Die Meinung innerhalb der EU setzt sich offenbar zunehmend durch, dass es so ist, wie der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Elmar Brok, es sieht:
"Wir sind - und das hat uns die Ereignisse von Paris deutlich gezeigt - in einer Situation, wo wir nicht mehr sauber unterscheiden können zwischen Außen- und Innenpolitik."
Wenn es so ist, dann ist es nur logisch, dass sich auch die EU-Außenminister mit der Inneren Sicherheit in der EU befassen - zumal, wenn der Sicherheitsbegriff so umfassend verstanden wird, wie ihn die EU-Außenbeauftragte Mogherini vergangene Woche vor dem EU-Parlament vertreten hat.
"Das muss der Kern unseres Sicherheitsbegriffs sein, dass zwar natürlich auch die eigentliche Sicherheitspolitik dazu gehört, auch Verteidigungspolitik, aber letztlich alle Aspekte menschlichen Zusammenlebens berührt."
Wenn die EU auf die Bedrohung ihrer Inneren Sicherheit durch zurückkehrende Dschihad-Touristen aus Syrien, aus dem Irak reagieren will, dann muss sie das entschieden auch außenpolitisch tun.
"Es gibt keine einzige Region, kein einziges Land weltweit, wo die EU - auch im Eigeninteresse - nicht eine größere Präsenz zeigen, eine stärkere Rolle als Akteur für den Frieden haben muss", sagte die EU-Außenbeauftragte.
Keine Beschlüsse erwartet
Aber es geht nicht nur um Kampf gegen die Terrormilizen des "Islamischen Staats". Es geht auch um die Frage, wie Zusammenarbeit mit den sogenannten MENA-Staaten verstärkt werden kann - also den Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas. Mogherini hat das auf die Tagesordnung des heutigen Treffens gesetzt. Wichtige Aspekte dabei: Wie kann die EU sich in diesen Ländern engagieren, um dort Radikalisierungstendenzen unter Muslimen vorzubeugen? Wie kann man gemeinsam versuchen, die Finanzierung des Terrors zu stoppen? Darüber werden die EU-Außenminister heute beim Mittagessen auch mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, mit dem Ägypter Nabil El Arabi diskutieren. Beschlüsse werden nicht erwartet; es geht um den strategischen Dialog innerhalb der EU und mit Partnern in der Region. Mogherini hat sich vorgenommen, dass es bei den von ihr geleiteten Treffen der EU-Außenminister künftig jenseits aktualitätsgetriebener Beschlüsse mehr um mittel- und langfristige Strategien gehen soll.
"Wir sollten mehr fokussierte, politische Debatten führen, um zu über die Tagespolitik hinausgehenden Beschlüssen zu kommen."
Das gilt auch für das zweite Thema, das die Außenminister, ohne dass unmittelbar Entscheidungen anstehen, diskutieren werden: Den Umgang mit Russland, vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Ukraine-Krise. Dazu wird Mogherini ein Themenpapier vorlegen, in dem sie für differenzierte, interessengeleitete Dialoge mit Russland in verschiedenen Formaten plädieren wird. Denn:
"Russland ist Teil des Problems, aber Russland ist auch Teil der Lösung. Deshalb sollten wir ausloten, wie wir den Dialog zwischen der EU und Russland wieder verstärken können - nicht nur über die Ukraine, sondern bei einer Reihe anderer Themen."
Diskussion über Sanktionen
Nach dem schon bekannt gewordenen Papier der EU-Außenbeauftragten sollten miteinander Gespräche aufgenommen oder wieder intensiviert werden - beispielsweise über Syrien, über den Irak, über Energiesicherheit, über die Kooperation der EU mit der Eurasischen Zollunion, über Visa- und Handelsfragen. Von deutscher Seite, namentlich von Bundesaußenminister Steinmeier dürfte Zustimmung zu solchen Initiativen kommen beziehungsweise bauen diese auf von Steinmeier schon Ende des Jahres geäußerten Überlegungen auf.
"Das könnte ein Weg sein, um vielleicht etwas zur Entkrampfung in einer Situation höchster Anspannung beizutragen."
Nicht alle EU-Länder dürften dem unwidersprochen zustimmen wollen - auch nicht einem anderen Punkt aus Mogherinis Diskussionspapier: dass man bei den Sanktionen gegen Russland unterscheiden könnte zwischen solchen, die im Zusammenhang mit der Krim-Annektierung verhängt wurden und nicht zur Diskussion stehen und solchen, die im Zusammenhang mit der Destabilisierung in der Ostukraine verhängt wurden. Sollte sich Moskau seinen Teil der Vereinbarungen von Minsk zur Entschärfung der dortigen Situation ernsthaft umzusetzen beginnen, könnte über entsprechende Lockerungen dieses Teils des Sanktionsregimes nachgedacht werden.
"Sanktionen sind kein Selbstzweck. Sie können ein Instrument in einer Gesamtstrategie sein. Ich glaube, dass es Zeit wird, dass sich die Minister auf andere Aspekte einer Gesamtstrategie konzentrieren."