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Ausblick auf das Jubiläum 2019
Chance für die Kunstinstitution Bauhaus?

Die Bauhaus-Designideen sind in der ganzen Welt verbreitet und die Kunstschule gilt bis heute als einflussreiche Ideenschmiede der Moderne. Anlässlich des 100. Jahrestages der Gründung durch Walter Gropius in Weimar soll 2019 im großen Stil daran erinnert werden - mit neuen Bauhaus-Museen und weltweiten Ausstellungen.

Von Carsten Probst |
    Das Bauhaus-Museum in Weimar. Der Bau soll demnächst zum neuen "Haus der Weimarer Republik" umgewandelt werden.
    Das Bauhaus-Museum in Weimar. (dpa / Martin Schutt)
    Schon wieder ein Jubiläum. Annemarie Jaeggi seufzt, denn sie empfindet Jubiläen und Gedenktage manchmal ein wenig wie Rituale. Trotzdem sieht die Leiterin des Bauhaus-Archivs in Berlin darin auch eine Chance: Das Bauhaus-Jahr 2019 biete die Gelegenheit, Diskussionen anzustoßen – über unsere Art zu wohnen, Städte zu bauen oder ganz einfach über die schöne Gestaltung von Dingen nachzudenken. Dazu allerdings müsste das Bauhaus, eine der erfolgreichsten deutschen Kunstinstitutionen überhaupt, erst einmal wieder bekannter werden, meint Jaeggi.
    "Wir merken ja bei uns im Bauhaus-Archiv, dass über 80 Prozent unserer Besucher aus dem Ausland kommen. Und einerseits kann man sagen, das ist ja ganz wunderbar, andererseits kann man das auch umgekehrt lesen und sagen, warum erreichen wir so wenig Berliner oder in Deutschland lebende Menschen. Und darum geht es uns mit diesem Jubiläum vor allem."
    Nach einer Zwischenstation im anhaltinischen Dessau wanderte die Bauhaus-Schule schließlich nach Berlin, wo sie 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Die meisten Bauhaus-Lehrer wie Walter Gropius oder Ludwig Mies van der Rohe gingen ins Exil, vor allem in die USA, wo sie ihren Einfluss auf das Moderne Design und die Architektur noch ausbauten. Anlässlich des Jubiläums sollen in Weimar und Dessau neue Bauhaus-Museen eröffnen und weltweit Ausstellungen stattfinden, die diesen Einfluss würdigen.
    Immer wieder Kritik am Bauhaus-Design
    Es bleibt abzuwarten, ob sie daneben auch die Kritik spiegeln, die es am Bauhaus immer wieder gab. Bauhaus-Gründer Walter Gropius bemühte sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder in den Medien, die Vorwürfe zu entkräften, wie hier in einer historischen Rundfunkaufnahme Mitte der 1950er-Jahre.
    "Man hat immer gesprochen vom Funktionalismus im Bauen. Man hat auch mich angeprangert als einen rein technischen Menschen, der nur realistisch-funktionale Sachen machen wollte. Das ist absolut unrichtig. Für mich ist die Frage der Schönheit ein Urbedürfnis im Menschen, was erfüllt werden muss, und das geht natürlich in alle Details des Baues."
    Doch die Kritik blieb, und sie wurde in den 70er-Jahren, nach dem Tod der einstigen großen Bauhaus-Lehrer wie Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Hannes Meyer nur noch größer, insbesondere im Bereich von Architektur und Stadtplanung.
    "Das eine ist, es gibt das Problem der Verklärung. Das Bauhaus war sicherlich sehr produktiv, sehr innovativ, hat aber auch große Irrwege hinter sich. In den 1970er-Jahren zum Beispiel war die Kritik an der Moderne ja sehr, sehr deutlich und auch nicht ganz unberechtigt. Das sind Sachen, die man gegenwärtig nicht mehr so hört", meint etwa Philipp Oswalt, Architekt und selbst ehemaliger Leiter des Bauhauses Dessau.
    Die Standardisierung und industrielle Vorfertigung von Architektur, die vor allem auf das Bauhaus zurückgeht, hat gewaltige Problemzonen in den Städten hinterlassen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, wie man etwa an den berüchtigten Pariser Banlieues oder den Hochhaus-Slums in Asien und Lateinamerika bis heute erkennen kann. Gropius' Lehre vom Standardmenschen, der überall auf der Welt die gleichen Bedürfnisse haben soll, ist längst überholt.
    Annemarie Jaeggi, die Leiterin des Berliner Bauhaus-Archivs, verweist aber auch darauf, dass es schon innerhalb des Bauhauses teilweise extreme Gegensätze und Widersprüche gab. Manche Bauhaus-Lehrer waren miteinander regelrecht verfeindet.
    "Was man heute für ein Bild vom Bauhaus hat, ist eine Angelegenheit, die, ich würde sagen, manchmal auch sehr persönlich ist. Das macht wahrscheinlich auch dieses Phänomen Bauhaus so stark und so ergiebig, dass es Projektionsfläche für vielerlei Dinge sein kann und ist."
    Bauhaus steht offen zur Interpretation
    Wahr ist: Aller Kritik zum Trotz gilt das Bauhaus vielen bis heute immer noch als gültiger Inbegriff des Innovativen, der gesellschaftlichen Kraft von Kunst und Architektur. Wahr ist aber auch: Nach dem Tod der letzten Bauhäusler gibt es keine verbindliche Interpretation der Bauhaus-Lehren mehr. Das Bauhaus steht offen zur Interpretation für jeden- oder mit den Worten von Philipp Oswalt:
    "Jede Klamottenfirma, jeder Getränkehersteller trägt einen Gestus von Kreativität vor sich her. Das ist sozusagen zu der Währung der Gegenwart geworden. Und was ist da nicht passender als ein Bauhaus-Erbe, was offenbar doch ein sehr erfolgreiches Kreativitätsversprechen darstellt."
    Wird das Bauhaus-Jubiläum 2019 – wie so viele Gedenkveranstaltungen –, also ein weiteres Fest der kommerziellen Beliebigkeiten? Die Veranstalter des Jubiläumsprogramms "Bauhaus100" stellen sich das ganz anders vor. Sie sehen das Jahr 2019 als Chance für eine neue, breite Diskussion über die Zukunft unserer Städte.