Ob die B 2 in Treuenbrietzen oder die B 96 in Fürstenberg: Alljährlich wälzen sich zehntausende Lastwagen durch die Orte, machen den Anwohnern das Leben schwer. So auch in Klein Oßnig im Landkreis Spree-Neiße: Das Dorf liegt an der Bundesstraße 169. Durchschnittlich fahren 1400 Laster täglich hier durch, stöhnt Gerhard Düring, Vorsitzender der "Interessengemeinschaft B 169".
"Für uns ist das ein ruhiger Morgen. Wir haben ja jetzt hier so fünf, sechs 40-Tonner hintereinander, wir schaffen es auch bis auf zehn. Und Sie können sich vorstellen, was das für eine Belastung für die Bürger an Lärm ist, an Erschütterung ist."
Bund profitiert durch Mehreinnahmen
Das Geschirr tanzt im Küchenschrank und nachts schlafen viele hier mit Ohrstöpseln. Sie wollen auf dem Klageweg erreichen, dass die Ortsdurchfahrt für Lkw gesperrt wird. Seit dem ersten Juli steht nun immerhin eine blaue Mautsäule an der B 169 bei Klein Oßnig. Gerhard Düring war skeptisch, ob das hilft. Und sieht sich schon wenige Wochen später bestätigt.
"Also wir konnten nach Einführung der Lkw-Maut keine Besserung feststellen. Der LKW-Verkehr ist nicht weniger geworden. Und warum sollte er auch weniger werden, denn wir befinden uns hier in einer Abkürzungsstrecke: Der Lkw-Verkehr, der von der 15 auf die Autobahn 13 will, der nimmt diese Abkürzung und spart 31 Kilometer."
Im Gewerbegebiet von Großbeeren vor den Toren von Berlin: Ein Lastwagen fährt langsam rückwärts an eine der Ladestationen der internationalen Spedition Emons heran. Das Unternehmen hat bundesweit 150 eigene Lkw im Einsatz, mit Subunternehmern zählt die Flotte rund 1.000 Laster, erzählt Filialleiter Willi Emons, während er die große Lagerhalle zeigt. Die Spedition Emons ist auf Sammelgutverteilung spezialisiert, kleine Sendungen ab 30 Kilo, da sind die Fahrer auch viel auf Bundesstraßen unterwegs.
"Diese Mauterhöhung zum 1.7., das war dann so in einem Bereich von zwei bis 2,5 Prozent Frachtkostenerhöhung und da kommt dann noch einmal ein ähnlicher Betrag jetzt zum 1. Januar dann dazu, also es sind jetzt innerhalb von kurzer Zeit zwei Erhöhungen. In Summe kommt auf die verladende Wirtschaft eine Mehrbelastung von zirka fünf Prozent zu."
"Erheblicher Kostenschub" für Spediteure
Für alle Kontrollstellen, auch die auf den Autobahnen, werden zum 1. Januar 2019 neue Tarifsätze gelten. Der Bund erwartet künftig Einnahmen von rund sieben Milliarden Euro im Jahr, rund 2,5 Milliarden mehr als bisher. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband warnt vor einem "erheblichen Kostenschub" für die Unternehmen. Für die Firma Emons mit ihren 400 Millionen Gesamtumsatz bedeutet die Mautkosten von knapp einer Million Euro.
"Wo wir natürlich auch darauf angewiesen sind, das an die Kunden dann weiterzugeben. Dazu ist dann letztlich die Marge und der Kostendruck in dem Gewerbe einfach zu hart, um solche zusätzlichen Belastungen einfach mit auffangen zu können."
Es waren schwierige Gespräche mit den Kunden, doch letztendlich hätten die meisten Verständnis, sagt Willi Emons. Der Unternehmer sieht die neue Maut auf Bundesstraßen hauptsächlich als Einnahmequelle des Bundes. Lärmgeplagte Anwohner würden wohl nicht viel davon haben.
"Zum Beispiel wenn wir hier von Berlin Richtung Mecklenburg hochfahren. Da sind wir praktisch Bundesstraßen gefahren, aber jetzt ist die Maut da, deswegen fahren wir auch nicht über die Autobahn, weil da die Bundesstraße die kürzeste Strecke ist. Wenn ein Lkw anstatt drei Stunden vier Stunden unterwegs ist – das gleicht die Maut nicht aus. Man versucht eigentlich immer, dann den schnelleren Weg zu fahren. Also ich glaube, der Effekt ist nicht so groß."
Im Bundesverkehrsministerium glaubt man dagegen, "bei einigen Strecken einen mautbedingten Rückgang" beobachtet zu haben. Der sei nahezu komplett auf die Autobahnen zurückverlagert worden. In Klein Oßnig waren die Abgesandten des Bundesministeriums ganz offensichtlich nicht.