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Ausländische Bildungsabschlüsse
Gezinkte Diplome sind die große Ausnahme

Ob Arbeitskräfte aus dem Ausland mit ihren Zeugnissen in Deutschland arbeiten oder studieren können, wird gründlich überprüft. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Anträge. Für die Prüfer ein Job mit viel Verantwortung, das wird beim Besuch der "Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen" in Bonn klar.

Von Katrin Sanders |
    Erfüllt das Zeugnis geforderte Standards, steht einem Eintritt in den deutschen Arbeitsmarkt kaum mehr etwas im Wege.
    Erfüllt das Zeugnis geforderte Standards, steht einem Eintritt in den deutschen Arbeitsmarkt kaum mehr etwas im Wege. (imago/John Holcroft)
    Am Türschild der alten Wagenhalle in der Graurheindorfer Straße in Bonn steht: Kultusministerkonferenz. Und unter deren Dach findet man die - etwas fremd klingende - "Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen" - Kürzel: ZAB. Simone El Bahi leitet diesen Außenposten zwischen Bildung und Beruf:
    "Die Leute finden uns dann, wenn es um die Bewertung ihrer Hochschulqualifikation geht, wenn sie damit in Deutschland arbeiten möchten. Dann kann man dafür eine Zeugnisbewertung beantragen und das dauert dann gar nicht lange, dass man uns gefunden hat."
    Der Ingenieur aus dem Iran braucht die ZAB ebenso wie der Tischler aus Ghana oder die Ärztin aus Kolumbien. Immer geht es darum, ob sie mit ihrer Ausbildung hier arbeiten oder studieren können. Mehr als die Hälfte der Anfragen dazu wird aus den Bundesländern gestellt.
    Das politische Weltgeschehen kommt zeitversetzt zur ZAB
    Die ZAB musste expandieren, erläutert Simone El Bahi auf dem Weg quer über den Parkplatz zwischen den beiden Bürogebäuden. Jahr für Jahr steige die Zahl der Anfragen: Ob Griechenlandkrise oder Donbass, das politische Weltgeschehen wird zeitversetzt hier frei Haus geliefert:
    "Wir haben, nur um mal eine Zahl zu nennen, im Jahr 2012 für Syrien knapp hundert Zeugnisbewertungen ausgestellt, im letzten Jahr hatten wir 4000. Das ist ne Zahl..."
    30 Sprachen sind inhouse vorhanden, außerdem die Kenntnisse über die Bildungswege hier und in den Ländern der Welt.
    Spezialisierte Mitarbeiter helfen bei den Anrechnungszeiten
    Bei Elisabeth Sonnenschein landen Anfragen zu Osteuropa auf ihrem Schreibtisch. Heute wieder mehr als 40:
    "Ja, das ist von heute. Wir haben hier zum Beispiel eine Anfrage der Hochschule für angewandte Wissenschaft München. Da möchte eine Person einen Lehrauftrag machen. Und jetzt ist die Frage: Ist die Qualifikation, die die Person aus dem Ausland mitbringt, so hochwertig, dass man sie entsprechend tariflich eingruppieren kann? Das Nächste ist: Fragt die Deutsche Rentenversicherung. Die möchte wissen, wann das Sommer- oder Wintersemester an einer Hochschule in Spanien beginnt. Damit die Monate und Anrechnungszeiten geklärt sind."
    Ausländische und deutsche Lehrpläne liegen teils meilenweit auseinander
    Der Semesteranfang in Spanien? Das lässt sich schnell beantworten. Andere Fälle sind komplizierter. So wie der eines Neurologen aus Ägypten. Seine Vorkenntnisse und der deutsche Lehrplan schienen meilenweit auseinander zu liegen. Susanne Bornhöft von der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe aber wurde fündig:
    "Das war das deutsche Fach Neurologie, was in einem ägyptischen Curriculum intensiv gesucht werden musste. Die Inhalte der Neurologie, wie wir sie verstehen, hatten sich nämlich in achtzehn verschiedenen Fächern nach deren Curriculum verborgen."
    Welche Qualifikation wurde wirklich erworben?
    Der einfache Vergleich der Fächer- und Notenübersichten reiche in den Gesundheitsberufen lange schon nicht mehr aus. Seit dem letzten Jahr muss deshalb genau hingesehen werden, was die Ärztin, der Pfleger im Herkunftsland wirklich gelernt hat.
    "Wir können eigentlich immer Antworten geben", ergänzt Elisabeth Sonnenschein. Transparent und nachprüfbar die Bewertungen durch die ZAB. Es gehe schließlich immer um Arbeitsmarktchancen, sagt sie. Einhundert Rechercheure arbeiten dafür quer über die Schreibtische miteinander. Meist braucht es vereinte Expertise zu Sprache, Beruf oder Bildungsgang:
    "Warten Sie, ich muss mal eben auf die Datenbank Anabin gehen... Dann auf Schulabschlüsse mit Hochschulzugang und ein Land, aus dem diese Zeugnisse kommen sollen. Sagen Sie mal ein Land: Kolumbien. Dann gucken wir mal, mit K oder mit C. So dann habe ich hier verschiedene Abschlüsse."
    Intensive Recherche nach dem Marktwert der Bewerber
    Verbindliche, ständig aktualisierte Informationen, Datenbanken, Recherchehilfen und im Zweifelsfall eine Nachfrage im Land selbst per Mail oder Telefon - Janette Bohnert-Klug muss das können. Zeugnisse aus Albanien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina bewertet sie auf ihren Marktwert hier - auch das immer in der Originalsprache. Wir treffen uns im Pausenraum:
    "Also sehr schön ist, dass die meisten Länder jetzt auf Bachelor Masterabschluss umstellen. Das ist natürlich eine große Hilfe."
    Wie ist der Abschluss zustande gekommen, ist er echt?
    120 Anträge von Hochschulabsolventen, die in Deutschland beruflich Fuß fassen wollen, habe allein sie monatlich auf dem Schreibtisch liegen. Zügig muss es gehen und sorgfältig zugleich:
    "Wir fragen durchaus nach, wenn uns ein Abschluss nicht geläufig ist, oder es kommt uns komisch vor, auf welche Art der erworben wurde, auf welchen Umwegen. Dann fragen wir natürlich bei unseren Partnern nach in den Ländern. Die recherchieren dann auch nach in den Ländern oder fragen bei den Hochschulen nach. Zum Beispiel auch, wenn wir Zweifel an der Echtheit eines Abschlusses hätten."
    Für solche Fragen ist Friederike Ölmann leitend zuständig. Zurück geht’s über den Parkplatz in das Gebäude der Kultusministerkonferenz, Treppe hoch: Dort nennt die Fälschungsfachfrau die wichtigsten Prüfregeln:
    "Wir müssen immer die originalsprachlichen Dokumente haben, weil anhand von Übersetzungen kann man ja keine Fälschungen erkennen. Übersetzer werten ja häufig. Schreiben dann Staatsexamen rein, wenn da Diploma steht..."
    Zahl der Anfragen und Verantwortung steigen
    Richtiger Betrug, falsche Titel, gezinkte Diplome aber sind - das ist ihr wichtig - die große Ausnahme. Umso länger bleiben solche Fälle dann im Gedächtnis:
    "Ja, das hab ich auch schon gehabt. Also da hat jemand ein Zeugnis vorgelegt mit einer Unterschrift von jemand, der nicht mehr bei der Hochschule war aber dort gewesen ist. Das war zum Beispiel so was. Einmal ist eins von meinen eigenen Gutachten verfälscht worden."
    "Aus gut mach sehr gut."
    "Und mein Name stand noch untendrunter!"
    Die Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen: 16.500 Zeugnisse wurden im letzten Jahr bewertet. 5000 Emails und 2000 telefonische Fragen beantwortet, rund 23.000 Anfragen von Länderbehörden bearbeitet:
    "Die Verantwortung, die wir tragen, ist groß."