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Ausbildung
Traumberuf Altenpflege

Die Altenpflege ist offenbar nicht der beliebteste Beruf, denn es herrscht Fachkräftemangel. Es gibt aber auch junge Menschen, für die dieser Beruf eine Berufung ist. So wie für Jette Petersen. Sie konnte sogar dank einer Sondergenehmigung schon mit 15 ihre Ausbildung starten.

Von Astrid Wulf |
    Schleswig-Holstein investiert kräftig, damit mehr junge Leute Lust auf eine Ausbildung in der Pflege bekommen
    Schleswig-Holstein investiert kräftig, damit mehr junge Leute Lust auf eine Ausbildung in der Pflege bekommen (imago / allOver-MEV)
    "Guten Morgen!"
    "Guten Morgen, Jette!" "Gut geschlafen?"
    "Ja."
    "Soll ich noch einmal das Bett machen, das Kissen aufs Bett legen?"
    "Wenn es dich nicht zu sehr stört."
    "Nein, natürlich nicht, um Gottes Willen."
    Auch wenn Jette Petersen viel zu tun hat, nimmt sie sich Zeit für Selma Horn. Sich in Ruhe zu unterhalten, muss drin sein, sagt die junge Altenpflegerin auf ihrem Knie liegt die Hand der 85-Jährigen. Für Selma Horn spielt es keine Rolle, dass Jette Petersen jünger ist als die meisten in dem Job:
    "Sie ist ja reif und gebildet. Besser als manches Wesen, das nicht mehr so sympathisch und appetitlich ist wie so ein junges Weib."
    "Ich schau noch mal nach den Tabletten, manchmal vergisst man das ja aus Versehen. Aber alles gut, Frau Horn. Dann nehme ich die mit raus, ja?"
    "Ja, danke."
    Eher aus Verlegenheit und mangels Alternativen hatte sich Jette Petersen mit zwölf Jahren für ein Schulpraktikum in einem Altenheim beworben. Ein Volltreffer.
    "Ich bin nach Hause gekommen nach meinem Dienst, also nach meinem Praktikumstag, und habe gesagt: Das ist mein Beruf - also: Ja, das isses."
    Zu wenig Altenpfleger
    Die Dankbarkeit der älteren Menschen mache den Beruf so schön, sagt Jette Petersen. Und sie ist froh, in einer Einrichtung zu arbeiten, wo das Betriebsklima stimmt, wo es genug Personal gebe und sie nicht bis zum Burn-out im Akkord arbeiten muss - etwa fünf Bewohner versorgt die Altenpflegerin pro Schicht. Auch wenn der Personalmangel in dieser Einrichtung nicht so stark spürbar ist: Altenpfleger gibt es viel zu wenige. Und Jette Petersen kann nachvollziehen, warum diese Arbeit nicht so beliebt ist - reich wird man als Altenpfleger beispielsweise nicht.
    "Der Job müsste natürlich besser bezahlt werden und die Arbeitszeiten müssten schon flexibler sein."
    Dazu ist der Job anspruchsvoll: Altenpfleger müssen die Medikamente der Bewohner im Blick haben, sich mit ihren Krankheiten auskennen, Dokumentationen schreiben, sich mit Ärzten und Angehörigen auseinandersetzen, dann natürlich die Körperpflege – zimperlich darf man in der Pflege nicht sein.
    "Man muss mit Schamgefühl von den Bewohnern umgehen, man muss mit Fäkalien umgehen können, ja man muss ein gewisses Engagement mitbringen, dass man da wirklich Lust drauf hat."
    Schleswig-Holstein investiert kräftig, damit mehr junge Leute Lust auf eine Ausbildung in der Pflege bekommen. Zum Beispiel sind die Pflegeschulen in Schleswig-Holstein kostenlos, während viele andere deutschen Pflegeschulen weiterhin Schulgeld nehmen. Möglicherweise deshalb entscheiden sich in Schleswig-Holstein immer mehr Azubis für die Pflege: im Vergleich zu 2008 sind es etwa 750 mehr.
    Klischees über den Beruf halten sich
    Auch der Bund hat angekündigt, Pflegeberufe aufzuwerten. So soll zum Beispiel das Schulgeld komplett abgeschafft werden, Pflege kann man an immer mehr Unis studieren, auch das Ausbildungsgehalt soll steigen - momentan verdienen viele Auszubildende in schleswig-holsteinische im ersten Lehrjahr 800 Euro brutto im Monat. Jette Petersens findet das alles grundsätzlich gut - ihrer Erfahrung nach halten sich die Klischees über ihren Beruf jedoch nach wie vor hartnäckig.
    "Ich habe mit meinem besten Freund darüber gesprochen, der hat gerade frisch Abitur gemacht und ich sagte zu ihm: Wie sieht es denn aus mit der Pflege, hättest du da Lust zu. Und da sagte er nur zu mir: Nee, nur pflegen und waschen, das möchte ich nicht. Da habe ich ihm das mal erklärt und da ist ihm bewusst geworden, dass Pflege mehr ist als einfach nur pflegen."
    "Braucht sie Hilfe und Unterstützung bei der Grundpflege oder macht sie alles selbstständig?"
    "Sie braucht morgens Unterstützung bei der Grundpflege, essen und trinken kann sie alleine, man muss sie aber ab und zu daran erinnern."
    Im Dienstzimmer bespricht Jette Petersen die Neuzugänge der mit ihrer Kollegin. Die 33-jährige Altenpflegerin Rebecca Müller ist beeindruckt, wie reif und professionell ihre Kollegin mit ihren 19 Jahren ist.
    "Wenn die mit so einem Getto-Slang kommen, da kommt man bei den Älteren einfach nicht an. Und dann muss man sich selber als Mensch auch noch finden, und so jung ist es echt schon schwierig. Aber Jette hat das echt gut umgesetzt. Und wenn man demjenigen selbstbewusst gegenübertritt und denjenigen auch mit Respekt behandelt, funktioniert das."
    Auch die Erfahreneren können von Jette Petersen eine Menge lernen, sagt ihre Kollegin. Sie bringe frischen Wind in den Altenheimalltag, sehe Dinge auch mal lockerer. Nur daran, dass in diesem Job der Tod allgegenwärtig ist, kann sie sich nicht gewöhnen.
    "Es heißt zwar, es gehört zu unserem Alltag dazu, aber trotzdem: Einen Menschen, den man jahrelang begleitet hat, zu sehen, dass er erlöst wird irgendwann: Man sieht da nicht drüber hinweg."