Nach Messerangriff in Aschaffenburg
Ausbau psychosozialer Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen angeregt

Der Messerangriff von Aschaffenburg hat auch Fragen zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen in Deutschland aufgeworfen. Die Münchner Sozialpädagogin Jana Weidhaase wies im ZDF auf die ihrer Erfahrung nach zahlreichen strukturellen Probleme und Lücken hin.

    Der Täter wird aus dem Amtsgericht zurück in ein Fahrzeug der Polizei gebracht.
    Nach tödlichem Angriff in einem Park in Aschaffenburg wird der Täter in die Psychiatrie gebracht. (Daniel Vogl/dpa)
    Psychisch kranke Flüchtlinge erhielten nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie kaum Betreuung in ihren Unterkünften. Ein Betreuer komme auf 150 Betroffene, führte die Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrats aus. Es sei etwas anderes, wenn jemand in ein familiäres Umfeld entlassen werde oder in eine Flüchtlingsunterkunft. Asylsuchende seien zu einem Drittel traumatisiert und bräuchten sowohl psychosoziale als auch sozialpädagogische Betreuung, manche auch eine psychiatrische.
    Die Psychiaterin Barbara Wolff sieht ebenfalls bei der Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen in Deutschland "große Defizite". Es gebe bislang 48 psychosoziale Zentren für Menschen, die vor Krieg und Folter geflüchtet seien, sagte Wolff dem WDR. Diese Zahl sei zu gering. Nach Einschätzung von Wolff, die dem Vorstand der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer angehört, haben 75 bis 80 Prozent von ihnen traumatische Erfahrungen gemacht, etwa 30 Prozent litten unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
    Medienberichten zufolge hätte sich der 28-jährige Täter aus Afghanistan bis Anfang Februar in Haft befinden müssen. Unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Schweinfurt heißt es, weil er eine Geldstrafe wegen Körperverletzung nicht gezahlt habe, sollte er eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Er habe aber auf die Ladung zum Haftantritt nicht reagiert. Zugleich ist der Asylsuchende ausreisepflichtig. Inzwischen befindet er sich in einer psychiatrischen Einrichtung.

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    Diese Nachricht wurde am 24.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.