Die Hosteria 700 ist eines der feineren Restaurants in Cremona, 100 Kilometer südöstlich von Mailand. Kristalllüster unter historischer Kassettendecke, antike Möbel, schwere Stoffservietten. Der Service ist freundlich, aber unaufdringlich, die Gäste unterhalten sich im gedämpften Ton. Hier isst Giuseppe Prestiti zu Mittag, wenn er Trost braucht. Oder Ruhe, um nachzudenken. Oder beides.
"Das Land braucht strukturelle Veränderungen. Wir müssen Opfer bringen und die Bürger davon überzeugen, dass diese Opfer nötig sind, um unsere Zukunft zu sichern. Das geht aber nur mit einer glaubwürdigen Politikerklasse, einer glaubwürdigen Regierung."
Giuseppe Prestiti ist selbst Politiker. Lokalpolitiker. Mit seiner konservativen Zentrumspartei "Unione democratica del centro", kurz UDC ist er im Stadtrat von Cremona in der Opposition. Die UDC, die laut Umfragen aktuell auf einen Stimmenanteil von fast acht Prozent im Land kommen würde, ist auch in Rom in der Opposition. Das war sie nicht immer. Jahrelang regierte sie gemeinsam mit dem von Silvio Berlusconi geschmiedeten Parteienbündnis des rechten Lagers. Doch vor den Wahlen 2008 kündigte UDC-Parteiführer Casini Silvio Berlusconi die Zusammenarbeit auf, und er schärfte das Profil der Partei. Katholische Werte will die UDC jetzt stärker vertreten, Werte, die Silvio Berlusconi nicht mehr glaubwürdig vertreten kann, meint Giuseppe Prestiti. Aber dann winkt er ab, Italiens Problem ist für ihn nicht nur Berlusconi.
"Wenn Berlusconi erst einmal weg ist, riskieren wir den Untergang des ganzen politischen Systems, weil es von diesem Pro und Contra Berlusconi lebt. Aber wir haben jetzt ganz andere Probleme. Wie lässt sich Italien künftig regieren?, das ist die Frage und damit beschäftigen wir uns."
Die politischen Szenarien für die Zeit nach Berlusconi sind zahlreich - und sie werden nicht nur in Rom diskutiert, sondern auch in den Ortsgruppen der verschiedenen Parteien. Ständen heute Wahlen an, würde die größte Oppositionspartei, der moderat-linke"Partito democratico" allen Umfragen zufolge stärkste politische Kraft. Aber zum Regieren würde es nicht reichen. Wer käme als Koalitionspartner in Frage? Die weiter links stehende Partei "Sinistra, ecologia, libertà, Links, Ökologie, Freiheit"? Die Partei von Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro "Italia dei valori" , Italien der Werte? Die Gruppe um Parlamentspräsident Gianfranco Fini, die aus der Regierung Berlusconi ausgetreten ist? Italiens Parteienlandschaft ist fragmentiert, trotz eines Wahlgesetzes, das ein bipolares Parteiensystem fördern soll. Es zwingt die Parteien zwar in zwei sich gegenüberstehende Wahlkoalitionen, kann aber die Existenz von mehr als einem Dutzend Parteien bisher nicht verhindern. Gerade die kleinen Parteien werden so oft zum Zünglein an der Waage. Die UDC nimmt dabei eine Schlüsselstellung ein, weil sie sowohl im rechten als auch im linken Lager als Koalitionspartner in Frage kommt. "Terzo polo" " Dritter Pol" nennt das Parteiführer Pier Ferdinando Casini, Lokalpolitiker Giuseppe Prestiti spricht von der neuen politischen Mitte:
"Wir sind dabei, dieses bipolare System, das nicht funktioniert, aufzubrechen. Uns interessiert, was morgen passiert. Dabei haben wir keine unmöglichen Vorstellungen. Wir wollen eine Regierung der nationalen Einheit, in der alle vertreten sind, die Verantwortungsbewusstsein haben. Diese Regierung könnte dann in den nächsten vier, fünf Jahren die Dinge angehen, die dringend nötig sind, damit Italien wieder auf Kurs gebracht wird."
Konkret heisst das: Schuldenabbau, Reform des Arbeitsmarktes, Marktliberalisierungen, Rentenreform. Maßnahmen, die Regierungschef Silvio Berlusconi auch in seinem Brief an die EU angekündigt hat. Aber eben nur angekündigt. Ihre Umsetzung erfordert die Zustimmung des Parlaments und zumindest in einer der beiden Kammern ist Berlusconis Mehrheit nur noch hauchdünn und bei so unpopulären Themen wie der Erhöhung des Rentenalters keinesfalls sicher.
Umberto Bossi von der Lega Nord brüstet sich damit, die Regierung jederzeit zu Fall bringen zu können, Zeitungsberichten zufolge bereiten sogar Mitglieder von Berlusconis eigener Partei eine interne Rücktrittsforderung an ihn vor, doch noch ist es nicht soweit. Noch ist Berlusconi im Amt und verbreitet über enge Vertraute wie die Unterstaatssekretärin Daniela Santanché Durchhalteparolen.
"Die Regierung gibt alles, im Interesse Italiens"
Hinter den Kulissen werden dagegen die Allianzen für die Zeit nach Berlusconi geschmiedet. Eine Stunde lang haben sich gestern die Spitzenpolitiker der Oppositionsparteien getroffen. Was sie vereinbart haben, geben sie jedoch nicht preis.
"Das Land braucht strukturelle Veränderungen. Wir müssen Opfer bringen und die Bürger davon überzeugen, dass diese Opfer nötig sind, um unsere Zukunft zu sichern. Das geht aber nur mit einer glaubwürdigen Politikerklasse, einer glaubwürdigen Regierung."
Giuseppe Prestiti ist selbst Politiker. Lokalpolitiker. Mit seiner konservativen Zentrumspartei "Unione democratica del centro", kurz UDC ist er im Stadtrat von Cremona in der Opposition. Die UDC, die laut Umfragen aktuell auf einen Stimmenanteil von fast acht Prozent im Land kommen würde, ist auch in Rom in der Opposition. Das war sie nicht immer. Jahrelang regierte sie gemeinsam mit dem von Silvio Berlusconi geschmiedeten Parteienbündnis des rechten Lagers. Doch vor den Wahlen 2008 kündigte UDC-Parteiführer Casini Silvio Berlusconi die Zusammenarbeit auf, und er schärfte das Profil der Partei. Katholische Werte will die UDC jetzt stärker vertreten, Werte, die Silvio Berlusconi nicht mehr glaubwürdig vertreten kann, meint Giuseppe Prestiti. Aber dann winkt er ab, Italiens Problem ist für ihn nicht nur Berlusconi.
"Wenn Berlusconi erst einmal weg ist, riskieren wir den Untergang des ganzen politischen Systems, weil es von diesem Pro und Contra Berlusconi lebt. Aber wir haben jetzt ganz andere Probleme. Wie lässt sich Italien künftig regieren?, das ist die Frage und damit beschäftigen wir uns."
Die politischen Szenarien für die Zeit nach Berlusconi sind zahlreich - und sie werden nicht nur in Rom diskutiert, sondern auch in den Ortsgruppen der verschiedenen Parteien. Ständen heute Wahlen an, würde die größte Oppositionspartei, der moderat-linke"Partito democratico" allen Umfragen zufolge stärkste politische Kraft. Aber zum Regieren würde es nicht reichen. Wer käme als Koalitionspartner in Frage? Die weiter links stehende Partei "Sinistra, ecologia, libertà, Links, Ökologie, Freiheit"? Die Partei von Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro "Italia dei valori" , Italien der Werte? Die Gruppe um Parlamentspräsident Gianfranco Fini, die aus der Regierung Berlusconi ausgetreten ist? Italiens Parteienlandschaft ist fragmentiert, trotz eines Wahlgesetzes, das ein bipolares Parteiensystem fördern soll. Es zwingt die Parteien zwar in zwei sich gegenüberstehende Wahlkoalitionen, kann aber die Existenz von mehr als einem Dutzend Parteien bisher nicht verhindern. Gerade die kleinen Parteien werden so oft zum Zünglein an der Waage. Die UDC nimmt dabei eine Schlüsselstellung ein, weil sie sowohl im rechten als auch im linken Lager als Koalitionspartner in Frage kommt. "Terzo polo" " Dritter Pol" nennt das Parteiführer Pier Ferdinando Casini, Lokalpolitiker Giuseppe Prestiti spricht von der neuen politischen Mitte:
"Wir sind dabei, dieses bipolare System, das nicht funktioniert, aufzubrechen. Uns interessiert, was morgen passiert. Dabei haben wir keine unmöglichen Vorstellungen. Wir wollen eine Regierung der nationalen Einheit, in der alle vertreten sind, die Verantwortungsbewusstsein haben. Diese Regierung könnte dann in den nächsten vier, fünf Jahren die Dinge angehen, die dringend nötig sind, damit Italien wieder auf Kurs gebracht wird."
Konkret heisst das: Schuldenabbau, Reform des Arbeitsmarktes, Marktliberalisierungen, Rentenreform. Maßnahmen, die Regierungschef Silvio Berlusconi auch in seinem Brief an die EU angekündigt hat. Aber eben nur angekündigt. Ihre Umsetzung erfordert die Zustimmung des Parlaments und zumindest in einer der beiden Kammern ist Berlusconis Mehrheit nur noch hauchdünn und bei so unpopulären Themen wie der Erhöhung des Rentenalters keinesfalls sicher.
Umberto Bossi von der Lega Nord brüstet sich damit, die Regierung jederzeit zu Fall bringen zu können, Zeitungsberichten zufolge bereiten sogar Mitglieder von Berlusconis eigener Partei eine interne Rücktrittsforderung an ihn vor, doch noch ist es nicht soweit. Noch ist Berlusconi im Amt und verbreitet über enge Vertraute wie die Unterstaatssekretärin Daniela Santanché Durchhalteparolen.
"Die Regierung gibt alles, im Interesse Italiens"
Hinter den Kulissen werden dagegen die Allianzen für die Zeit nach Berlusconi geschmiedet. Eine Stunde lang haben sich gestern die Spitzenpolitiker der Oppositionsparteien getroffen. Was sie vereinbart haben, geben sie jedoch nicht preis.