Unterstützer von Julian Assange sind schockiert, seine Ehefrau gibt sich kämpferisch. Die Anordnung der britischen Innenministerin Priti Patel, Assange an die USA auszuliefern, hat weltweit etliche Reaktionen ausgelöst - dabei klang viel Kritik mit.
Die Verantwortlichen der Enthüllungsplattform "Wikileaks", die Assange gegründet hatte, sprachen am vergangenen Freitag von einem schwarzen Tag für die Pressefreiheit und für die britische Demokratie.
Im Deutschlandfunk kritisierte der Anwalt und FDP-Politiker Gerhart Baum, dass hier ein wichtiges Prinzip freiheitlicher Gesellschaften angetastet werde: "Was wären wir, wenn die Presse nicht unangenehme, schmerzhafte Fakten offenlegen würde, wie das hier geschehen ist."
Staatliche Autorität gegen kritische Veröffentlichungen
Es sei auch in Deutschland ein Problem, wenn sich der Staat gegen kritische Veröffentlichungen wehrt. "Er kann das wirklich tun, wenn es um Staatsgeheimnisse geht", so Baum, allerdings sei es schwierig hier eine klare Grenze zu ziehen.
Unmittelbar nach der Auslieferungsentscheidung der britischen Regierung hatten sich auch die Angehörigen von Julian Assange zu Wort gemeldet. Auf einer Pressekonferenz sagte seine Ehefrau, der Weg sei noch nicht zu Ende. Sie werde jeden Augenblick damit verbringen, weiter zu kämpfen, bis der Gerechtigkeit genüge getan sei, so Stella Assange, die bereits seit vielen Jahren als Anwältin für den Wikileaks-Gründer arbeitet.
Assanges Vater John Shipton sagte nach der Entscheidung, es sei bemerkenswert, dass gerade das Land, das der Welt die Pressefreiheit gebracht und diese auch in seiner Verfassung verankert habe, diese Freiheit nun beendet habe.
Diplomatische Bemühungen von Australiens Premierminister
Australiens Premierminister Anthony Albanese hat inzwischen erklärt, er wolle sich auf diplomatischem Wege in den Streit um die Auslieferung einschalten. Dabei stehe er zu früheren Äußerungen, in denen er sich für ein Ende der Verfahren gegen Assange ausgesprochen hatte.
Zurückhaltender klangen die offiziellen Stellungnahmen von deutscher Seite. Für die Bundesregierung erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann: "Es gibt in diesem Fall grundsätzliche Fragen vom Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit und berechtigten Sicherheitsinteressen von Staaten. Die müssen gegeneinander abgewogen werden."
Gerhard Baum, der von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister war, zeigte Verständnis für die Haltung der Bundesregierung: "Da besteht die Scheu in die Entscheidung anderer souveräner Regierungen einzugreifen." Aus seiner Sicht sei jetzt eine politische Entscheidung gefragt. Vor dem Hintergrund der Bedrohungen für die Pressefreiheit weltweit und dem Krieg in der Ukraine müsse von den USA und Großbritannien "manches neu durchdacht werden".
Abschreckendes Signal für Journalistinnen und Journalisten
Die Bundesregierung verwies darauf, dass die Entscheidung zur Auslieferung noch anfechtbar sei. Man werde dies sehr genau beobachten.
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnes Callamard, sagte, die Auslieferung zuzulassen, setze Julian Assange einer großen Gefahr aus und könne als abschreckendes Signal für Journalistinnen und Journalisten in aller Welt gesehen werden.
Martin Sonneborn, der für "Die Partei" im Europaparlament sitzt und üblicherweise eher für satirische Sprüche bekannt ist, äußerte sich ungewohnt ernst in einem Interview mit der Berliner Zeitung: "Wenn sich die internationalen Gepflogenheiten gegenüber einer freien Presse dahingehend verändern, dass Regierungen die Auslieferung ihnen missliebiger Journalisten erreichen können, wird es auch bei uns demnächst ein paar freie Redakteursstellen geben."
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen kommentierte die Auslieferungsentscheidung auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vater und dem Bruder von Julian Assange. Dagdelen forderte die Bundesregierung auf, sich "laut und deutlich" gegen die Auslieferung auszusprechen, unter anderem bei den anstehenden Gipfeln der G7 und der Nato.