Burkhard Müller-Ullrich: Das "Deutsche Guggenheim" in Berlin, eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen einer Bank und einem Museum, wird geschlossen. Allerdings heißt es nicht "Das deutsche Guggenheim", sondern der offizielle Titel lautet "Deutsche Guggenheim", wobei das "Deutsche" von der "Deutschen Bank" gespendet wird – eine grammatikalisch äußerst missliche Konstruktion und vielleicht, Carsten Probst, eben nicht nur grammatikalisch.
Carsten Probst: Also das Ende kommt natürlich schon ein bisschen überraschend für mich, zumindest in dieser Plötzlichkeit, aber eigentlich muss man schon sagen, dass diese Geschichte der "Deutschen Guggenheim" eine Erfolgsgeschichte zumindest innerhalb Berlins war, wenn man sich die reinen Zuschauerzahlen anschaut. Seit 1997 sollen es ja um die 1,8 Millionen gewesen sein, die die Ausstellungen angeschaut haben. Das ist für Berlin sehr stattlich, gerade auch was Gegenwartskunst anbelangt. Auf der anderen Seite doch überraschend, weil die Ankündigung selbst so kurzfristig kam. Der Vertrag lief ja zwischen der Guggenheim Foundation und der Deutschen Bank für 15 Jahre, das war so vereinbart, er soll dieses Jahr auslaufen. Hätte man nicht irgendwie Hals über Kopf entschieden, das Ganze nun doch auslaufen zu lassen, hätte man das natürlich vor ein oder zwei Jahren bereits anmoderiert und gesagt, na ja, wir wollen uns was anderes überlegen, oder man hätte auch verlängert. Also die Gründe liegen wahrscheinlich weitaus weniger in der Kunst oder in der Zusammenarbeit in diesen beiden Institutionen, sondern wirklich bei der Deutschen Bank, die nicht nur durch die Finanzkrise in finanzielle Probleme gekommen ist, wie man ja weiß, sondern auch ein massives Imageproblem sich aufgeladen hat, und da passt offenkundig jetzt in das Portfolio der Repräsentanzen eine so hochglanzpolierte Kunstrepräsentanz nicht hinein. Man möchte sicherlich nicht mehr sich suggerieren, als würde man im Luxus schwelgen, im Lifestyle sich ergehen, sondern plötzlich wird man in einer gewissen Weise demütig und möchte diese herausragende Immobilie, die sie ja ist, an der Ecke Friedrichstraße/unter den Linden, doch nun plötzlich umwidmen in ein Dialogforum zwischen Wirtschaft und Politik, um, um im besten wulffschen Terminus zu bleiben, Vertrauen zurückzugewinnen.
Müller-Ullrich: Aber nicht nur die Deutsche Bank hat Krise, sondern auch das Guggenheim.
Probst: Ja. Das Guggenheim selber hat seit geraumer Zeit Krisen mit den Formaten, die sie anbieten. Sie haben auch finanzielle Probleme, natürlich, auch unter anderem durch die Finanzkrise bedingt. Es ist ja letztlich doch eine private Organisation. Sie haben mit Zuschauermangel zu kämpfen und natürlich auch mit den immensen Kosten, die die Verteilung von Kunstwerken und von Ausstellungen über die verschiedenen Dependancen in Europa bedeuten und zwischen USA und Europa, beispielsweise nach Bilbao oder nach Venedig und dergleichen. Dennoch würde ich letztlich sagen, das Hauptproblem liegt im Moment aufseiten der Deutschen Bank in einem Rückzug von den finanziellen Obliegenheiten, die man dort hat mit dieser Zusammenarbeit, und natürlich auch in der Umwidmung zu einem zeitgeistig etwas anders angesagten Forum des Dialoges mit der Gesellschaft, wie man so sagt.
Müller-Ullrich: Nun sammelt die Deutsche Bank ja auch Kunst, also hat selbst eine große Sammlung, und dieses Ausstellungshaus, die "Deutsche Guggenheim", diente als Schaufenster.
Probst: Das ist wirklich das allergrößte Prekäre an dieser Schließung. Die Deutsche Bank hat eine fantastische, eine riesengroße Sammlung, und zwar nicht nur Hochglanzkünstler, sondern sehr, sehr viel Unbekanntes seit geraumer Zeit sehr sorgfältig gesammelt. Die "Deutsche Guggenheim" war natürlich auch ein Ort dafür, um immer wieder Sammlungsteile aus den Vorstandsbüros hervorzuzerren und endlich mal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und dieser Ort entfällt jetzt. Das heißt, sehr viele großartige Künstler, großartige Werke, nie gesehen, außer von Vorständen in ihren kleinen Büros, werden jetzt in eben diesen Büros wieder verschwinden. Das ist höchst prekär und auf der anderen Seite verschwindet natürlich auch ein Korrektiv innerhalb der Berliner Ausstellungsszene, weil in Berlin der Mangel an Orten mit interessanten Ausstellungen, nie gesehenen, in Berlin oder auch in Deutschland zum Teil nie gesehenen Gegenwartskünstlern dann einfach schließt, und man schließt einen solchen Ort einfach nicht so ohne Weiteres. Das hinterlässt natürlich auch einen sehr schalen Nachgeschmack, denn wir erinnern uns: In der "Deutschen Guggenheim" wurden erstmals Künstler wie James Rosenquist vorgestellt, Hellen Frankenthaler hatte eine erste große Retrospektive in Deutschland hier in der "Deutschen Guggenheim", oder auch jüngere Künstler wie Pawel Althamer oder Yto Barrada, die Tunesierin. Das sind Künstler, die sonst in Berlin nie und nimmer zu sehen gewesen wären und hier eine erste große Retrospektive erfahren haben. Das verschwindet eben einfach und das hinterlässt diesen schalen Nachgeschmack, als ob man sich bei der Deutschen Bank überhaupt keine Gedanken darüber macht, dass man inzwischen durchaus als Institution ein echtes Profil gewonnen hat in Berlin.
Müller-Ullrich: Danke für Ihre Auskünfte, Carsten Probst.
Carsten Probst: Also das Ende kommt natürlich schon ein bisschen überraschend für mich, zumindest in dieser Plötzlichkeit, aber eigentlich muss man schon sagen, dass diese Geschichte der "Deutschen Guggenheim" eine Erfolgsgeschichte zumindest innerhalb Berlins war, wenn man sich die reinen Zuschauerzahlen anschaut. Seit 1997 sollen es ja um die 1,8 Millionen gewesen sein, die die Ausstellungen angeschaut haben. Das ist für Berlin sehr stattlich, gerade auch was Gegenwartskunst anbelangt. Auf der anderen Seite doch überraschend, weil die Ankündigung selbst so kurzfristig kam. Der Vertrag lief ja zwischen der Guggenheim Foundation und der Deutschen Bank für 15 Jahre, das war so vereinbart, er soll dieses Jahr auslaufen. Hätte man nicht irgendwie Hals über Kopf entschieden, das Ganze nun doch auslaufen zu lassen, hätte man das natürlich vor ein oder zwei Jahren bereits anmoderiert und gesagt, na ja, wir wollen uns was anderes überlegen, oder man hätte auch verlängert. Also die Gründe liegen wahrscheinlich weitaus weniger in der Kunst oder in der Zusammenarbeit in diesen beiden Institutionen, sondern wirklich bei der Deutschen Bank, die nicht nur durch die Finanzkrise in finanzielle Probleme gekommen ist, wie man ja weiß, sondern auch ein massives Imageproblem sich aufgeladen hat, und da passt offenkundig jetzt in das Portfolio der Repräsentanzen eine so hochglanzpolierte Kunstrepräsentanz nicht hinein. Man möchte sicherlich nicht mehr sich suggerieren, als würde man im Luxus schwelgen, im Lifestyle sich ergehen, sondern plötzlich wird man in einer gewissen Weise demütig und möchte diese herausragende Immobilie, die sie ja ist, an der Ecke Friedrichstraße/unter den Linden, doch nun plötzlich umwidmen in ein Dialogforum zwischen Wirtschaft und Politik, um, um im besten wulffschen Terminus zu bleiben, Vertrauen zurückzugewinnen.
Müller-Ullrich: Aber nicht nur die Deutsche Bank hat Krise, sondern auch das Guggenheim.
Probst: Ja. Das Guggenheim selber hat seit geraumer Zeit Krisen mit den Formaten, die sie anbieten. Sie haben auch finanzielle Probleme, natürlich, auch unter anderem durch die Finanzkrise bedingt. Es ist ja letztlich doch eine private Organisation. Sie haben mit Zuschauermangel zu kämpfen und natürlich auch mit den immensen Kosten, die die Verteilung von Kunstwerken und von Ausstellungen über die verschiedenen Dependancen in Europa bedeuten und zwischen USA und Europa, beispielsweise nach Bilbao oder nach Venedig und dergleichen. Dennoch würde ich letztlich sagen, das Hauptproblem liegt im Moment aufseiten der Deutschen Bank in einem Rückzug von den finanziellen Obliegenheiten, die man dort hat mit dieser Zusammenarbeit, und natürlich auch in der Umwidmung zu einem zeitgeistig etwas anders angesagten Forum des Dialoges mit der Gesellschaft, wie man so sagt.
Müller-Ullrich: Nun sammelt die Deutsche Bank ja auch Kunst, also hat selbst eine große Sammlung, und dieses Ausstellungshaus, die "Deutsche Guggenheim", diente als Schaufenster.
Probst: Das ist wirklich das allergrößte Prekäre an dieser Schließung. Die Deutsche Bank hat eine fantastische, eine riesengroße Sammlung, und zwar nicht nur Hochglanzkünstler, sondern sehr, sehr viel Unbekanntes seit geraumer Zeit sehr sorgfältig gesammelt. Die "Deutsche Guggenheim" war natürlich auch ein Ort dafür, um immer wieder Sammlungsteile aus den Vorstandsbüros hervorzuzerren und endlich mal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und dieser Ort entfällt jetzt. Das heißt, sehr viele großartige Künstler, großartige Werke, nie gesehen, außer von Vorständen in ihren kleinen Büros, werden jetzt in eben diesen Büros wieder verschwinden. Das ist höchst prekär und auf der anderen Seite verschwindet natürlich auch ein Korrektiv innerhalb der Berliner Ausstellungsszene, weil in Berlin der Mangel an Orten mit interessanten Ausstellungen, nie gesehenen, in Berlin oder auch in Deutschland zum Teil nie gesehenen Gegenwartskünstlern dann einfach schließt, und man schließt einen solchen Ort einfach nicht so ohne Weiteres. Das hinterlässt natürlich auch einen sehr schalen Nachgeschmack, denn wir erinnern uns: In der "Deutschen Guggenheim" wurden erstmals Künstler wie James Rosenquist vorgestellt, Hellen Frankenthaler hatte eine erste große Retrospektive in Deutschland hier in der "Deutschen Guggenheim", oder auch jüngere Künstler wie Pawel Althamer oder Yto Barrada, die Tunesierin. Das sind Künstler, die sonst in Berlin nie und nimmer zu sehen gewesen wären und hier eine erste große Retrospektive erfahren haben. Das verschwindet eben einfach und das hinterlässt diesen schalen Nachgeschmack, als ob man sich bei der Deutschen Bank überhaupt keine Gedanken darüber macht, dass man inzwischen durchaus als Institution ein echtes Profil gewonnen hat in Berlin.
Müller-Ullrich: Danke für Ihre Auskünfte, Carsten Probst.