Seit März 2017 ist Bianca Sperling Chefin: Zusammen mit einer Kollegin leitet die 32-Jährige eine Kindertagesstätte im Kieler Stadtteil Wik. 110 Mädchen und Jungs besuchen die städtische Einrichtung.
Während an diesem Morgen die ersten Kinder eintrudeln sitzt Bianca Sperling in ihrem Büro. Und erzählt von ihrem Alltag. Der sei komplex - und stecke voller Überraschungen.
"Man hat manchmal Tage, da passiert nichts Besonderes. Dann gibt’s Tage, da steht einer vom Träger vor der Tür, der nächste, der den Spielplatz einmal beaufsichtigen möchte. Dann sind Eltern, die Anliegen haben, um die man sich kümmern muss, Kollegen, die Mitarbeitergespräche wollen, Kinder, die natürlich auch Anliegen haben - das ist sehr vielfältig."
Gleichzeitig lernen und anwenden
Nach ihrem Abitur hatte sie eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und danach viele ein knappes Jahrzehnt als Pädagogin gearbeitet. Doch mit der Zeit wuchs bei Bianca Sperling der Wunsch nach einer neuen Herausforderung. Dann stieß sie auf den neu 2015 geschaffenen "Kita-Master -Leitung frühkindlicher Bildungseinrichtungen". Sie bewarb sich, nicht zuletzt, weil der Studiengang in Schleswig-Holstein anders als in anderen Bundesländern berufsbegleitend angeboten wird.
"Einfach weil man lernt und es gleichzeitig reflektieren und anwenden kann. Ich glaube, dass das unheimlich wertvoll ist."
Sperling gehört zu den ersten 14 Absolventinnen und Absolventen, die vergangenen Freitag ihre Zeugnisse erhalten haben. Der Kita-Master ist eine Kooperation zwischen der Europa-Universität Flensburg und dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein.
Online-Kurse für viele noch gewöhnungsbedürftig
Weil nur bei einigen Lehrveranstaltungen Anwesenheitspflicht herrscht, die meisten Kurse aber online stattfinden, können sowohl Studierende wie auch Lehrende und aus ganz Deutschland gewonnen werden, so der Flensburger Erziehungswissenschaftler Jürgen Schwier, einer der Studiengangleiter. Allerdings sei die Form der Online-Kurse für viele noch gewöhnungsbedürftig.
"Ich sprech‘ in ein Mikrofon vor einem Monitor. Wo ich zwar sehe, dass 30 Studierende eingeloggt sind. Und ich kann die auch sozusagen immer abstimmen lassen zu einzelnen Fragen. Aber das ist eben für mich - da bin ich eben vielleicht old fashioned immer noch - immer noch etwas anders, als wenn man sich face to face begegnet. Und da sind glaube ich gerade wir Lehrenden gefordert, das noch kommunikativer zu gestalten."
Die Abbrecherquote sei gering, die meisten würden das Studium nach vier Semestern schaffen, sagt Schwier.
Bianca Sperling freut sich über das Handwerkzeug, das ihr im Studium vermittelt wurde. Nicht nur mit Blick auf die Themen Verwaltung oder Finanzen. Sondern auch, wenn es um den richtigen Ton geht im Umgang mit Eltern und bei Bewerbungsgesprächen.
"Auf Leitung kommt ja viel Personalführung auch zu, was man ja auch oft gar nicht so bedenkt. Was sind Zielvereinbarungsgespräche, worauf kann man da eingehen mit den Mitarbeitern, wie führe ich die überhaupt richtig, wie möchte ich das machen - um sich da auch selbst zu reflektieren. Was für eine Führungskraft möchte ich werden?"
Akademisierung pädagogischer Arbeitsfelder
Die frühkindliche Bildung sei bereits seit den 70er Jahren ein riesiges Arbeitsfeld, sagt Anke König. Sie ist Projektleiterin bei der "Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte", die 2009 vom Bundesbildungsministerium ins Leben gerufen wurde. Die Wissenschaft habe die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern erst seit Kurzem auf dem Schirm, so König.
"Und der Grund dafür liegt darin, dass wir zwar in allen anderen pädagogischen Arbeitsfeldern eine Akademisierung haben, aber eben nicht in der frühen Bildung."
Zwar gebe es in Deutschland inzwischen Dutzende Bachelor-Studiengänge der Kindheitspädagogik. Doch gerade mal fünf Prozent aller Erzieherinnen und Erzieher würden durch ein Studium für ihren Beruf qualifiziert. Auf der Leitungsebene sei es immerhin fast jeder sechste.
Gerade für Kita-Führungskräfte sei ein Studium sinnvoll, denn die Herausforderungen nähmen zu: Beispielsweise durch die Inklusion, die Sprachförderung oder schlichtweg die deutlich gestiegenen Zahl von Kindern, die betreut werden.
"Ich denk‘, in der Kita spiegelt sich heute dieser enorme soziale Wandel, den die Gesellschaft an sich durchmacht. Wir haben eine Pluralisierung von Lebensformen und wir haben eine Ablösung von traditionellen Familienformen."