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Außenseiter des Schauspielbetriebs

Der Schauspieler Heinz Bennent spielte neben Gerard Depardieu in dem Film "Die letzte Metro" und wurde in Frankreich populärer als in Deutschland. Eine Selbstdarstellungsarroganz hat er jedoch nicht gehabt. Im Alter von 90 Jahren ist Heinz Bennent verstorben.

Von Sven Ricklefs |
    "Tu das weg, das ist ja furchtbar. Ich versuche mich wie ein Jude zu fühlen. Judenrollen sind äußerst schwierig. Wenn du nur ein bisschen machst, sagen sie er übertreibt. Wenn du gar nichts machst, sagen sie, der ist kein Jude. Was heißt das, wie ein Jude auszusehen."

    Während Catherine Deneuve ihm in seinem Versteck im Keller eines Theater die Haare schneidet, hat sich Heinz Bennent eine lange Gumminase aufgesetzt und betrachtet sich im Spiegel. In dieser kleinen Szene brachte Bennent die Essenz von Francois Truffauts Film "Die letzte Metro" auf den Punkt. In seinem so einprägsamen hartgeschnittenen Gauklergesicht spiegelt sich das Erstaunen über die eigene Frage ebenso wie die Neugierde des Schauspielers auf die Antwort. Neben der Deneuve und Gerard Depardieu spielte Heinz Bennent 1981 jenen jüdischen Theaterdirektor, der sich zur Zeit der deutschen Besetzung in Paris im Keller seines eigenen Theaters verstecken muss. Der Film machte den Schauspieler Heinz Benennt in Frankreich populärer als er in Deutschland je wurde. Ohnehin hat Bennent nie die Selbstdarstellungsarroganz gehabt, die es zum Star braucht. Schon in den 60er-Jahren, nachdem Bennent seine Runden durch die Provinztheater gedreht hatte, entschied er sich für ein Vagabundenleben und ging nach Griechenland mit seiner Lebensgefährtin, der Tänzerin Poullette Reno. Mit ihr hat er zwei Kinder, die ebenfalls berühmten Schauspieler Anne und David Bennent. Und hier lebte er. Lebte ein Leben in der Natur, für das er nur dann und wann etwa auf den deutschen Bildschirmen erscheinen musste, in einem Derrick etwa oder dem Kommissar. Ebenso sporadisch tauchte Bennent auch in großen Filmen auf, von Schlöndorf, Bergmann oder Margarete von Trotta. Und war natürlich auch auf der Bühne immer für eine Überraschung gut.

    "Das sind ja Kulturfunktionäre, die Schauspieler. Da gibt es Schauspieler, die haben vier, fünf, sechs Rollen, laufen da im Repertoire, und gleichzeitig probieren sie schon eine neue Rolle, manchmal ein große. Das ist unverständlich für mich. Das sind Kulturbeamte, das sind Funktionäre. Das wir unmenschlich."

    Immer wieder aufbrechen, immer wieder anfangen, das war eine Lebensmaxime von Heinz Bennent, das Neue versuchen mit vollen Risiko. Als er 1988 etwa seinen größten Bühnenerfolg in Deutschland feiern konnte, in der Rolle des Starschauspielers Karl Josef in den "Besuchern" von Botho Strauß in Dieter Dorns Münchner Inszenierung, als er all jene Tricks und Eitelkeiten, Protzereien und Kleinlichkeiten virtuos servierte, als man Gründgens durchschimmern sah und Minetti und Quadflieg, ohne dass sie je denunziert wurden, als die Feuilletons jubelten, die ihm bisher auf der Bühne kaum Beachtung geschenkt hatten, da entschied Heinz Bennent nach einer Aufführungsserie, was nur wenige auf einem solchen späten Gipfel getan hätten, er verließ die Kammerspiele wieder er hatte genug vom Stadttheaterbetrieb, und brach wieder auf zu neuen Ufern.

    Die Sonderlinge und die Einsamen das waren die Figuren von Heinz Bennent er der auch im Leben ein Ungebundener und Zurückgezogener war spielte jene, die eine eigene Welt in sich trugen und das mit Stolz, mit Würde.