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Auguste de Villiers de L'Isle-Adam
Ein Leben wie ein Roman

Seine "Grausamen Erzählungen" gelten als Höhepunkte der Phantastischen Literatur und als frühes Beispiel des Symbolismus. Zu Lebzeiten erreichte Auguste de Villiers de L'Isle-Adam jedoch nie ein großes Publikum. Mit 51 Jahren starb er am 18. August 1889 bitterarm in Paris.

Von Maike Albath |
    Blick auf Sacré-Coeœur de Montmartre am Donnerstag (23.06.2011) im französischen Paris.
    Auguste Comte de Villiers de L'Isle-Adam war Stammgast in den einschlägigen Cafés und Salons von Paris. (Friso Gentsch / dpa)
    Zitat Auguste Comte de Villiers de L'Isle-Adam:
    "Glaub mir, Victor Hugo wird für immer in seinem Leichentuch aus Ruhm und Unsterblichkeit schnarchen ... Ich weiß, dass ich den Geistes-Thron, auf dem er sitzt, erklimmen werde. Man muss ihn im Sturm nehmen!"
    Ein selbstbewusster junger Mann ergreift hier 1855 das Wort. Sein alter bretonischer Name schien ihm Grund genug: Auguste Comte de Villiers de L'Isle-Adam. Allerdings war das Adelsgeschlecht längst verarmt. Daran konnten auch die halsbrecherischen Investitionen seines Vaters nichts ändern, der in der Bretagne ein Dutzend alter Landsitze erwarb in dem Glauben, dass dort während der Revolution zur Seite geschaffte Juwelen und Gold vergraben lagen. Mehr als ein Silberservice im Château de Chefdubois fand er nicht. Alle Hoffnungen ruhten nun auf Auguste. Berühmt sollte er werden, sehr berühmt!
    Stammgast in einschlägigen Cafés und Salons
    Nichts schien dem 18-Jährigen leichter. Dafür musste er zuerst einmal ein Bohemien-Dasein pflegen. Er freundete sich mit Mallarmé an, sprach bei Baudelaire vor, ließ sich einen Bart stehen, wickelte sich in einen weißen Seidenschal und wurde Stammgast in einschlägigen Cafés und Salons. 1859 veröffentlichte Auguste de Villiers seinen ersten Gedichtband, was allerdings kaum jemandem auffiel. Der aufbrausende Bretone zelebrierte weiter genussvoll seine Genialität und brachte sich 1862 wegen seiner adligen Familienbande gar als Anwärter auf den griechischen Thron ins Spiel – so zumindest kolportierten es die Brüder Goncourt. Eine Liebesbeziehung mit einer nicht ganz gesellschaftsfähigen Dame zerrte im Jahr darauf an seinen Nerven:
    "Ich habe Dich angebetet, Louise, und zwar lange und dabei angstvoll gelitten: aber, bah, Du hast recht: Jedes tiefere Gefühl muss für eine passable Liebesnacht geopfert werden."
    Villiers ging scharf mit dem neuen Nützlichkeitsdenken ins Gericht; auch die kultische Verehrung von Reichtum war ihm zuwider. In den Salons war man hingerissen von seinem Eifer, aber der Durchbruch ließ auf sich warten. Unbeirrbar gründete er eine ambitionierte Zeitschrift, die allerdings nach 25 Nummern wieder einging. Eine Verlobung mit der Tochter der Dichters Théophile Gautier platzte, weil seine Familie eine derartige Mesalliance für unangebracht hielt. Unterdessen entdeckte der Schriftsteller sein Gespür für abgründige Geschichten und beschloss, sich von Edgar Allen Poe inspirieren zu lassen. An Mallarmé schrieb er:
    "Sollte ich lang genug leben, werde ich für die Bourgeoisie das tun, was Voltaire für die Kleriker tat, Rousseau für die Adligen und Molière für die Ärzte. Es scheint, als besäße ich Talent für die Groteske, wovon ich bisher nichts wusste ... Natürlich sieht es so aus, als würde ich die Bourgeoisie lieben, aber in Wirklichkeit töte ich sie wie Kaninchen."
    Ende der sechziger Jahre begeisterte er sich für Wagner und nahm flammend für dessen umstrittene Musik Partei. Seine finanzielle Lage blieb desaströs, ab und zu verdingte er sich als Box-Trainer. Gegen Geld saß er auch im Wartezimmer eines Irrenarztes und gab zu Reklamezwecken vor, ein kurierter Verrückter zu sein. 1881 gebar ihm seine Geliebte Marie Dantine, die Witwe eines Straßenfegers, einen Sohn. Ein Jahr später bemühte sich der Comte de Villiers um das Amt eines Bezirksrates. Seine Forderungen waren erneut bühnenreif: Abriss des Pantheons! Abriss der Großen Oper! Die Wahl scheiterte, aber 1883 veröffentlichte er den Band "Grausame Erzählungen".
    Beunruhigende Tableaus zwischen Wahn und Wirklichkeit
    "'Wer ist da?', fragte ich leise. Das Licht verlosch. Ich ging zur Tür. Die Tür öffnete sich. Langsam, ohne jegliches Geräusch. Vor mir im Gang stand eine hohe schwarze Gestalt, ein Priester, den dreieckigen Hut auf dem Kopf. Der Mond beleuchtete ihn; nur das Gesicht war tief umschattet."
    Das Genre der phantastischen Erzählung lag Villiers: Stilistisch glänzend gestaltet, gelangen ihm beunruhigende Tableaus, die zwischen Wahn und Wirklichkeit changierten. Mit nur 51 Jahren starb Auguste de Villiers de L'Isle-Adam am 18. August 1889 an Magenkrebs, bitterarm. Dass er kurze Zeit nach seinem Tod als Vorläufer des Symbolismus verehrt werden würde, hätte zu seinen hochfliegenden Plänen gepasst.