Wie die Journalisten in Deutschland arbeiten auch viele Auslandskorrespondenten wegen der Coronapandemie derzeit unter verschärften Bedingungen.
So arbeiten etwa die Korrespondentinnen und Korrespondenten in den 24 Studios der Mediengruppe RTL nur noch im Homeoffice oder "Mobile-Office", also ohne festen Arbeitsplatz, so RTL gegenüber @mediasres. Auch die Korrespondentinnen und Korrespondenten in den 31 Auslandsstudios der ARD arbeiten am jeweiligen Standort im Homeoffice, wie uns mehrere ARD-Anstalten auf Anfrage mitteilten. Vor allem die Hörfunkkorrespondenten würden überwiegend von zu Hause aus arbeiten, während Fernsehteams oft noch eingeschränkt für Berichte vor Ort unterwegs seien.
"Die Beteiligten auf Abstand halten"
In den Studios des BR in Rom, Wien, Tel Aviv und Buenos Aires und des NDR in Washington und London etwa fänden die Dreharbeiten in zwei getrennten Teams statt, damit sich immer die gleichen Personen begegnen. In den MDR-Büros in Prag, Neu Delhi und Zürich seien Teams nur noch für Schalten und wichtige Dreharbeiten unterwegs - das gesamte Team trage dann einen speziellen hochwertigen Mundschutz. Auch beim BR gelten für Reportagen strenge Auflagen - bei Außeneinsätzen sei Schutzkleidung "auch aus Respekt und zum Schutz der Interviewpartner" verpflichtend.
Wenn dennoch im Studio produziert werde, geschehe das auch in den SWR-Studios unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen: beispielsweise Plexiglasscheiben zwischen Cutter und Korrespondent. Bei Interviews und Dreharbeiten halte man die Abstandsregeln ein. RTL hat die Postproduktion von TV-Berichten nach eigenen Angaben so organisiert, dass Cutter und Autor nicht in einem Raum sitzen und dafür nicht in das Büro kommen müssen.
Wenige Korrespondenten ausgereist - oder nicht mehr eingereist
Einige wenige Korrespondenten der ARD seien laut betreffenden Anstalten gar nicht mehr in ihren Berichtsländern vor Ort, etwa weil sie durch Grenzschließungen nach einem Aufenthalt in Deutschland nicht mehr in das jeweilige Land einreisen konnten, aus privaten Gründen oder wegen einer individuellen Risikoabwägung. Andere Korrespondenten könnten erst gar nicht ausreisen, etwa in Rabat, so der HR, denn Marokko sei praktisch abgeschottet.
Auch Korrespondenten der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sind aus ihren Berichtsländern ausgereist, wie die Zeitung auf Anfrage mitteilte. So seien die Korrespondenten aus Moskau und dem Libanon zurück in Deutschland. Derzeit sind noch 26 "FAZ"-Korrespondenten im Ausland, dort aber im Homeoffice - "das ist jedoch ohnehin ihr Arbeitsort, auch unabhängig der Coronakrise", so die "FAZ".
Auch die "Süddeutsche Zeitung" teilte mit, noch 26 Korrespondentinnen und Korrespondenten im Einsatz in ihren Ländern vor Ort zu haben, drei Korrespondenten aus Warschau und dem Libanon seien indes zurück in Deutschland.
Während die Online-, Print- und Hörfunkkorrespondenten noch (Telefon-)Interviews aus dem Homeoffice tätigen können und überwiegend durchgehend arbeiten, sieht die Situation bei den Fernsehkorrespondenten anders aus.
Da die Fernsehteams während der Coronakrise getrennt und im wöchentlichen Wechsel arbeiteten, gehe der Umfang der Berichterstattung "naturgemäß" zurück, so der NDR. Es werde genau geprüft, welche Berichterstattung möglich ist und wie diese umzusetzen ist. Die strengen Einschränkungen würden insbesondere Interviews erschweren, so der HR.
Ähnlich sieht es bei RTL aus: Für eine seriöse Berichterstattung müssten sich die Korrespondentinnen und Korrespondenten in der jeweiligen Region bewegen - dies sei allerdings auf ein Minimum reduziert und auf Produktionen zum Thema Corona beschränkt.
Der BR teilte mit, niemanden in ein Risikogebiet zu schicken. Alle Außeneinsätze seien freiwillig, weshalb verstärkt mit freien Teams zusammengearbeitet werde, die Zugang zu teilweise abgeriegelten Orten haben - u.a. in Norditalien und auf den griechischen Inseln.
"Oberste Priorität hat der Gesundheitsschutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", so der WDR. Und auch der HR meint: "Gesundheit geht vor". Wo kein Homeoffice möglich sei, würden die strengsten Auflagen umgesetzt. Man beachte die Regeln der Behörden vor Ort, die Ratschläge des Betriebsarztes, des Auswärtigen Amtes und des Dienstleiters von International SOS. Radio Bremen teilte mit, immer zwischen der Gefahrensituation vor Ort, den Arbeitsmöglichkeiten vor Ort und persönlichen Faktoren (Risikogruppe oder familiäre Situation) abzuwägen.
Der BR betonte, die Schutzvorkehrungen auch aus journalistischen Gründen zu treffen: "Oberstes Ziel sind der Gesundheitsschutz - für die Korrespondentinnen selbst und für alle in ihrer Umgebung - sowie die Aufrechterhaltung der Berichterstattung", denn "wenn innerhalb eines Studios eine Infektion aufträte, wäre vermutlich das komplette Team arbeitsunfähig, weil viele in Quarantäne müssten." Auch WDR und rbb hoben hervor, mit ihren Maßnahmen, sowohl der Fürsorgepflicht als auch dem Programmauftrag gerecht werden zu wollen.
Bei RTL beurteile man gemeinsam mit den Korrespondenten vor Ort die Lage in den Regionen ständig neu und entscheide dann, ob ein Verbleib zumutbar sei. Das gelte derzeit besonders für die USA-Korrespondenten, so die Mediengruppe gegenüber @mediasres. Das wichtigste Kriterium sei dabei die Sicherheit und Gesundheit, und das bedeute für die Korrespondenten: "So wenig Kontakt wie nur möglich".
Wie sind die Arbeitsbedingungen aus Sicht der Korrespondentinnen und Korrespondenten im Ausland, wo die Lage überall anders ist - je nachdem, wie groß die Krise dort ist und wie stark die Regierungen dagegen vorgehen?
Wir reden über Spanien, die USA, China, Uganda und Ruanda – mit vier Kolleginnen und Kollegen, die für diese Berichtsgebiete zuständig sind - aus Radio, Fernsehen und Zeitung.
Thilo Kößler arbeitet derzeit von Köln aus. Er sei aus privaten Gründen nach Deutschland gereist – und dürfe wegen des Einreisestopps der USA nicht mehr zurück nach Washington, sagte Kößler in @mediasres.
Korrespondent Jan Bösche halte derzeit die Stellung im Studio in Washington: "Unsere Situation unterscheidet sich aber nicht grundsätzlich – meine Kollegen sitzen in Washington im Homeoffice, ich in Köln".
In Washington gelte auch für Journalisten die sogenannte "Stay at home"-Order. Dies habe insgesamt Auswirkungen auf den Fokus der Journalisten, so Korrespondent Kößler - "es hat den journalistischen Blick geändert": Viele Dinge blieben den Journalistinnen und Journalisten verborgen.
So gebe es eine ganze Reihe von Betroffenen, über deren Lage man überhaupt nichts mehr wisse, beispielsweise die Gefängnisinsassen in den USA. Zudem wisse man kaum, wie die Situation außerhalb der Städte sei, denn vielerorts gebe es gar keinen Lokaljournalismus mehr – dieser sei schon vor der Coronakrise stark ausgedünnt gewesen.
Korrespondentin Simone Schlindwein befindet sich derzeit in Ruanda. Hier gebe es eine rigorose Ausgangssperre, man gehe, wenn überhaupt, nur noch zum Einklaufen raus. Das Berichten geschehe demnach aus dem Homeoffice.
Im Nachbarland Uganda sehe die Lage noch anders aus, hier könnten und müssten Journalisten noch rausgehen – diese Freiheit hätten sich Medien und Journalisten vor Ort erkämpft.
Marc Dugge ist noch vor Ort in Madrid. Er dürfe das Homeoffice für Berichte verlassen und gehe auch immer wieder auf die Straße, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Sein Korrespondentenkollege Oliver Neuroth unterstütze ihn derzeit von Deutschland aus für die Berichterstattung über Portugal.
Die Korrespondenten in Madrid seien in regelmäßigem Kontakt untereinander sowie mit einem Gesundheitsdienstleister der ARD und auch mit der deutschen Botschaft – "alles Vorsichtsmaßnahmen", so Dugge, "das frisst viel Zeit und viel Nerven dieser Tage".
Er würde gerne verstärkt aus den ländlichen Regionen berichten, sagte Dugge, hier gebe es allerdings organisatorische Probleme: "Wo würde ich dann beispielsweise übernachten, die Hotels sind geschlossen".
Ulf Röller, eigentlich in Peking, ist gerade in der bis vor kurzem abgeriegelten Region Wuhan. Hier wurden die Reisebeschränkungen mittlerweile gelockert. Er sei am Freitag in die Region gereist, innerhalb derer man sich auch gut bewegen könne.
Lange Zeit seien in Wuhan fast ausschließlich die Staatsmedien aktiv gewesen, während es den meisten Journalisten verboten war, nach Wuhan zu reisen. Die staatlichen Medien hätten vor allem das "Märchen von Wuhan" erzählt, nicht aber kritische Aspekte wie die Auswirkungen der strikten Ausgangssperre beleuchtet. Für ihn sei es die spannendste Zeit in seinem Journalistenleben, so Röller in der Sendung @mediasres.