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Ausgaben für Sicherheitspolitik
"Wir brauchen nicht über mehr Geld reden"

Der Bundestag berät ab heute abschließend über den Haushalt für 2016. Nach Ansicht des haushaltspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg, sind keine zusätzlichen Ausgaben für die Sicherheitspolitik notwendig. Unabhängig von den Terroranschlägen in Paris seien mehr Mittel zur Verfügung gestellt worden, als die Sicherheitsdienste haben wollten, sagte Rehberg im DLF.

Eckhardt Rehberg im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU
    Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion (imago / Metodi Popow)
    Man habe bereits massiv bei der Bundespolizei, beim Bundeskriminalamt und bei den Sicherheitsbehörden aufgestockt, erklärte Rehberg im DLF. Der Etat des Bundesinnenministeriums wachse um 1,5 Milliarden Euro. Man brauche jetzt nicht über mehr Geld sprechen. "Wir sind den Herausforderungen gewachsen."
    Zur Flüchtlingspolitik sagte Rehberg, die Haushaltspolitiker hätten mit der Zahl 800.000 gerechnet - denn dies sei der Kompromiss zwischen Bund und Ländern Ende September gewesen. 4,3 Milliarden Euro würden für Länder und Kommunen bereitgestellt, davon 500 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau. Sollten mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen, müsste gegebenenfalls ein Nachtragshaushalt gefahren werden. Es sei aber ein "Stochern im Nebel", darüber nachzudenken, da man ja nicht wisse, wie viele von ihnen in den Arbeitsmarkt integriert und wie viele abgeschoben würden.

    Das Interview in voller Länge:
    Tobias Armbrüster: Es sind eine Menge neue Aufgaben, die gerade auf die deutschen Politiker zukommen. Hunderttausende von Flüchtlingen brauchen eine Unterkunft und eine Perspektive. Das kostet Geld. Auf einmal haben wir außerdem ein Terrorproblem, vielleicht noch nicht ganz so schlimm hier bei uns wie in Frankreich oder in Belgien, aber schon werden auch hier bei uns in Deutschland Rufe lauter nach mehr Polizei. Das ist eine Situation, die vor einem Jahr niemand vorhergesehen hat, und eine Situation, die wiederum vor allem eins erfordert: Geld, und zwar eine ganze Menge. Im Bundestag wird nun in dieser Woche der Haushalt für das kommende Jahr festgezurrt und die neuen Herausforderungen spielen da natürlich auch eine Rolle.
    Am Telefon ist jetzt Eckhard Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion. Schönen guten Morgen, Herr Rehberg.
    Eckhard Rehberg: Schönen guten Morgen!
    Armbrüster: Herr Rehberg, mehr Polizisten werden gebraucht, mehr Personal in den Sicherheitsbehörden allgemein. Kann man überhaupt jetzt im November schon sagen, wie viel Geld da im kommenden Jahr gebraucht wird?
    Rehberg: Wir haben völlig unabhängig von den Terroranschlägen in Paris - wir hatten ja am 12., 13. November unseren Haushaltsabschluss - massiv bei der Bundespolizei, beim Bundeskriminalamt, aber auch bei den Sicherheitsbehörden sowohl personell als auch materiell aufgestockt. Der Etat des Bundesinnenministeriums wächst um 1,5 Milliarden Euro. Wir werden in diesem Jahr rund 1.600 neue Stellen bei der Bundespolizei schaffen, in den nächsten drei Jahren fast 4.000, beim Bundeskriminalamt weit über 300 Stellen, und wir werden auch den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz so ausstatten, dass wir den neuen Herausforderungen gerecht werden. Wir brauchen jetzt erst mal nicht über mehr Geld im kommenden Jahr zu reden, sondern das haben wir Haushälter schon vor 14 Tagen eingestellt.
    Armbrüster: Auf welche Informationen verlassen Sie sich da? Woher wissen Sie, dass das ausreicht?
    Rehberg: Ich denke, wenn man mehrere tausend Stellen bei der Bundespolizei, mehrere hundert Stellen bei den Sicherheitsbehörden neu ausweist, dann müssen diese Stellen erst mal besetzt werden. Und wenn diese Stellen in verschiedenen Bereichen, Bekämpfung Islamismus, Rechtsextremismus oder bei der Bundespolizei zur Sicherung der Grenze besetzt sind, dann können wir uns über neues und über mehr Geld unterhalten.
    Armbrüster: Wann wird das denn soweit sein? Das dauert ja sicher einige Zeit, bis diese ganzen Leute ausgebildet sind und eingestellt sind.
    Rehberg: Ja gut. Einen Bundespolizisten ausbilden dauert drei Jahre. Auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werden im kommenden Jahr 2.700 neue Stellen ausgewiesen werden. Die müssen besetzt werden und wir müssen auch die entsprechenden Personen finden mit den entsprechenden Qualifikationen. Das wird Zeit brauchen. Aber wir haben vor den Terroranschlägen reagiert, weil gerade uns in der Union innere Sicherheit ein wichtiges politisches Thema ist.
    "Innere Sicherheit ist wichtig, ganz unabhängig von der aktuellen Situation"
    Armbrüster: Kann es denn andererseits vielleicht auch sein, dass die Sicherheitsbehörden diese Lage jetzt gerade so ein bisschen ausnutzen und sich ein möglichst großes Stück von diesem Haushaltskuchen sichern?
    Rehberg: Nein, überhaupt nicht. Wir haben als Haushälter von Union und SPD deutlich mehr Mittel und deutlich mehr Stellen zur Verfügung gestellt, als die Sicherheitsdienste insgesamt haben wollten, weil wir ganz einfach gesagt haben, innere Sicherheit ist wichtig, ganz unabhängig von der aktuellen Situation.
    Armbrüster: Da will ich noch mal auf Ihre Informationsgrundlage schauen. Mal angenommen, niemand wünscht sich das, aber man muss ja in der Politik damit kalkulieren und wir hören das ja auch immer wieder, auch hier bei uns im Deutschlandfunk in vielen Interviews, dass es durchaus auch möglich wäre, dass es bei uns in Deutschland zu einem größeren Anschlag kommt, wären wir dann immer noch mit diesen Zahlen im Haushalt, könnten wir dann immer noch damit zufrieden sein, oder müssten wir dann noch einmal massiv aufstocken?
    Rehberg: Ich glaube, wir sind den Herausforderungen gewachsen. Jetzt kann man immer Szenarien an die Wand malen. Deutschland hat bisher sicher Glück gehabt. Aber ich glaube, das ist auch der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden zu verdanken, dass wir von größeren terroristischen Aktivitäten verschont geblieben sind. Ich bin davon überzeugt, dass das, was wir jetzt im Haushalt für das kommende Jahr und für die nächsten drei Jahre eingestellt haben, erst mal der Situation gerecht wird. Und wenn es neue Situationen gibt, dann sind wir auch in der Lage, noch mal aufzustocken. Aber wie gesagt, wir müssen erst das Personal gewinnen und das Personal ausbilden.
    Armbrüster: Welche Rolle spielen solche Themen denn eigentlich, wenn Sie sich da im Haushaltsausschuss über zum Beispiel Terrorismus unterhalten? Ist das sozusagen ein Thema top auf der Agenda bei Haushaltsberatungen?
    Rehberg: Das war ein zentrales Thema und innere Sicherheit ist gerade bei CDU und CSU immer ein sehr vorderes Thema mit oberster Priorität.
    Armbrüster: Und ich höre da raus, bei Ihrem Koalitionspartner, bei der SPD nicht so?
    Rehberg: Wir haben das gemeinsam beschlossen, aber die Union ist die Partei der inneren Sicherheit. Hier gab es auch keine Differenzen mit der SPD.
    Armbrüster: Herr Rehberg, ein anderes großes Feld, aber mit diesem hier durchaus verwandt: Die Flüchtlingspolitik. Bislang beruhen alle Berechnungen in Deutschland darauf, dass 800.000 Einwanderer in diesem Jahr zu uns nach Deutschland kommen. Aber diese Zahl - darauf deutet, glaube ich, alles hin - ist nicht zu halten. Von wie vielen Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, gehen die Haushaltspolitiker aus?
    Rehberg: Wir haben erst mal die Zahl 800.000 genommen. Das war der Kompromiss am 24. September zwischen Bund und Ländern. Wir werden 4,3 Milliarden an die Länder und an die Kommunen weitergeben, davon 500 Millionen für sozialen Wohnungsbau, der Rest ungebunden in die Länderhaushalte. Hier sind die Länder dafür verantwortlich, dass das Geld auch ankommt. Das klappt in Bayern und bei mir in Mecklenburg-Vorpommern sehr gut, in Nordrhein-Westfalen weniger gut, und wir stellen 3,3 Milliarden Euro im Bundeshaushalt zur Verfügung. Wenn Ihre Frage dahin geht, wenn es mehr Flüchtlinge sind, dann ist vereinbart, dass wir eine Spitzabrechnung vornehmen, und dann werden wir uns im kommenden Jahr den Herausforderungen stellen.
    "Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2016"
    Armbrüster: Das heißt, dann noch einmal nachlegen?
    Rehberg: Wir müssen dann gegebenenfalls einen Nachtragshaushalt fahren, aber das wird man nicht jetzt entscheiden müssen, sondern im Laufe des kommenden Jahres.
    Armbrüster: Und dann würde auch die schwarze Null wackeln? Dann müsste man auch neue Schulden aufnehmen?
    Rehberg: Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2016.
    Armbrüster: Das ist der, den Sie jetzt geplant haben?
    Rehberg: Ja. Wir schieben 6,1 Milliarden Euro ins nächste Jahr rüber. Wir sind sehr konservativ geblieben bei den Zinsausgaben, bei den Steuereinnahmen und beim Haushaltsvollzug bleibt auch immer noch Geld übrig. Das wird man sehen müssen. Wir haben nach wie vor eine positive wirtschaftliche Entwicklung und deswegen gehe ich davon aus, dass wir auch eine größere Herausforderung beim Thema Flüchtlinge ohne neue Schulden meistern werden können.
    Armbrüster: Dann will ich mal so fragen: Wie viele Flüchtlinge passen denn in den Bundeshaushalt?
    Rehberg: Die Zahl kann Ihnen heute keiner sagen. Das ist A ein Stochern im Nebel oder B ein Blick in die Glaskugel, weil wir ja auch nicht wissen, Thema Abschiebung, wie viele werden abgeschoben, und dann auch das nächste Thema, wie schnell gelingt die Integration in den Arbeitsmarkt. Denn jeden Flüchtling, den ich in den Arbeitsmarkt integriere, der ist nicht mehr auf Sozialtransfers angewiesen. Insoweit: Das wäre eine reine Zahlenspielerei.
    Armbrüster: Moment! Das heißt, im Haushaltsausschuss hat sich niemand bei diesen Beratungen Gedanken darüber gemacht, was nun passiert mit diesem Haushalt, wenn es eine Million werden?
    Rehberg: Natürlich machen wir uns darüber Gedanken. Aber wie gesagt: Die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern war 800.000 und die weitere Vereinbarung ist, dass im Laufe des kommenden Jahres evaluiert wird, eine Spitzabrechnung gemacht wird, und dann werden wir sehen, wie die Zahlen sind.
    Armbrüster: Gut. Dann sehen wir dann weiter. - Das war Eckhard Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag. Ich danke Ihnen vielmals, Herr Rehberg, für Ihre Zeit heute Morgen.
    Rehberg: Schönen guten Morgen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.