Kamila Walijewa begann im Alter von dreieinhalb Jahren mit dem Eiskunstlauf. Ihre Eltern schickten sie zusätzlich zum Ballett und zur Gymnastik. Das war in Kasan in der russischen Teilrepublik Tatarstan. Als sie sechs war, zog sie mit ihren Eltern nach Moskau, um in der staatlichen Sportschule „Moskwitsch“ zu trainieren. Bereits mit 10 Jahren beherrschte sie alle Dreifachsprünge. Nach einer krankheitsbedingten Pause wechselte Walijewa die Trainerin. Eteri Tutberidze ist für ihre Härte bekannt – und dafür, vor allem Kinder zu trainieren. In einem Interview mit dem russischen „Ersten Kanal“ sagte sie einmal: „14-, 15-Jährige lenkt nichts ab. Sie haben nur das eine Ziel. Sobald sie das erreichen, lassen sie nach und tun sich selbst leid. Die Praxis zeigt, dass sie dann weniger trainieren.“
Tutberidze - das Aushängeschild der staatlichen Sportschule „Sambo 17“
Tutberidze ist ein Aushängeschild der staatlichen Sportschule „Sambo 17“. Die wurde 1970 in der Sowjetunion gegründet und hat seitdem laut Website 50.000 Kinder und Jugendliche trainiert – in 26 Sportarten. Am Eingang zum Eisstadion „Chrustalnyj“ verspricht ein Banner: „Sportliche Kindheit – Olympische Zukunft.“
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Tutberidzes Schützlinge trainieren hier zwei Mal täglich, der Schulunterricht findet zwischendurch statt, für Privates ist kaum Zeit. Kamila Walijewa postet in Sozialen Medien vor allem Fotos von ihrem Spitz „Ljowa“.
Darüber hinaus gibt es offenbar nur den Sport, bei einer Trainerin, die als Worcaholic gilt. Spezialität: aus Kindern Siegerinnen machen. Die sowjetische Eistanz-Legende Irina Rodnina kritisiert, wenn Kinder bei Erwachsenenwettbewerben starteten, stehe oft der Ehrgeiz der Eltern oder der Ehrgeiz der Trainer dahinter. Tutberidze hat diese Kritik stets zurückwiesen.
„Ich stimme ihr absolut nicht zu. Das ist Fortschritt. Warum sollte man die jungen Mädchen bremsen?“
Diverse Läuferinnen binnen kürzester Zeit aus dem Sport verschwunden
Diverse Läuferinnen, die Tutberidze nach ganz oben gebracht hat, sind binnen kürzester Zeit aus dem Sport verschwunden. Alina Sagitowa, die 2018 mit 16 Jahren olympisches Gold in Pyeongchang holte, schied letztes Jahr aus dem Nationalkader aus. Jewgenija Medwedewa, damals Zweite bei Olympia und immerhin 19 Jahre alt, leidet unter chronischen Rückenschmerzen und startet nicht mehr.
Bekannt ist auch der Fall von Julia Lipnizkaja, mit 15 Jahren Olympiasiegerin in Sotschi 2014. Sie erkrankte an Magersucht und trat schon zwei Jahre später nicht mehr an. Auch sie hatte eine Zeit lang bei Tutberidze trainiert. Die Doping-Vorwürfe gegen Kamila Walijewa hat Tutberidze zurückgewiesen. Kein Doping helfe, Vierfachsprünge zu erlernen oder Musik künstlerisch auf dem Eis darzustellen. Während weltweit über Trainingsmethoden und Machtmissbrauch im Sport diskutiert wird, ist das in Russland kein Thema.