Der Streit um die Rüstungsexporte der Bundesregierung hängt sich derzeit an zwei Punkten auf: Dem deutschen Ausfuhrstopp nach Saudi-Arabien – verhängt wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi – und der vertieften Zusammenarbeit von Frankreich und Deutschland, die im Aachener Freundschaftsvertrag vereinbart wurde.
Der Ausfuhrstopp gilt seit Oktober und läuft bis Anfang März. Die Regierung muss sich nun also über eine Verlängerung verständigen. Das hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende auf der Münchener Sicherheitskonferenz schon deutlich gemacht:
"Man kann nicht von einer europäischen Armee sprechen und von einer gemeinsamen Rüstungspolitik oder Rüstungsentwicklung sprechen, wenn man nicht gleichzeitig auch bereit ist, eine gemeinsame Rüstungsexportpolitik zu machen und da haben wir in Deutschland noch viele komplizierte Diskussionen vor uns."
Union und SPD uneins
Der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich befürwortet laut der Nachrichtenagentur Reuters eine Verlängerung, der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt fordert dagegen Ausnahmen, etwa für Patrouillenboote. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte am Wochenende auf der Sicherheitskonferenz in München betont, dass Europa in Fragen der Rüstungsexporte gemeinsam agieren müsse:
"Wir Deutschen sollten nicht so tun, als seien wir moralischer als die Franzosen oder menschenrechtspolitisch weitsichtiger als Großbritannien. Wir müssen die politische Kraft aufbringen für eine verlässliche, eine gemeinsame Linie, einen europäischen Standpunkt."
Großbritannien: Außenminister Hunt will sofortiges Umsteuern
Der deutsche Ausfuhrstopp hat nämlich Auswirkungen auf gemeinsame europäische Projekte. Großbritanniens Außenminister Jeremy Hunt kritisiert in einem Brief an seinen deutschen Kollegen Heiko Maas die deutsche Linie. Da deutsche Bauteile für Kampfjets oder Raketen nicht mehr nach Saudi-Arabien geliefert werden dürfen, könnten britische Unternehmen ihre Verträge nicht erfüllen, so Hunt in dem Schreiben über das der "Spiegel" berichtet. Er fordert daher ein sofortiges Umsteuern. Die strategischen Beziehungen zum saudischen Königreich müssten fortgesetzt werden, so Hunt heute in Berlin.
Erst Anfang der Woche hatte die deutsche Würth-Gruppe Widerspruch gegen den Exportstopp eingelegt. Das Unternehmen liefert Schalter für gepanzerte Polizeifahrzeuge eines französischen Herstellers – ein Deal, der eigentlich genehmigt war, derzeit aber durch den Exportstopp blockiert wird.
SPD-Parteichefin Andrea Nahles zeigt sich derweil skeptisch, wenn es um mögliche Kompromisse beim Exportstopp nach Saudi-Arabien geht. Sie verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem sich SPD und Union auf eine restriktivere Rüstungsexportpolitik verständigt haben. Diese soll als Basis für eine gemeinsame europäische Rüstungsexportpolitik dienen.
Grüne kritisieren deutsch-französische Rüstungszusammenarbeit
Vor diesem Hintergrund kritisierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter gestern die im Aachener Vertrag vereinbarte besondere Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich:
"Wir haben auf europäischer Ebene seit 2008 vernünftige strenge und an Menschenrechtsstandards orientierte Rüstungsexportrichtlinien, und wir erwarten von einer Bundesregierung, die gerne das Wort Europa im Mund führt, dass sie dafür sorgt, dass diese Richtlinien endlich verbindlich werden und gemeinsam umgesetzt werden und nicht extra Geschäfte mit einem weiteren wichtigen Land in Europa, nämlich mit Frankreich, durchführt, denn europäisch funktioniert es nur, wenn auch mächtige Länder sich an die gemeinsamen Regeln halten."
Wirtschaftsminister Peter Altmaier betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit beider Länder gestern bei einem Termin mit seinem französischen Amtskollegen. Auch aus Frankreich war zuletzt viel Kritik am deutschen Exportstopp nach Saudi-Arabien gekommen.