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Aus der deutschen PKW-Maut
Erleichterung im französischen Grenzgebiet

Freude bei deutschen Händlern und französischen Pendlern: Die PKW-Maut für Autobahnen ist erstmal vom Tisch. Pläne für Gegenmaßnahmen der Region Grand Est bleiben in der Schublade.

Von Tonia Koch |
Wegweiser nach deutschland und nach Frankreich , aufgenommen in Schengen in Luxemburg am 07.03.2016. Signs after Germany and after France Date in Schengen in Luxembourg at 07 03 2016
Französische Grenzregionen hatten sich bereits auf die deutsche PKW-Maut vorbereitet. Nun hat der Europäische Gerichtshof diese gekippt. (imago stock&people)
Das deutsch-französische Grenzgebiet darf aufatmen. Er sei erleichtert, sagt Schuh-Händler Max Schönberg. Die Industrie- und Handelskammer Saarland ist nach verloren geglaubtem Kampf gegen die deutschen Mautpläne überrascht und zufrieden zugleich, so IHK-Vertreter Carsten Peter: "In der Vergangenheit war es doch immer so, dass wir erwartet haben, dass es in Luxemburg ein Urteil gegen die Maut gibt, jetzt gibt es das und das finden wir sehr gut." Und der saarländischen Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger ist zum Jubeln zumute: "Europa sei Dank! Der Europäische Gerichtshof hat dem Maut-Murks einen Riegel vorgeschoben."
Vergebliches Hoffen auf die Bundesregierung
Das gesamte Grenzgebiet von der Schweiz bis an den Niederrhein hatte lange gehofft, dass die Bundesregierung ein Einsehen haben würde und zumindest den kleinen Grenzverkehr von der PKW-Maut ausnehmen würde - vergeblich. Und quer durch die Reihen haderten Kaufleute, Arbeitnehmer, Arbeitgeber damit, dass die Lebenswirklichkeit vor Ort bei dieser Entscheidung unberücksichtigt blieb.
Schuh-Händler Max Schönberg sagt: "Die Grenzen sind in den Köpfen der Menschen weg, scheinbar in den Köpfen der Politiker immer noch da. Aber der Mensch, der fährt nicht ins Ausland einkaufen sondern der fährt auf die nächste Autobahn und geht zwei Autobahnausfahrten weiter in Saarbrücken, in Aachen oder in Saargemünd einkaufen."
Viele Kunden aus Frankreich
Schönberg ist Schuhhändler mit Läden in der Saarbrücker Innenstadt und macht wie alle anderen Händler in der Stadt einen guten Teil seiner Umsätze mit der französischen Kundschaft. Je nach Tag und Branche variierten diese natürlich, aber im Schnitt rechnet der Einzelhandel mit 30 bis 40 Prozent französischen und luxemburgischen Kunden.
Ein Kunde steigt aus einem Fahrzeug mit Luxemburger Kennzeichen. Er sei französischer Grenzgänger und auf dem Weg zum Einkaufen habe er von der Entscheidung zur Maut gehört - ohne die Einzelheiten zu kennen: "Ich arbeite überall in der Grenzregion, in Luxemburg, Frankreich, Deutschland, Belgien." Für gute Straßen sei er auch bereit zu zahlen, wenn die Nutzungstarife erträglich seien. Nein, sagt eine andere Grenzgängerin, sie habe es nicht als nicht richtig empfunden, dass den Deutschen Autofahrern in Aussicht gestellt worden sei, die KFZ-Steuer zu senken.
IHK: Maut würde Handel begrenzen
Diese Form der Diskriminierung darf nicht sein, sagt der Europäische Gerichtshof. Die 18.000 Pendler freut es. Eine Maut als Eintrittskarte ins deutsche Grenzgebiet hätte sich jedoch nicht allein auf die Pendler und den Handel negativ ausgewirkt sondern auf viele Bereiche, sagt Carsten Peter, bei der IHK zuständig für Grenzüberschreitende Mobilität.
"Es ist ja so, dass mittlerweile Menschen aus Luxemburg oder aus Lothringen auch ins Saarland kommen um nicht nur ein einziges Produkt, Nudeln oder so zu kaufen, weil es hier zufällig mal günstiger ist sondern häufig in der Kombination, sie kaufen hier ein, gehen noch ein Eis essen, besuchen noch eine Ausstellung, gehen ins Kino. Fällt das weg, fallen alle diese Aktivitäten weg", so Peter.
Geplante Gegenmaßnahmen in Frankreich
Überdies wäre von französischer Seite möglicherweise mit Gegenmaßnahmen zu rechnen gewesen, glaubt Händler Schönberg: "In Frankreich wären Vergeltungsmaßnahmen gekommen, sie können ha heute, das Elsass Lothringen fast Maut frei fahren."
In der Tat haben sich die französischen Regionen von Mühlhausen über Straßburg bis Metz auf die deutsche PKW-Maut vorbereitet. Der Präsident Grand Est, Jean Rottner, vertritt die Interessen der französischen Grenzregionen, hat deshalb Paris vorsorglich darum gebeten, seine Zuständigkeit um die Verkehrspolitik zu erweitern.
Wenn Maut, dann europaweit einheitlich
"Wie sie wissen, verlaufen stark frequentierte Autobahntrassen rechts und links des Rheins. Und wenn die Maut eingeführt wird in Deutschland, dann wird sich ein großer Teil des Verkehrs von der deutschen auf die französische Seite verlagern und da müssen wir mit entsprechenden Maßnahmen reagieren können", sagt Rottner.
Wenn es nach den Wünschen der Grenzregion geht, dann bleibt die Maut in der Versenkung. Es sei denn, es findet sich ein einheitliches europäisches System.