"Wir haben unten etwa viereinhalbtausend Einzelhändler derzeit. Die Einzelhändler sind Mitglied, haben Anteile an den regionalen Genossenschaften - das sind zehn Genossenschaften, die wir zur Zeit haben - , die Genossenschaften haben wiederum Beteiligungen an der Edeka-Zentrale. "
Auf dem Tisch liegt die Festschrift: "100 Jahre Edeka. Gemeinsam gewachsen." Großformatig, 128 Seiten dick. Wolf-Eckard Lang, Direktor des Edeka-Verbands, erläutert die genossenschaftliche Struktur der Gruppe. Heute ist sie - vor der Metro, Rewe, Lidl, Aldi und Tengelmann - mit 30 Milliarden Euro Umsatz Deutschlands Lebensmittelhändler Nummer eins.
"Die Edeka-Zentrale AG & Co KG kann man auch als zentrale Genossenschaft bezeichnen, da sind alle Einzelgenossenschaften vertreten. Die Edeka-Zentrale koordiniert Einkaufsaktivitäten, aber als herausragende Tätigkeit des letzten Jahres ein einheitliches Werbekonzept für die ganze Gruppe, die letztlich wieder den Einzelhändlern zugute kommt."
Im Oktober vor 100 Jahre war in Leipzig der "Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften" gegründet worden. Nach dem Zusammenschluss folgte der entscheidende Schritt auf dem Weg zur heutigen Edeka dann am 25. November: die Gründung der "Zentraleinkaufsgenossenschaft des Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften", der heutigen Edeka-Zentrale.
Aus dem gemeinsamen Büro von Verband und Zentrale in Berlin wurde jetzt das Einkaufsvolumen aller einzelnen Genossenschaften zusammengefasst, bei Großhandel und Herstellern in die Waagschale geworfen. Persil, Dr. Oetkers Puddingpulver oder Maggi konnten so günstig angeboten und gemeinsam beworben werden. Ein eigener Verlag sorgte mit der Handelsrundschau dafür, die Mitglieder mit den aktuellen Angeboten zu erreichen, auch eigene Fabriken, wie für Nudeln, wurden später aufgebaut. 1914 wird die Edeka-Bank gegründet.
Günter Süllau ist einer von 4.500 Edekanern, die in diesem Jahr kräftig mitfeiern. Der Zweiundsechzigjährige hat sich 1970 mit dem ersten Laden selbstständig gemacht, betreibt heute drei Märkte in Holstein, beschäftigt 150 Mitarbeiter. Außerdem vertritt er seine Genossenschaft im Aufsichtsrat der Edeka Zentrale AG.
"Ich hab's mir mal aufgeschrieben: Selbstverantwortlich, selbstständig denken, handeln, Verantwortung tragen, und selbstständig auch für die Bilanz verantwortlich sein, das prägt eigentlich dann Edeka. "
Andreas Höhn aus Kehl am Rhein hat seinen ersten Laden von seinem Vater übernommen, einen weiteren aufgebaut und gerade 1000 Quadratmeter Fläche zusätzlich übernommen:
"Es ist jetzt so, dass ich jetzt dreißig mittlerweile von diesen 100 Jahren miterlebt habe, ich habe als Fünf-, Sechsjähriger habe ich schon kiloweise den Zucker ins Lager geschleift und bin jetzt hier angelangt an einer Stelle, wo ich auch stolz darauf bin, da mitarbeiten zu können. Und zwar mit der Freiheit des selbstständigen Kaufmanns, aber auch mit dem Know-how und der Logistik der Edeka, die einem doch in einer Art und Weise zur Seite steht, von der Standortsicherung über die Ladenplanung, Ladendesign, über Belieferung, über dermaßen viele Dinge, die man einfach braucht, um in diesem, muss ich leider sagen, sehr ruinösen Wettbewerb bestehen zu können. "
Angefangen hat die Erfolgsgeschichte der Edeka mit dreizehn kleinen Einkaufsgenossenschaften. Damals schon als treibende Kraft dabei: Der Berliner Kaufmann Fritz Borrmann. 1921 wird er Generaldirektor der Edeka, bleibt dies über das Jahr 1933 hinaus bis 1937. Sein Nachfolger Paul König, auch schon vor 1933 mit Borrmann im Vorstand, bleibt bis 1966 im Amt. Diese Kontinuität in der Edeka-Führung wirft Fragen auf. Denn viele zum großen Teil in jüdischem Besitz befindliche Kaufhäuser müssen 1933 ihre Lebensmittelabteilungen zunächst schließen. Die aus der Arbeiterbewegung gewachsenen Konsumgenossenschaften leiden zunächst unter Boykottaktionen. Später werden sie gleichgeschaltet und in der Möglichkeit, den Mitgliedern Rabatte zu geben, eingeschränkt. Viele ihrer Funktionäre werden verhaftet, schließlich werden sie vollständig aufgelöst und enteignet. Die Edeka und ihre Führung dagegen bleiben weitgehend unangetastet. Der Historiker Sven Tode vom Hamburger Institut für Firmen- und Wirtschaftsgeschichte, der das Fachlektorat für die Festschrift der Edeka übernommen hat, über die Ungleichbehandlung der Genossenschaften:
"Die Konsumgenossenschaften sind den NSDAP-Leuten häufig ein Dorn im Auge insofern, als sie eben durch die Arbeiterbewegung gegründet wurden und viele dort Funktionäre von Sozialdemokraten und Kommunisten waren. Und um auf die Edeka zu kommen: Da ist es eben Mittelstand. Und Mittelstandspolitik ist eine Zeit lang durchaus gewollt und durchaus gefördert von den Nationalsozialisten - mit Absicht auch, auch als Gegengewicht gegen jüdische Unternehmungen, ja. "
"Kaufmann, nicht Händler!" - unter dieser Parole agiert die Mittelstandspolitik des NS-Regimes, unter dieser Parole findet im November 1933 der Deutsche Handelstag statt - die Edeka ist mit mehreren Fest-Wagen beim Umzug dabei. Schon am 31. März 1933, als andere noch daran glauben, der braune Spuk sei bald beendet, heißt es in der Edeka-Handelsrundschau:
Der Edeka-Verband hat es für seine selbstverständliche Pflicht angesehen, den Kampf gegen Warenhäuser, Großfilialen, Einheitspreisläden und Konsumvereine tatkräftig zu organisieren und zu führen (...), weil er es nicht zulassen durfte, dass der kaufmännische Mittelstand (...) in dem von jenen Wirtschaftsformen erzeugten Sumpf versank. So ist der Edeka-Verband nicht nur als Vorläufer, sondern als ein aktiver Mitarbeiter der nationalen Revolution zu bezeichnen.
Diese Zusammenhänge finden sich nicht in der Festschrift, aber immerhin wird der letzte Satz zitiert: Nach 1945 stellt sich die Edeka dagegen als Opfer des Nationalsozialismus dar. Mittlerweile schreibt sie, dass Fritz Borrmann Mitglied der NSDAP war, im Buch zum hundertsten Geburtstag ist sogar von der Arisierung dreier Weinkeltereien die Rede.
Zurück in die Geschichte: Wo sich nach Einführung der Gewerbefreiheit Spezialgeschäfte, Konsumvereine und Kaufhäuser herausbilden und zu einer bedrohlichen Konkurrenz für die Kaufleute heranwachsen, bleiben diese eigenbrötlerisch, sehnen sich zurück nach alten Zeiten. Erst in den 1880er Jahren beginnen sie, sich um die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage zu kümmern, entstehen hier und da aus der Not heraus die ersten regionalen Einkaufsgenossenschaften, aus denen 1907 schließlich die Edeka und später die Rewe hervorgehen.
Fritz Borrmann, seit 1921 Chef des Edeka-Verbands, der Zentrale, der Bank und des Verlags in Personalunion, kämpft auch auf politischer Bühne für die Interessen seines Standes, wettert gegen das Treiben der "Kaufleute neuen Stils", der "Pseudo-Kaufleute", die die Gewerbefreiheit nur "benutzen". Zweimal, 1924 und 1928, zieht er für die Reichspartei des deutschen Mittelstands in den Reichstag ein. Sven Tode:
"Borrmann war ja praktisch der entscheidende Vertreter der Edeka auf Reichsebene, wenn man so will, und hat sich auch politisch engagiert und hat natürlich auch versucht, das auf den Verbandstagen rüberzubringen, zu sagen, das ist unsere Interessenslage: Hier sind die Konsumgenossenschaften, gegen die wollen wir uns abgrenzen, auf der anderen Seite sind die großen Kaufhäuser, gegen die wollen wir uns abgrenzen. Und die Wirtschaftspartei ist natürlich ein Interessenverband, um diese Interessen eben des Mittelstands durchzusetzen."
Die sich als "nationalgesinnte" Partei bezeichnende Splitter-Gruppierung macht gleichermaßen gegen Großkapital und sozialistische Bestrebungen Front, setzt sich für "deutsches Recht und deutsche Freiheit" ein. Sie kämpft gegen den Versailler Vertrag und fordert "die allmähliche Abkehr von den entarteten Formen des Parlamentarismus". Sie will, so wörtlich, "Raum schaffen, dass Menschen Persönlichkeiten werden können, willig zum Folgen, fähig zum Führen", fordert den "Anschluss Deutsch-Österreichs" sowie die "Wiedererwerbung deutscher Kolonien". 1930 beteiligt sie sich in Thüringen an der ersten Landesregierung, in der auch die NSDAP vertreten ist, 1932 dagegen stützt sie als Zünglein an der Waage noch die Regierung Brüning.
Bis 1914 ist der Umsatz der damals 72 Edeka-Genossenschaften auf zehn Millionen Mark gestiegen. 1931 machen 430 Genossenschaften mit knapp 27.000 Geschäften einen Umsatz von 267 Millionen Reichsmark, 143 Millionen davon werden über die Edeka-Zentrale abgewickelt. Dennoch bleibt die Lage der Kaufleute bedrohlich. Die Bedeutung der NSDAP mit ihrer Politik gegen Konsumgenossenschaften und Warenhäusern gewinnt an Gewicht. Quer durch alle Branchen wählen überdurchschnittlich viele kleine Händler und Selbstständige am Ende die Partei, der zwar Borrmann, so Sven Tode, nicht aber die Edeka insgesamt, noch kritisch gegenüberstehen:
"Es gab auch Edekaner, die Borrmann kritisch gesehen haben. Beispielsweise war ja die Wirtschaftspartei das Zünglein an der Waage bei der Regierung Brüning. Und da wurde gesagt, na ja, also sagen wir mal, Gruppen, die eher rechts von der Wirtschaftspartei standen, wieso unterstützt man dieses Präsidialkabinett, oder wieso unterstützt man überhaupt die Regierung Brüning mit den Sozialdemokraten und dem Zentrum zusammen, da hat Borrmann sich auch Kritik anhören müssen."
Als die Mittelstandspartei bei den Wahlen 1932 ins Bodenlose fällt, unternimmt der Edeka-Verband offiziell den Versuch, so Borrmann,
... durch leitende Persönlichkeiten unserer Genossenschaften, die als Funktionäre bei der NSDAP tätig sind, Berufsgenossen auf die Kandidatenliste der Reichstagswahl zu bringen.
Zugleich erhebt er aber noch seine, so wörtlich, "warnende Stimme":
Die Unzufriedenheit unserer Berufsgenossen hat sich zu einer Verurteilung des ganzen parlamentarischen Systems gesteigert. Eine gänzliche Wandlung der wirtschaftlichen Verhältnisse, ja man kann sagen, "alles Heil" wird von der kommenden Regierung oder Diktatur erwartet.
Ist das Skepsis gegenüber der NSDAP oder spricht hier enttäuschte Liebe? Sven Tode betont, dass Borrmann stets Demokrat geblieben ist, der nur ein Ziel verfolgt: die Interessen des Mittelstands.
"Und da sucht er sich Verbündete. Das kann das Zentrum sein, das kann die DNVP sein, das kann gegebenenfalls auch die NSDAP sein, in Teilen, das ist auch eine Möglichkeit. "
Aber die "völkische" Partei lehnt eine besondere Vertretung von Standesinteressen ab, sagt nein zum Ansinnen des Edeka-Verbands. Borrmann, der später, wie viele seiner Kollegen aus der Wirtschaftspartei, der NSDAP beitritt, muss aber ...
... dankbar anerkennen, dass sich die NSDAP, die nach dem 31. Juli dieses Jahres die größte und ausschlaggebendste Partei sein wird, die Mittelstandsforderungen zu eigen gemacht hat.
Zweifel hegt Borrmann, ob die NSDAP genügend Spielraum für eine genossenschaftliche Struktur ließe. Andererseits hetzt die Partei im "Völkischen Beobachter" gegen Konsumvereine und Warenhäuser, zertrümmert ihr "Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand" Schaufenster und Ladeneinrichtungen, organisiert nach der Machtübertragung an Hitler schlagkräftige Boykottaktionen. Im März 1933 fordert die Edeka ihre Mitglieder auf, den örtlichen Kampfbünden der NSDAP beizutreten, am 18. April schaltet sie sich freiwillig gleich. In ihrer Festschrift verzichtet die Edeka darauf, diesen aus der Organisation heraus folgerichtigen Weg und seine Zusammenhänge darzustellen. Sie nennt Borrmann als NSDAP-Mitglied, nennt auch einen Kaufmann, der sich dem Widerstand angeschlossen hat und individualisiert so das Problem. Marliese Kalthoff, die Sprecherin der Edeka:
"Die Edeka-Gruppe war im Grunde genommen das Spiegelbild dieser Gesellschaft, mit allen Mitläufern, mit allen sicher auch nationalsozialistischen Ideologien, nur die Gruppe war nie ein Konzern. Insofern gab es nicht 28.000 Edeka-Einzelhändler, die begeistert vom Führer waren. Unter dem Strich bleibt das Ergebnis, da muss man auch gar nichts schönreden, offen hat sicher niemand zum Widerstand aufgerufen, aber es gab durchaus einige Einzelhändler, wie in Bamberg oder Berlin, die sich im Widerstand organisiert hatten. "
Sebastian Kretschmer, der eine von der Edeka geförderte Dissertation über den institutionellen Wandel der Gruppe geschrieben hat und heute als Referent der bei CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen arbeitet, nimmt die Edeka als Organisation ins Blickfeld:
"Die Edeka hatte die Wahl, entweder sich mit den neuen politischen Begebenheiten abzufinden und sich einzugliedern entsprechend den Vorstellungen des Nationalsozialismus oder sich dagegen zu wenden und damit die Selbstauflösung zu besiegeln. Man hat sich dann schon entschieden, dem Nationalsozialismus beizutreten, hat entsprechend auch die Selbstgleichschaltung beschlossen, und in einem Zitat heißt es, die Kaufleute sollen den Ladentisch als Kanzel für den Führer benutzen, das zeigt, man hat sich schon gemein gemacht."
Mit der Gleichschaltung von unten bleibt Fritz Borrmann, der mächtige Generaldirektor, im Amt. Mit Fritz Lösch wird ihm lediglich jemand an die Seite gestellt, der jedoch zu ihm aufblickt, ihn ehrfurchtsvoll "Vater Borrmann" nennt und ihm freie Hand lässt. Das Foto vom Verbandstag im Juni 1933 zeigt ihn in NS-Uniform am Rednerpult, im Hintergrund Hakenkreuzfahnen, weitere Edekaner in Uniformen im Saal. 1957 druckt die Edeka das Foto zum fünfzigsten Jubiläum - fein säuberlich retuschiert: keine Fahne, keine Uniform ist zu sehen - nur weiße Westen.
Die Umsätze der Konkurrenz gehen 1933 und in den Jahren darauf deutlich zurück. Die der Edeka schießen zwar nicht in den Himmel, und einige Edekaner müssen auch weiter um ihre Existenz fürchten. Doch die Edeka insgesamt entwickelt sich stabil, ab 1934 stiegen die Umsätze der Gruppe. "Im Gleichschritt in die Hölle" lautet die Überschrift, unter der die Jahre 1933 bis 1945 in der Edeka-Festschrift dargestellt werden. Neben der so genannten Anpassung an den Nationalsozialismus werden hier die Eingliederung der Edeka in dessen Wirtschaftssystem, die Vernichtung der Juden und schließlich eine Reihe von Erfolgsmeldungen behandelt. So expandiert die Edeka im Saarland und im annektierten Österreich. Trotz der übergroßen Gesamtzahl von Lebensmittelhändlern, unter der die Kaufleute insgesamt leiden, machen sich bis Ende 1938 - diese Information stammt von der Website der Edeka - stolze 731 Jung-Edekaner selbstständig. Bei Kriegsbeginn 1939 zählt die Edeka 525 Genossenschaften mit rund 45.000 Mitglieds-Geschäften. Hat die Edeka - anders als die am Ende zerstörten Konsumgenossenschaften und die - in Anführungsstrichen - "arisierten" Kaufhäuser vom Nationalsozialismus profitiert? Sven Tode und Sebastian Kretschmer:
"Dann sind natürlich alle gewachsen. Jeder ist gewachsen. Der Anschluss Österreichs ist ja nicht ein Teil, den man der Edeka zugeben kann. Natürlich ist es klar, wenn Österreich ans Reich angeschlossen wird, ist es ein Teil des Reiches, wenn das Sudetenland angeschlossen wird, ist es ein Teil des Reiches, und natürlich wird man sich in dem Teil des Reiches organisieren. Das hat die Edeka gemacht wie alle anderen auch. Die Reichsbahn fuhr da, die Deutsche Post wurde da eingerichtet und was auch immer. "
"Man muss ganz klar sagen, dass die Edeka schon profitiert hat. Das ist zweifelsohne so. Wenn die Forderungen von den Nationalsozialisten so erfüllt wurden und man sich wirklich gegen Warenhäuser und Konsumgenossenschaften gewendet hat, dann ist das etwas, was den Edeka-Kaufleuten genützt hat. "
Im letzten Kriegsjahr machen die Edeka-Genossenschaften noch einen Umsatz in Höhe von 125 Millionen Reichsmark. 200 Genossenschaften verblieben der Edeka nach Kriegsende in den Westzonen. Unter bewährter Führung stellt sie sich schnell auf die neuen Verhältnisse ein, steigert ihren Umsatz auf stolze 727 Millionen D-Mark bis 1951. In den sechziger und siebziger Jahren stellt sie sich einer beispiellosen Konzentration auf dem Lebensmittelmarkt. Die Einkaufszentrale wird zur Aktiengesellschaft, das operative Geschäft wird von sieben Regionalgesellschaften abwickelt. Mit der Übernahme der Netto-Läden steigt die Edeka ins einst so bekämpfte Discounter-Geschäft ein, mit Übernahme der Spar wurde sie Deutschlands Lebensmittelhändler Nummer eins. Verbandsdirektor Lang:
"Worauf man wirklich stolz sein kann, das ist die Struktur und die Organisation, die gerade im Genossenschaftsbereich als sehr verstaubt angesehen wird, doch erhebliche Restrukturierungsleistungen bringen kann, um heute erfolgreich am Markt zu sein. "
An die Spitze drängt die Edeka jetzt auch im Discounterbereich - wenn das Bundeskartellamt die geplante Übernahme der "Plus"-Ladenkette von Tengelmann genehmigt. Erfolgreiche Edekaner sind heute Kaufleute wie Andreas Höhn aus Kehl oder Günter Süllau aus Bargteheide. Sie führen selbst kleine Ladenketten, für sie ist die Edeka keine Notgemeinschaft wie vor 100 Jahren, sondern ein starker Dienstleister.
"Na, ich denke mal, ohne diesen Zusammenschluss würde das in der Handelslandschaft nicht mehr funktionieren, aber Notgemeinschaft - die Edeka ist nicht in Not. Die Edeka ist aggressiv nach vorne drängend auf dem Markt, die Edeka geht auf 30 Prozent Marktanteil zu in dieser Selbsthilfeorganisation. Die Edeka ist nicht in Not. "
"100 Jahre Edeka ist natürlich schon mal eine Sache, die man nicht so leicht vom Tisch wegwischen kann, weil da stecken auch 100 Jahre Leistung dahinter, 100 Jahre Erfahrung. Und da bin ich eigentlich auch stolz drauf."
Auf dem Tisch liegt die Festschrift: "100 Jahre Edeka. Gemeinsam gewachsen." Großformatig, 128 Seiten dick. Wolf-Eckard Lang, Direktor des Edeka-Verbands, erläutert die genossenschaftliche Struktur der Gruppe. Heute ist sie - vor der Metro, Rewe, Lidl, Aldi und Tengelmann - mit 30 Milliarden Euro Umsatz Deutschlands Lebensmittelhändler Nummer eins.
"Die Edeka-Zentrale AG & Co KG kann man auch als zentrale Genossenschaft bezeichnen, da sind alle Einzelgenossenschaften vertreten. Die Edeka-Zentrale koordiniert Einkaufsaktivitäten, aber als herausragende Tätigkeit des letzten Jahres ein einheitliches Werbekonzept für die ganze Gruppe, die letztlich wieder den Einzelhändlern zugute kommt."
Im Oktober vor 100 Jahre war in Leipzig der "Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften" gegründet worden. Nach dem Zusammenschluss folgte der entscheidende Schritt auf dem Weg zur heutigen Edeka dann am 25. November: die Gründung der "Zentraleinkaufsgenossenschaft des Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften", der heutigen Edeka-Zentrale.
Aus dem gemeinsamen Büro von Verband und Zentrale in Berlin wurde jetzt das Einkaufsvolumen aller einzelnen Genossenschaften zusammengefasst, bei Großhandel und Herstellern in die Waagschale geworfen. Persil, Dr. Oetkers Puddingpulver oder Maggi konnten so günstig angeboten und gemeinsam beworben werden. Ein eigener Verlag sorgte mit der Handelsrundschau dafür, die Mitglieder mit den aktuellen Angeboten zu erreichen, auch eigene Fabriken, wie für Nudeln, wurden später aufgebaut. 1914 wird die Edeka-Bank gegründet.
Günter Süllau ist einer von 4.500 Edekanern, die in diesem Jahr kräftig mitfeiern. Der Zweiundsechzigjährige hat sich 1970 mit dem ersten Laden selbstständig gemacht, betreibt heute drei Märkte in Holstein, beschäftigt 150 Mitarbeiter. Außerdem vertritt er seine Genossenschaft im Aufsichtsrat der Edeka Zentrale AG.
"Ich hab's mir mal aufgeschrieben: Selbstverantwortlich, selbstständig denken, handeln, Verantwortung tragen, und selbstständig auch für die Bilanz verantwortlich sein, das prägt eigentlich dann Edeka. "
Andreas Höhn aus Kehl am Rhein hat seinen ersten Laden von seinem Vater übernommen, einen weiteren aufgebaut und gerade 1000 Quadratmeter Fläche zusätzlich übernommen:
"Es ist jetzt so, dass ich jetzt dreißig mittlerweile von diesen 100 Jahren miterlebt habe, ich habe als Fünf-, Sechsjähriger habe ich schon kiloweise den Zucker ins Lager geschleift und bin jetzt hier angelangt an einer Stelle, wo ich auch stolz darauf bin, da mitarbeiten zu können. Und zwar mit der Freiheit des selbstständigen Kaufmanns, aber auch mit dem Know-how und der Logistik der Edeka, die einem doch in einer Art und Weise zur Seite steht, von der Standortsicherung über die Ladenplanung, Ladendesign, über Belieferung, über dermaßen viele Dinge, die man einfach braucht, um in diesem, muss ich leider sagen, sehr ruinösen Wettbewerb bestehen zu können. "
Angefangen hat die Erfolgsgeschichte der Edeka mit dreizehn kleinen Einkaufsgenossenschaften. Damals schon als treibende Kraft dabei: Der Berliner Kaufmann Fritz Borrmann. 1921 wird er Generaldirektor der Edeka, bleibt dies über das Jahr 1933 hinaus bis 1937. Sein Nachfolger Paul König, auch schon vor 1933 mit Borrmann im Vorstand, bleibt bis 1966 im Amt. Diese Kontinuität in der Edeka-Führung wirft Fragen auf. Denn viele zum großen Teil in jüdischem Besitz befindliche Kaufhäuser müssen 1933 ihre Lebensmittelabteilungen zunächst schließen. Die aus der Arbeiterbewegung gewachsenen Konsumgenossenschaften leiden zunächst unter Boykottaktionen. Später werden sie gleichgeschaltet und in der Möglichkeit, den Mitgliedern Rabatte zu geben, eingeschränkt. Viele ihrer Funktionäre werden verhaftet, schließlich werden sie vollständig aufgelöst und enteignet. Die Edeka und ihre Führung dagegen bleiben weitgehend unangetastet. Der Historiker Sven Tode vom Hamburger Institut für Firmen- und Wirtschaftsgeschichte, der das Fachlektorat für die Festschrift der Edeka übernommen hat, über die Ungleichbehandlung der Genossenschaften:
"Die Konsumgenossenschaften sind den NSDAP-Leuten häufig ein Dorn im Auge insofern, als sie eben durch die Arbeiterbewegung gegründet wurden und viele dort Funktionäre von Sozialdemokraten und Kommunisten waren. Und um auf die Edeka zu kommen: Da ist es eben Mittelstand. Und Mittelstandspolitik ist eine Zeit lang durchaus gewollt und durchaus gefördert von den Nationalsozialisten - mit Absicht auch, auch als Gegengewicht gegen jüdische Unternehmungen, ja. "
"Kaufmann, nicht Händler!" - unter dieser Parole agiert die Mittelstandspolitik des NS-Regimes, unter dieser Parole findet im November 1933 der Deutsche Handelstag statt - die Edeka ist mit mehreren Fest-Wagen beim Umzug dabei. Schon am 31. März 1933, als andere noch daran glauben, der braune Spuk sei bald beendet, heißt es in der Edeka-Handelsrundschau:
Der Edeka-Verband hat es für seine selbstverständliche Pflicht angesehen, den Kampf gegen Warenhäuser, Großfilialen, Einheitspreisläden und Konsumvereine tatkräftig zu organisieren und zu führen (...), weil er es nicht zulassen durfte, dass der kaufmännische Mittelstand (...) in dem von jenen Wirtschaftsformen erzeugten Sumpf versank. So ist der Edeka-Verband nicht nur als Vorläufer, sondern als ein aktiver Mitarbeiter der nationalen Revolution zu bezeichnen.
Diese Zusammenhänge finden sich nicht in der Festschrift, aber immerhin wird der letzte Satz zitiert: Nach 1945 stellt sich die Edeka dagegen als Opfer des Nationalsozialismus dar. Mittlerweile schreibt sie, dass Fritz Borrmann Mitglied der NSDAP war, im Buch zum hundertsten Geburtstag ist sogar von der Arisierung dreier Weinkeltereien die Rede.
Zurück in die Geschichte: Wo sich nach Einführung der Gewerbefreiheit Spezialgeschäfte, Konsumvereine und Kaufhäuser herausbilden und zu einer bedrohlichen Konkurrenz für die Kaufleute heranwachsen, bleiben diese eigenbrötlerisch, sehnen sich zurück nach alten Zeiten. Erst in den 1880er Jahren beginnen sie, sich um die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage zu kümmern, entstehen hier und da aus der Not heraus die ersten regionalen Einkaufsgenossenschaften, aus denen 1907 schließlich die Edeka und später die Rewe hervorgehen.
Fritz Borrmann, seit 1921 Chef des Edeka-Verbands, der Zentrale, der Bank und des Verlags in Personalunion, kämpft auch auf politischer Bühne für die Interessen seines Standes, wettert gegen das Treiben der "Kaufleute neuen Stils", der "Pseudo-Kaufleute", die die Gewerbefreiheit nur "benutzen". Zweimal, 1924 und 1928, zieht er für die Reichspartei des deutschen Mittelstands in den Reichstag ein. Sven Tode:
"Borrmann war ja praktisch der entscheidende Vertreter der Edeka auf Reichsebene, wenn man so will, und hat sich auch politisch engagiert und hat natürlich auch versucht, das auf den Verbandstagen rüberzubringen, zu sagen, das ist unsere Interessenslage: Hier sind die Konsumgenossenschaften, gegen die wollen wir uns abgrenzen, auf der anderen Seite sind die großen Kaufhäuser, gegen die wollen wir uns abgrenzen. Und die Wirtschaftspartei ist natürlich ein Interessenverband, um diese Interessen eben des Mittelstands durchzusetzen."
Die sich als "nationalgesinnte" Partei bezeichnende Splitter-Gruppierung macht gleichermaßen gegen Großkapital und sozialistische Bestrebungen Front, setzt sich für "deutsches Recht und deutsche Freiheit" ein. Sie kämpft gegen den Versailler Vertrag und fordert "die allmähliche Abkehr von den entarteten Formen des Parlamentarismus". Sie will, so wörtlich, "Raum schaffen, dass Menschen Persönlichkeiten werden können, willig zum Folgen, fähig zum Führen", fordert den "Anschluss Deutsch-Österreichs" sowie die "Wiedererwerbung deutscher Kolonien". 1930 beteiligt sie sich in Thüringen an der ersten Landesregierung, in der auch die NSDAP vertreten ist, 1932 dagegen stützt sie als Zünglein an der Waage noch die Regierung Brüning.
Bis 1914 ist der Umsatz der damals 72 Edeka-Genossenschaften auf zehn Millionen Mark gestiegen. 1931 machen 430 Genossenschaften mit knapp 27.000 Geschäften einen Umsatz von 267 Millionen Reichsmark, 143 Millionen davon werden über die Edeka-Zentrale abgewickelt. Dennoch bleibt die Lage der Kaufleute bedrohlich. Die Bedeutung der NSDAP mit ihrer Politik gegen Konsumgenossenschaften und Warenhäusern gewinnt an Gewicht. Quer durch alle Branchen wählen überdurchschnittlich viele kleine Händler und Selbstständige am Ende die Partei, der zwar Borrmann, so Sven Tode, nicht aber die Edeka insgesamt, noch kritisch gegenüberstehen:
"Es gab auch Edekaner, die Borrmann kritisch gesehen haben. Beispielsweise war ja die Wirtschaftspartei das Zünglein an der Waage bei der Regierung Brüning. Und da wurde gesagt, na ja, also sagen wir mal, Gruppen, die eher rechts von der Wirtschaftspartei standen, wieso unterstützt man dieses Präsidialkabinett, oder wieso unterstützt man überhaupt die Regierung Brüning mit den Sozialdemokraten und dem Zentrum zusammen, da hat Borrmann sich auch Kritik anhören müssen."
Als die Mittelstandspartei bei den Wahlen 1932 ins Bodenlose fällt, unternimmt der Edeka-Verband offiziell den Versuch, so Borrmann,
... durch leitende Persönlichkeiten unserer Genossenschaften, die als Funktionäre bei der NSDAP tätig sind, Berufsgenossen auf die Kandidatenliste der Reichstagswahl zu bringen.
Zugleich erhebt er aber noch seine, so wörtlich, "warnende Stimme":
Die Unzufriedenheit unserer Berufsgenossen hat sich zu einer Verurteilung des ganzen parlamentarischen Systems gesteigert. Eine gänzliche Wandlung der wirtschaftlichen Verhältnisse, ja man kann sagen, "alles Heil" wird von der kommenden Regierung oder Diktatur erwartet.
Ist das Skepsis gegenüber der NSDAP oder spricht hier enttäuschte Liebe? Sven Tode betont, dass Borrmann stets Demokrat geblieben ist, der nur ein Ziel verfolgt: die Interessen des Mittelstands.
"Und da sucht er sich Verbündete. Das kann das Zentrum sein, das kann die DNVP sein, das kann gegebenenfalls auch die NSDAP sein, in Teilen, das ist auch eine Möglichkeit. "
Aber die "völkische" Partei lehnt eine besondere Vertretung von Standesinteressen ab, sagt nein zum Ansinnen des Edeka-Verbands. Borrmann, der später, wie viele seiner Kollegen aus der Wirtschaftspartei, der NSDAP beitritt, muss aber ...
... dankbar anerkennen, dass sich die NSDAP, die nach dem 31. Juli dieses Jahres die größte und ausschlaggebendste Partei sein wird, die Mittelstandsforderungen zu eigen gemacht hat.
Zweifel hegt Borrmann, ob die NSDAP genügend Spielraum für eine genossenschaftliche Struktur ließe. Andererseits hetzt die Partei im "Völkischen Beobachter" gegen Konsumvereine und Warenhäuser, zertrümmert ihr "Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand" Schaufenster und Ladeneinrichtungen, organisiert nach der Machtübertragung an Hitler schlagkräftige Boykottaktionen. Im März 1933 fordert die Edeka ihre Mitglieder auf, den örtlichen Kampfbünden der NSDAP beizutreten, am 18. April schaltet sie sich freiwillig gleich. In ihrer Festschrift verzichtet die Edeka darauf, diesen aus der Organisation heraus folgerichtigen Weg und seine Zusammenhänge darzustellen. Sie nennt Borrmann als NSDAP-Mitglied, nennt auch einen Kaufmann, der sich dem Widerstand angeschlossen hat und individualisiert so das Problem. Marliese Kalthoff, die Sprecherin der Edeka:
"Die Edeka-Gruppe war im Grunde genommen das Spiegelbild dieser Gesellschaft, mit allen Mitläufern, mit allen sicher auch nationalsozialistischen Ideologien, nur die Gruppe war nie ein Konzern. Insofern gab es nicht 28.000 Edeka-Einzelhändler, die begeistert vom Führer waren. Unter dem Strich bleibt das Ergebnis, da muss man auch gar nichts schönreden, offen hat sicher niemand zum Widerstand aufgerufen, aber es gab durchaus einige Einzelhändler, wie in Bamberg oder Berlin, die sich im Widerstand organisiert hatten. "
Sebastian Kretschmer, der eine von der Edeka geförderte Dissertation über den institutionellen Wandel der Gruppe geschrieben hat und heute als Referent der bei CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen arbeitet, nimmt die Edeka als Organisation ins Blickfeld:
"Die Edeka hatte die Wahl, entweder sich mit den neuen politischen Begebenheiten abzufinden und sich einzugliedern entsprechend den Vorstellungen des Nationalsozialismus oder sich dagegen zu wenden und damit die Selbstauflösung zu besiegeln. Man hat sich dann schon entschieden, dem Nationalsozialismus beizutreten, hat entsprechend auch die Selbstgleichschaltung beschlossen, und in einem Zitat heißt es, die Kaufleute sollen den Ladentisch als Kanzel für den Führer benutzen, das zeigt, man hat sich schon gemein gemacht."
Mit der Gleichschaltung von unten bleibt Fritz Borrmann, der mächtige Generaldirektor, im Amt. Mit Fritz Lösch wird ihm lediglich jemand an die Seite gestellt, der jedoch zu ihm aufblickt, ihn ehrfurchtsvoll "Vater Borrmann" nennt und ihm freie Hand lässt. Das Foto vom Verbandstag im Juni 1933 zeigt ihn in NS-Uniform am Rednerpult, im Hintergrund Hakenkreuzfahnen, weitere Edekaner in Uniformen im Saal. 1957 druckt die Edeka das Foto zum fünfzigsten Jubiläum - fein säuberlich retuschiert: keine Fahne, keine Uniform ist zu sehen - nur weiße Westen.
Die Umsätze der Konkurrenz gehen 1933 und in den Jahren darauf deutlich zurück. Die der Edeka schießen zwar nicht in den Himmel, und einige Edekaner müssen auch weiter um ihre Existenz fürchten. Doch die Edeka insgesamt entwickelt sich stabil, ab 1934 stiegen die Umsätze der Gruppe. "Im Gleichschritt in die Hölle" lautet die Überschrift, unter der die Jahre 1933 bis 1945 in der Edeka-Festschrift dargestellt werden. Neben der so genannten Anpassung an den Nationalsozialismus werden hier die Eingliederung der Edeka in dessen Wirtschaftssystem, die Vernichtung der Juden und schließlich eine Reihe von Erfolgsmeldungen behandelt. So expandiert die Edeka im Saarland und im annektierten Österreich. Trotz der übergroßen Gesamtzahl von Lebensmittelhändlern, unter der die Kaufleute insgesamt leiden, machen sich bis Ende 1938 - diese Information stammt von der Website der Edeka - stolze 731 Jung-Edekaner selbstständig. Bei Kriegsbeginn 1939 zählt die Edeka 525 Genossenschaften mit rund 45.000 Mitglieds-Geschäften. Hat die Edeka - anders als die am Ende zerstörten Konsumgenossenschaften und die - in Anführungsstrichen - "arisierten" Kaufhäuser vom Nationalsozialismus profitiert? Sven Tode und Sebastian Kretschmer:
"Dann sind natürlich alle gewachsen. Jeder ist gewachsen. Der Anschluss Österreichs ist ja nicht ein Teil, den man der Edeka zugeben kann. Natürlich ist es klar, wenn Österreich ans Reich angeschlossen wird, ist es ein Teil des Reiches, wenn das Sudetenland angeschlossen wird, ist es ein Teil des Reiches, und natürlich wird man sich in dem Teil des Reiches organisieren. Das hat die Edeka gemacht wie alle anderen auch. Die Reichsbahn fuhr da, die Deutsche Post wurde da eingerichtet und was auch immer. "
"Man muss ganz klar sagen, dass die Edeka schon profitiert hat. Das ist zweifelsohne so. Wenn die Forderungen von den Nationalsozialisten so erfüllt wurden und man sich wirklich gegen Warenhäuser und Konsumgenossenschaften gewendet hat, dann ist das etwas, was den Edeka-Kaufleuten genützt hat. "
Im letzten Kriegsjahr machen die Edeka-Genossenschaften noch einen Umsatz in Höhe von 125 Millionen Reichsmark. 200 Genossenschaften verblieben der Edeka nach Kriegsende in den Westzonen. Unter bewährter Führung stellt sie sich schnell auf die neuen Verhältnisse ein, steigert ihren Umsatz auf stolze 727 Millionen D-Mark bis 1951. In den sechziger und siebziger Jahren stellt sie sich einer beispiellosen Konzentration auf dem Lebensmittelmarkt. Die Einkaufszentrale wird zur Aktiengesellschaft, das operative Geschäft wird von sieben Regionalgesellschaften abwickelt. Mit der Übernahme der Netto-Läden steigt die Edeka ins einst so bekämpfte Discounter-Geschäft ein, mit Übernahme der Spar wurde sie Deutschlands Lebensmittelhändler Nummer eins. Verbandsdirektor Lang:
"Worauf man wirklich stolz sein kann, das ist die Struktur und die Organisation, die gerade im Genossenschaftsbereich als sehr verstaubt angesehen wird, doch erhebliche Restrukturierungsleistungen bringen kann, um heute erfolgreich am Markt zu sein. "
An die Spitze drängt die Edeka jetzt auch im Discounterbereich - wenn das Bundeskartellamt die geplante Übernahme der "Plus"-Ladenkette von Tengelmann genehmigt. Erfolgreiche Edekaner sind heute Kaufleute wie Andreas Höhn aus Kehl oder Günter Süllau aus Bargteheide. Sie führen selbst kleine Ladenketten, für sie ist die Edeka keine Notgemeinschaft wie vor 100 Jahren, sondern ein starker Dienstleister.
"Na, ich denke mal, ohne diesen Zusammenschluss würde das in der Handelslandschaft nicht mehr funktionieren, aber Notgemeinschaft - die Edeka ist nicht in Not. Die Edeka ist aggressiv nach vorne drängend auf dem Markt, die Edeka geht auf 30 Prozent Marktanteil zu in dieser Selbsthilfeorganisation. Die Edeka ist nicht in Not. "
"100 Jahre Edeka ist natürlich schon mal eine Sache, die man nicht so leicht vom Tisch wegwischen kann, weil da stecken auch 100 Jahre Leistung dahinter, 100 Jahre Erfahrung. Und da bin ich eigentlich auch stolz drauf."