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Außenpolitik der neuen EU-Kommission
Von der Leyen will mehr Europa in der Welt

Das Gewicht und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in der Welt zu stärken – das ist eine der Aufgaben, der sich die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verpflichtet hat. Das Prinzip der Einstimmigkeit in der Außenpolitik könnte auch für von der Leyen zum Stolperstein werden.

Von Bettina Klein |
Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hält eine Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirbt für eine stärkere EU-Außenpolitik (picture alliance/Philipp von Ditfurth/dpa)
Als deutsche Verteidigungsministerin hat die neue EU-Kommissionspräsidentin den einen oder anderen Krisenschauplatz besucht. So auch den Irak. Der frühere irakische Präsident habe ihr damals gesagt: Wir wollen hier mehr Europa sehen.
Ruf nach stärkerer europäischer Stimme in der Welt
"Die Welt ruft nach mehr Europa, sie braucht mehr Europa. Es sollte eine stärkere und vereintere Stimme in der Welt haben - und es muss schnell handeln", ist Ursula von der Leyen sicher. Auch die Erfahrungen in ihrem früheren Amt haben diese Überzeugung wachsen lassen. Weshalb sie explizit eine geopolitische Kommission ausgerufen hat. Eine, die sich viel stärker als bisher auf die Handlungsfähigkeit Europas in der Welt konzentrieren sollte. Die Realität heute ist eine andere.
"Die Europäer sind vielfach die größten Mittelgeber, diejenigen, die sehr viel im Nachgang an Aufbauarbeit leisten. Aber sind eben als EU nie diejenigen, die die Lösung oder den Ausgang eines Konfliktes wirklich definieren", so Josef Janning von der europäischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations.
"Europa muss lernen, die Sprache der Macht einzusetzen"
Ein Grund dafür: Die Außenpolitik ist nach wie vor auf nationaler Ebene angesiedelt. Ein Außenbeauftragter de facto nur so stark, wie die Mitgliedsstaaten es zulassen - und wie er oder sie selbst das Amt ausfüllt. Wir haben 28 Außenpolitiken in Europa. Sie sehe nicht, weshalb sie denen eine 29. hinzufügen sollte, so formulierte es die bisherige Hohe Repräsentantin Mogherini vor ihrem Amtsantritt.
Ihr Nachfolger, der bisherige spanische Außenminister Josep Borrell, wie Mogherini Sozialdemokrat, zeigte in seiner Anhörung vor dem Europäische Parlament zumindest, dass er verstanden hat, worum es jetzt geht. Wenn wir nicht gemeinsam agieren, so Borrell, dann wird Europa irrelevant: "In einem Satz, die Europäische Union muss lernen, die Sprache der Macht einzusetzen."
Prinzip der Einstimmigkeit als Hemmschuh
Nur wie? Borrell sprach etwa von stärkerer Verteidigungszusammenarbeit. Von Aufgaben, die er einzelnen Ländern im Namen der EU übertragen könnte, die diese dann für die Europäische Union im Ganzen übernehmen. Doch der größte Hemmschuh bisher ist nach Ansicht vieler Staaten, auch Deutschlands, wie auch des bisherigen Kommissionspräsidenten, das Prinzip der Einstimmigkeit, das in der Außenpolitik gilt. Die bei den Meinungsverschiedenheiten in 28 Ländern nur schwer zu erreichen ist.
"Daher müssen wir den Mut haben, Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit zu treffen - und dann auch hinten ihnen vereint zu stehen", so Ursula von der Leyen unter Applaus im Europäischen Parlament.
In bestimmten Fällen wäre dies auch ohne Vertragsänderung bereits jetzt möglich. So bei Standpunkten zu Menschenrechten, bei Sanktionen und bei zivilen Einsätzen. Alles was darüber hinausgeht, erfordert Einstimmigkeit - um diese Einstimmigkeit abzuschaffen. Weshalb dies auch in den nächsten Jahren als unwahrscheinlich gilt. Beharren doch einige, vor allem kleinere Länder darauf, nicht übergangen zu werden.
Von der Leyen stärkt Amt des Außenbeauftragten
Auch Josep Borrell hat zu erkennen gegeben, dass er die Abkehr von der Einstimmigkeit in der Außenpolitik nicht für die Lösung aller Probleme hält. Die Tatsache dass der Außenbeauftragte künftig im Gebäude der Kommission selbst und nicht gegenüber im Auswärtigen Dienst residieren wird, deutet aber nach Ansicht des Europa-Experten Josef Janning auf eine beabsichtigte Stärkung seines Amtes hin:
"Es kann Borrell nur nutzen, wenn die Kommissionspräsidentin sein Mandat, seinen Auftrag immer wieder selbst und für andere sichtbar unterstreicht. Denn das ist eigentlich die Quelle seiner Autorität. Sobald klar ist, dass von der Spitze der Kommission her, diese außenpolitische Bündelung gewollt ist, wird es ihm leichter fallen."
Handlungsdruck deutliche machen
Es gäbe weitere Möglichkeiten, die außenpolitische Handlungsfähigkeit auf europäischer Ebene zu verbessern. Etwa in dem der Auswärtige Dienst sich auf der höchsten Ebene nicht in verbalen Reaktionen auf zu viele Themen und Krisen verliert, sondern auf Schwerpunkte konzentriert - und den Rest dem vorhandenen großen Apparat überlässt. Vielleicht würde es auch helfen, nicht eine Stärke der EU zu deklarieren, wo sie noch gar nicht vorhanden ist. Sondern stattdessen auf Defizite ungeschminkt hinzuweisen, um auch so auf den bestehenden Handlungsdruck aufmerksam zu machen.
"Wenn es nicht gelingt, auf Dauer das Gewicht, das die Mitgliedstaaten auf die Waage der Weltpolitik zu bringen zu bündeln und in dieser Bündelung nicht zu verlieren, dann wird die europäische Außenpolitik immer das bleiben, was sie jetzt ist nämlich eine Deklarationsmaschine mit gut gefülltem Portmonaie."