    Eine Straßensperre weist mit einem Schild auf den Gefahrenbereich hin.
    Im Radius von 1,5 Kilometern um die Fundstelle ist die Augsburger Innenstadt gesperrt. (Tobias Hase, picture alliance / dpa)
    Am frühen Sonntagmorgen begann die bundesweit größte Evakuierungsaktion in Deutschland seit 1945. "Die Atmosphäre in der Stadt ist gespenstisch. Kein Mensch auf den Straßen, kein Gesicht hinter den Fensterscheiben", teilte die Stadt Augsburg auf einer eigens eingerichteten Internetseite mit. Die Schutzzone umfasste weite Teile der Innenstadt in einem Radius von rund 1.500 Metern um die Fundstelle des bei Bauarbeiten entdeckten Sprengkörpers.
    Die Evakuierung zog sich länger als geplant bis in den Nachmittag. Grund dafür war Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl zufolge, dass mehr bettlägerige Menschen als zuvor bekannt durch Krankentransporte aus der Schutzzone heraus gebracht werden mussten. In dem Gebiet befinden sich auch Senioren- und Pflegeheime. Für die betroffenen Anwohner wurden auf dem Messegelände sowie in Turnhallen und Schulen Notunterkünfte eingerichtet. Am frühen Abend kam dann die erlösende Nachricht: Über Twitter teilte die Stadt gleich in mehreren Sprachen mit: Die Bombe wurde erfolgreich entschärft:
    Bombentyp wurde sehr häufig über deutschen Städten abgeworfen
    Die Einsatzkräfte prüften vor Beginn der Entschärfung Haus für Haus, ob sich noch Menschen in dem Gebiet befanden. "Während der Entschärfung besteht in der Schutzzone Lebensgefahr", warnte die Polizei über Twitter. Die Evakuierung verlief der Polizei zufolge friedlich, sich widersetzende Anwohner gab es demnach nicht. Die Polizei war mit 900 Einsatzkräften vor Ort, um die Schutzzone abzusichern.
    Gegen 15 Uhr konnte Gribl schließlich mitteilen: "Die Evakuierung ist vollzogen." Zwei Sprengmeister des Kampfmittelräumdienstes begannen daraufhin mit der Entschärfung der britischen Fliegerbombe. Es gebe Erfahrungen mit diesem Bombentyp, er sei von der Royal Air Force gegen Ende des Zweiten Weltkriegs sehr häufig über deutschen Städten abgeworfen worden, hieß es. Nach der Entschärfung werde es möglicherweise eine kontrollierte Sprengung der Zünder geben. Dabei könne es zu Knallgeräuschen kommen, warnte die Stadt.
    "An einem Werktag wäre die Evakuierung ungleich schwieriger"
    Nachdem die Bombe am 20. Dezember entdeckt worden war, hatten sich die Behörden bemüht, die Bürger über die Evakuierung zu informieren. Dabei gingen sie auch auf die Frage ein, warum die Bombe ausgerechnet am ersten Weihnachtsfeiertag entschärft werden muss. "An einem Werktag wäre die Evakuierung ungleich schwieriger, da auch der ganze Arbeits- und Geschäftsbetrieb beeinträchtigt wäre. An einem Feiertag gibt es zudem weniger Verkehr", erläuterte die Stadt.
    Zwar gehe von der Fliegerbombe keine Gefahr aus, aber nach Vorgabe des Kampfmittelräumdienstes dürfe die Entschärfung nicht länger verschoben werden, da sie durch die Bauarbeiten bereits freigelegt wurde. "Es wurde deshalb der erste mögliche Sonn- oder Feiertag genommen."