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Aus eins mach zwei

Die Idee klingt verlockend: Um die Ersparnisse kleiner Leute vor hochriskanten Kapitalmarktgeschäften zu schützen, müssen die Banken zerlegt werden. Nicht nur SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück drängt darauf, auch Erkki Liikanen, Chef einer EU-Expertengruppe wirbt nun für das sogenannte Trennbankensystem.

Von Brigitte Scholtes | 18.10.2012
    Erkki Liikanen ist Finne. Als solcher ist ihm Skilanglauf vertraut, und dabei erleichtere es zwar das Fortkommen, wenn man in der Spur eines anderen Läufers fahren könne. Aber das sei eben nicht immer möglich. So beschreibt der finnische Notenbankpräsident die Arbeit der von ihm geleiteten EU-Expertengruppe zur Bankenregulierung. Die plädieren zwar, wie seit Anfang Oktober bekannt, für ein Trennbankensystem – das soll aber nur für Großbanken von einer bestimmten Größe an gelten. Klare Trennlinien zwischen dem riskanten Investmentbanking und der Geschäftsbank könne man nicht immer ziehen, meint der finnische Notenbankpräsident. Denn die Expertengruppe habe erkannt:

    "Es gibt kein Modell, das perfekt ist und andere, die nur schlecht sind. Das gilt auch für Universalbanken. Diejenigen Universalbanken, die während der Krise vorsichtig agiert haben, haben sehr gut abgeschnitten. Es gibt nicht nur ein Modell."

    So plädiert die Gruppe zwar für die Abspaltung riskanter Geschäfte wie etwa Wertpapierspekulationen oder die Kreditvergabe an Hedgefonds, aber sie geht dabei noch nicht ins Detail, sagt Jan Pieter Krahnen, Direktor des Center for Financial Studies an der Universität Frankfurt. Krahnen ist das einzige deutsche Mitglied dieser Expertengruppe:

    "Es wird natürlich Klarheit geben, wie exakt diese Trennlinie, wenn wir uns jetzt einmal auf den einen Vorschlag dieses Trennbankensystems konzentrieren, gezogen wird. Und diese Klarheit wird im Laufe der Zeit sich entwickeln, wenn man sozusagen fallweise für einzelne Institute diese Situation einmal durchdekliniert."

    Im Publikum an der Frankfurter Universität waren heute viele Banker vertreten, die unterschiedlich auf das Konzept reagierten. So meint Lothar Weniger, Aktienstratege der genossenschaftlichen DZ-Bank:

    "Wieso sind die staatlichen Bonds, also Anleihen, nicht zur Sprache gekommen? Denn das ist im Moment ja immer noch das ganz große Problem. Das kommt in dem Report, soweit ich sehen kann, gar nicht vor. Und das zweite ist diese sehr große Konzentration auf ein Trennbankensystem, wo ich skeptisch bin, ob uns das wirklich hilft und ob dadurch wirklich Risiko rausgenommen wird aus dem System."

    Die Zerschlagung der großen Universalbanken sehen natürlich auch die privaten Banken kritisch. So verwies Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken am Rande der IWF-Tagung in Tokio auf die besondere Situation in Deutschland: Hier sei der Mittelstand zu gut 80 Prozent auf Kredite angewiesen:

    "Die Folge davon wäre, dass Mittelständler sich einfach weiter dem Kapitalmarkt öffnen müssen. Und wenn Sie deutsche Mittelständler kennen, bevor der die Dinge runterlässt und offenbart, das wird schwierig."

    Positiv sei aber, dass die Experten versucht hätten, stärker die Aktionäre einer Bank für mögliche Verluste in Haftung zu nehmen. Das stellt auch der deutsche Experte Krahnen heraus:

    "Mit dem Vorschlag, den wir gemacht haben, wird unseres Erachtens erstmals in der Welt ein Vorschlag gemacht, wie das sicher gestellt wird, diese Inhaftungnahme. Das klappt weder in den USA noch in England, aber in der europäischen Lösung wäre das ein wichtiger Bestandteil."

    Erste Reaktionen sammelt die EU-Kommission nun bis Mitte November und wird dann bis zum Jahreswechsel einen Vorschlag zur Bankenregulierung vorlegen.