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"Aus dieser Pflicht sollten sie sich tatsächlich nicht herausstehlen"

Volker Hassemer, Vorsitzender der Initiative Humboldt-Forum, erwartet trotz des Streits um das Konzept eine Umsetzung der Berliner-Stadtschloss-Pläne. An die Juroren appellierte er, bei allem Verständnis für mögliche Bedenken, mit den Entscheidungen zurechtzukommen und "mit dieser Vorgabe etwas dann doch Großartiges zu machen".

Volker Hassemer im Gespräch mit Michael Köhler |
    Michael Köhler: Für Volker Hassemer, früherer Bausenator und im Vorsitz der Initiative Humboldt-Forum ist Kritik, die es ja immer gegeben hat in den letzten Jahren, gleichwohl verständlich.
    Volker Hassemer: Ich glaube, das ist deshalb nicht verwunderlich, weil die Idee grundsätzlich wirklich nicht unproblematisch ist, auf dem wichtigsten Platz in Deutschland eine Architektur zu haben, die nicht dem heutigen Verständnis, der heutigen Leistungskraft von Architekturen, von Kultur entspricht. Das ist ein nicht unproblematisches Unterfangen. Deswegen muss man sich nicht wundern, dass Architekten diese Erkenntnis, auch wenn sie in der Jury sitzen, zum Ausdruck bringen und ihre Bedenken dazu sagen. Allerdings..., und ich teile übrigens, das muss ich offen sagen, diese Bedenken durchaus. Aber man muss auch akzeptieren, dass die parlamentarischen Entscheidungen, überhaupt die Entscheidungen für das Projekt nun anders gelaufen sind. Es ist die klare Vorgabe, diese drei Fassaden in dieser Art zu gestalten. Und da ich ein großer Anhänger des gesamten Projekts bin, denke ich, muss man jetzt auch die Größe, das ist auch eine Art von Größe, die Größe haben, mit dieser Vorgabe zurechtzukommen und mit ihr offensiv im Interesse des Humboldt-Forums im Ergebnis umzugehen.
    Köhler: Wir wissen das doch alles eigentlich schon seit dem Entschluss 2002. Ist es nicht ein Stück weit unlauter oder nicht ganz sauber, jetzt kurz vor zwölf noch mal auf die Buschtrommel zu hauen? Hätte man da nicht sagen können, ach Gott, dann werde ich gar nicht erst Mitglied der Jury?
    Hassemer: Das hätte man machen können, auf der einen Seite. Zum anderen allerdings muss man auch akzeptieren bei einer so bedeutenden, auch für jeden, der mitmacht, so bedeutenden Sache, dass bis zum letzten Moment dann auch an den konkreten Entwürfen entlang, das muss man ja vermuten, wenn es um die Mitglieder der Jury geht, dass an diesen Entwürfen entlang man zu der immer stärkeren Erkenntnis kommt, das war von der Sache her ein nicht richtiger, ein falscher Weg. Es liegt auch ein bisschen daran, dass wir fachlich, fachlich dieses Thema des Humboldt-Forums in der Vergangenheit viel zu wenig diskutiert haben. Es haben diskutiert und haben sich zu Wort gemeldet die Anhänger der Schlossfassade. Und die sind nicht nur in Berlin, sondern nach meiner Überzeugung deutschlandweit deutlich in der Mehrheit. Es hat aber eine inhaltliche Diskussion nicht ausreichend stattgefunden, vor allem im Hinblick auf ein so unglaublich bedeutsames Projekt. Und wenn man das nicht macht, ist man eben nicht gefeit, dass auch noch zu späten Zeitpunkten Druck auf den Kessel kommt. Und deshalb habe ich für die Meinung der einzelnen Verständnis, aber auf der anderen Seite komme ich zu der Schlussfolgerung zu sagen, man darf sich jetzt nicht mit dieser Kritik begnügen, sondern man muss alle Energie, alles Können, alle Fähigkeit hineinstellen, mit dieser Vorgabe etwas dann doch Großartiges zu machen. Das ist jetzt die Pflicht der Jury, dazu ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Und aus dieser Pflicht sollten sie sich tatsächlich nicht herausstehlen.
    Köhler: Volker Hassemer, früherer Bausenator und im Vorsitz der Initiative Humboldt-Forum, zum Streit über einen Streit in der Stadtschlossdebatte.