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Die Nachricht hat viele Internetnutzer aufgeschreckt, die sich mithilfe von sogenannten RSS-Feeds umfassend und schnell auf dem Laufenden halten: Google stellt zum 1. Juli seinen Dienst Reader ein. Mit Reader konnten sich informationshungrige Netzsurfer die eigene Nachrichtenzentrale zusammenstellen. Doch es gibt Alternativen.

Von Manfred Kloiber |
    Jeder, der regelmäßig auf Nachrichtenportalen und Themenblogs surft, um sich über das Weltgeschehen auf dem Laufenden zu halten oder um in Fachblogs aktuelle Spezialinformationen zu suchen, der weiß einen sogenannten Nachrichten-Aggregator wie Google Reader zu schätzen. Auch Dr. Michael Spehr, Technikredakteur bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", kennt die Vorteile des Readers. Der Webservice fasst persönliche Abonnements bei Internetnachrichtendiensten, den Netzangeboten der klassischen Medien und den meist themenzentrierten Webblogs per sogenannten RSS-Feeds in einer Ansicht zusammen - wie eine Nachrichtenzentrale eben:

    "Man sieht die Überschriften und die Anreißertexte im Überblick. Man kann alte Nachrichten als gelesen markieren oder neue Nachrichten mit ein, zwei Mausklicks an Twitter oder Facebook oder Google+ schicken. Es ist also quasi ein Nachrichtenaggregationssystem für Leute, die besonders stark Nachrichten im Internet mitverfolgen."

    Zwei Gründe nennt Google selbst für die Einstellung seines Dienstes. Offiziell heißt es, das Interesse am Reader habe nachgelassen. Und: Man wolle das für den Dienst notwendige Personal lieber für andere Angebote einsetzen. Doch neben der offiziellen Version kursieren auch Gerüchte. Die meisten davon tippen auf einen Zusammenhang mit dem sozialen Netzwerk Google+, das in scharfer Konkurrenz zu Facebook steht und nur schleppend anläuft, so Spehr:

    "Die sagen, es soll Google+ gepusht werden. Google+ ist aber kein Ersatz des Readers, sondern ein ganz anderes System. Und vielleicht hat man gesehen, dass doch ein bisschen zu viel Traffic noch über den Google Reader läuft, und hat nicht die Folgen bedacht und dann gesagt, wie machen das Ding jetzt dicht, sollen die Leute alle zu Google+ gehen. Wäre eine Spekulation."

    Doch etliche Nutzer sind deshalb besonders verärgert über das plötzliche Aus für den Reader, weil Google viele ehemalige Konkurrenten im Newsreaderbereich aus dem Markt gedrängt hat. Nun stehen die Benutzer da, ohne allzu viele Ausweichmöglichkeiten zu haben. Denn bei den wenigen Alternativen, die es bislang für die Nutzung auf dem Smartphone oder auf dem Computer am Schreibtisch, dem Desktop gab, arbeitete Google Reader oft auch noch im Hintergrund als technologische Basis. Die fällt nun Weg. Der amerikanische Technologieblogger Frederic Lardinois von "Techcrunch" kennt aber ein paar Programme, die sich jetzt als Ersatz anbieten:

    "Gerade auf dem Smartphone zum Beispiel gibt es Sachen wie Reeder fürs iPhone oder Flipboard, all diese Programme, die ein bisschen schlauer sind eigentlich als der Google Reader - da gibt's viele Alternativen. Auf dem Desktop ist, glaube ich, die wichtigste Alternative Feedly. Feedly gibt es auch schon seit vielen, vielen Jahren. Das sieht ein bisschen mehr aus wie ein Magazin. Für mich ist das die beste Alternative für jemanden, der auch im Web nach einer Alternative sucht."

    Viele technische und optische Details unterscheiden die möglichen Ausweichprogramme. Deshalb raten Insider, sich die Programme in der verbleibenden Zeit bis zum 1. Juli genau anzusehen und die Szene zu beobachten. Außerdem sollten die bisherigen Nutzer nicht vergessen, sich ihre Einstellungen beim Google-Dienst Reader zu sichern und als Datei auf dem eigenen PC zu speichern. Nur so kann im Zweifel später zu einem anderen Programm ohne größere Anpassungsprobleme gewechselt werden. Und man sollte sich die Geschäftsmodelle der Alternativen genau ansehen - also, wie sich das Programm finanziert, ob durch Werbung oder durch Gebühren. Denn das kann darüber entscheiden, wie lange sich das Angebot am Markt halten kann. Lardinois:

    "Die Frage ist, ist das Geschäftsmodell hinter all diesen Programmen wirklich machbar. Wenn es nur Werbung ist, dann ist es schwierig. Viele der Applikationen für Smartphones, da muss man ja sowieso bezahlen, die haben auch ein Modell. Aber es stimmt schon: Man muss sich ein bisschen Gedanken machen, was will von diesen Programmen? Will man, dass sie jahrelang noch da sind, dann muss man vielleicht dafür auch bezahlen und sie laufen so, wie man es will."