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Außenstelle im Oman

Der Oman setzt auf Bildung - und das auch mit deutscher Hilfe. Der Rektor der deutschen Universität in dem arabischen Land, Professor Burkhard Rauhut, sieht Nachholbedarf: Die Schulabgänger aus dem Oman erreichten nicht das schulische Niveau deutscher Abiturienten, so der Rektor.

Burkhard Rauhut im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Der Oman ist Nachbar der Vereinigten Arabischen Emirate und finanziert sich auch so: Öl, Öl, Öl! Aber das sprudelt ja bekanntlich nicht ewig und deshalb stellen sich die Omanis auch schon langsam auf eine Zeit mit einer richtigen Wirtschaft ein und investieren deshalb massiv in Bildung. Und da ist in dem Land auch Einiges aufzuholen: In den 70ern hatte der Oman zum Beispiel nur drei Schulen. Mittlerweile gibt es sogar einige meist private Universitäten und seit vier Jahren sogar eine deutsche: die German University of Technology, die man auch gut als Außenstelle der RWTH Aachen bezeichnen könnte. Aufgebaut hat sie nämlich der ehemalige Rektor der Uni Aachen, Burkhard Rauhut, der die Uni auch leitet. Und dafür wurde er am Sonntag vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst mit dem Theodor-Berchem-Preis für internationales Engagement ausgezeichnet. Herr Rauhut, erst mal herzlichen Glückwunsch!

    Burkhard Rauhut: Herzlichen Dank!

    Götzke: Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, dass der Oman, ausgerechnet der Oman eine deutsche Universität braucht?

    Rauhut: Das war andersherum, der Oman ist auf uns zugekommen. Das heißt, nicht der Oman als Regierung etwa, sondern Privatpersonen aus dem Oman, die sich in Europa umgeguckt haben, wo sie etwas finden, was für den Oman passend wäre als technische Hochschule. Und da sind sie auf die RWTH gestoßen.

    Götzke: Und wie ist das insgesamt zustande gekommen, warum ist der Oman an Deutschland herangetreten, um Partner für eine Universität zu finden?

    Rauhut: Die haben europaweit herumgeguckt, haben eine gesucht, die gute Kontakte zur Industrie hat, denn das ist das, was natürlich im Oman fehlt, wenn auch Öl und Gas mal zu Ende gehen. Da sind sie an die RWTH gekommen und haben nachgefragt. Und von unserer Seite war dann Interesse da, weil anders als bei vielen anderen Projekten sie von vornherein gesagt haben, dass sie alles bezahlen würden.

    Götzke: Was ja häufig der Fall ist in den Emiraten oder im arabischen Raum, wo noch viel Öl fließt. Was ist denn das Deutsche an der deutschen Universität im Oman?

    Rauhut: Es ist so deutsch, dass es deutscher kaum geht. Erstens, der Hochschulrat, das heißt dort Board of Governors, der Vorsitzende ist der Rektor von Aachen, im Augenblick also Professor Schmachtenberg. Die Mehrheit in diesem Gremium – und das ist ja das eigentliche Steuerungsgremium – liegt auf deutscher Seite. Die Berufungen oberhalb der Assistentenebene werden in Aachen durchgeführt in Zusammenarbeit mit der GUtech. Das heißt, wir haben deutsche Qualitätsstandards dort, das ist ganz anders als all die anderen Ausgründungen von anderen Ländern, die in den Emiraten und im Golf überhaupt stattfinden.

    Götzke: Wenn alles von Deutschland mehr oder weniger gesteuert wird und vor allem deutsche Professoren und auch in der Verwaltung deutsche Mitarbeiter sitzen, fühlen sich die Leute im Oman da nicht so ein bisschen bevormundet auch?

    Rauhut: Das ist in vielen anderen Ländern der Fall, hier war es aber der absolute Wunsch der omanischen Seite, also der privaten Sponsoren, dass die akademische Richtung wirklich von Deutschland vorgegeben und kontrolliert wird. Ganz im Gegenteil, nicht bevormundet, sondern sie begrüßen das. Sie haben sogar den ehemaligen Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes, als der ausschied, gebeten, auf der omanischen Seite im Hochschulrat tätig zu werden.

    Götzke: Die Bildungslandschaft im Oman hat sich ja sehr rapide verändert. In den 70er-Jahren, habe ich gelesen, hatte das Land gerade einmal drei Schulen. Wie gut sind denn heute Ihre Studierenden vorbereitet, wenn sie an die GUtech kommen?

    Rauhut: Um ganz ehrlich zu sein, sie haben nicht den Standard, den, sagen wir, deutsche Abiturienten haben. Daher wird vor das Studium praktisch grundsätzlich für alle ein, ja, wir würden sagen, Studienkolleg vorgeschaltet – das heißt dort "Foundation Year" –, wo im Wesentlichen natürlich auch Englischkenntnisse – wir unterrichten in Englisch – und Grundkenntnisse in Mathematik, Physik, Chemie noch mal vermittelt werden.

    Götzke: Also, da fehlt quasi ein Jahr, verglichen mit den deutschen Abiturienten?

    Rauhut: Ja, so kann man das nennen, ja.

    Götzke: Wo sehen Sie denn die anderen Unterschiede zu den Studierenden in Aachen? Sie haben ja lange Zeit in Aachen gelehrt, waren dort ja auch Rektor?

    Rauhut: Nun gut, das ist grundsätzlich von der, sagen wir, Richtung der Ausbildung von der Schule her. In dem ganzen arabischen Raum, der kein, sagen wir, Leseraum ist – die sind wenig gewohnt zu lesen –, ist es mehr darauf angelegt, auswendig zu lernen. Unsere wesentliche Aufgabe am Anfang ist, die zu verselbstständigen, sagen wir, dass sie selbst Entscheidungen treffen, dass sie lesen, dass sie Berichte schreiben und Ähnliches. Also ganz grundlegende Dinge, die unsere eigentlich in der Schule schon lernen.

    Götzke: An wen konkret richtet sich die Universität? Studierende, die gerne in Deutschland später arbeiten würden?

    Rauhut: Nein, grundsätzlich an alle, die an einer, sagen wir, deutsch qualitätsmäßig ausgerichteten Ausbildung interessiert sind. Das heißt, da wir jetzt Studentenwohnheime bauen, ziehen wir Studierende aus Indien, Pakistan, Iran, Saudi-Arabien in den ganzen umliegenden Ländern heran. Denn Oman selbst ist natürlich als Markt für eine derartige Universität insgesamt zu klein, bei drei Millionen Einwohnern. Wenn Sie wirklich die Besten haben wollen, dann müssen Sie schon im Ausland sich ein bisschen mit umtun.

    Götzke: Klein war die GUtech am Anfang ja auch. Sie sind gestartet mit acht Mitarbeitern, 60 Studierenden. Wie sieht es heute aus?

    Rauhut: Wir haben jetzt knapp 400 Studierende und etwa 110 Mitarbeiter, die Hälfte etwa im akademischen Bereich und die Hälfte in der Verwaltung. Wir bauen gerade unser neues Hauptgebäude, 25.000 Quadratmeter, ein wunderschönes Gebäude, das der Bundespräsident am Samstag auch besucht hat und dort mit unseren Studierenden diskutiert hat.

    Götzke: Ist das Ganze vielleicht eigentlich auch für deutsche Studierende interessant, die vielleicht auch mal ein Jahr im Oman verbringen wollen? Gibt es da schon Anfragen, hat es so was mal gegeben?

    Rauhut: Wir haben regelmäßig ältere Studierende da, das heißt, Ältere, die schon den Bachelor haben, im Masterstudium sind oder auch gerade fertig sind. Gegenwärtig haben wir etwa 20 aus Deutschland da, die wir als Tutoren auch einsetzen, die also zum Teil studieren bei uns, aber im Wesentlichen als Tutoren. Denn eine Uni, die neu aufmacht, hat ja damit zu kämpfen, dass die Studierenden zunächst mal gar nicht wissen, was eine Universität ist.

    Götzke: Die Vorteile für den Oman sind deutlich geworden. Wo liegen denn die Vorzüge oder die Vorteile für die RWTH und auch für Deutschland?

    Rauhut: Zum einen ist es natürlich der wirtschaftliche Hintergrund. Es ist so, dass jetzt die Wirtschaft eine Möglichkeit hat, gut ausgebildete Studierende mit interkulturellem Hintergrund zu bekommen. Zum anderen ist die RWTH in der Lage zu sehen, wie man eine Universität ausbaut, ohne dass sie Geld dafür geben muss. Und drittens können wir auf die Art und Weise möglicherweise wirklich hoch qualifizierte Studierende etwa aus Indien, aus Pakistan bekommen, die bei uns den Bachelor in Englisch machen können und dann nach Deutschland kommen können und dort den Master in Englisch ebenfalls weiterstudieren können.

    Götzke: Die GUtech sozusagen als Brücke?

    Rauhut: Richtig.

    Götzke: Herr Rauhut, ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch!

    Rauhut: Ebenfalls herzlichen Dank!

    Götzke: Burkhard Rauhut, der Rektor der German University of Technology im Oman, wurde für seine Arbeit vom DAAD ausgezeichnet.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.