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Aussitzen bis Olympia?

Es kam wie erwartet: Der von der Grünen-Fraktion geforderte Tagesordnungspunkt im Sportausschuss zur Erfurter Affäre und dem Streit WADA/NADA wurde von der Mehrheit der Regierungskoalition abgelehnt. Nahezu gleichzeitig flatterte eine Mitteilung der Nationalen Anti-Doping-Agentur ins Haus, nach der die NADA nun doch ein erstes Verfahren aus dem Zeitraum vor 2011 einleiten werde.

Von Hajo Seppelt | 13.06.2012
    Die NADA ändert ihren Kurs also wieder. Ob vom Verfahren ein Radfahrer betroffen sein wird, der 27mal die Blutbestrahlung erhalten haben soll, wurde nicht bekanntgegeben, gilt aber als derzeit wahrscheinlichstes Vorgehen der NADA. Die Bonner Agentur erklärte, sie wolle mit der Verfahrenseinleitung Rechtsklarheit schaffen. Erstmals bestätigte am Mittwoch die NADA auch, dass ihr beauftragter Gutachter Heiko Striegel ebenso wie WADA-Generaldirektor Howman die Ansicht vertritt, die Methode sei schon vor 2011 als Verstoß zu bewerten. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner, kritisierte indes massiv die Welt-Anti-Doping-Agentur:

    "Wenn ich etwas zu bemängeln habe, dann ist das die Inkonsistenz der Stellungnahmen der WADA. Und was ich am meisten bemängeln muss, ist die Fragwürdigkeit der Kommunikation, mit der die WADA ihre Stellungnahmen der NADA mitgeteilt hat."

    Bergner ist der Auffassung, es bleibe weiter strittig, ob die Methode vor 2011 schon verboten gewesen sei. Wie auch weiter die Mitglieder der Regierungskoalition, die nahezu gebetsmühlenartig immer wieder sagen, es dürfe keine Vorverurteilung von Athleten geben. Viola von Cramon von der Fraktion der Grünen glaubt, in Regierungskoalition und Innenministerium spiele man auf Zeit, um zu verhindern, dass die Causa Erfurt einen Schatten auf die Olympiavorbereitungen des DOSB wirft:
    "Mit der Stellungnahme, die der parlamentarische Staatssekretär Bergener heute gegeben hat, hat er ja eindeutig gesagt, was er davon hält. Ihm ist daran gelegen, die Methode, die offensichtlich verboten war, für einen Zeitraum der offensichtlich gefährlich werden würde, für den deutschen Olympia-Kader, diesen Zeitraum bis nach den Olympischen Spielen zu retten."

    Im Sportausschuss, der wie fast immer in dieser Legislaturperiode nicht öffentlich tagte, wurde ein SPD-Antrag, den Hintergrund der mit Steuermitteln finanzierten Blutbestrahlungen genau untersuchen zu lassen, von Schwarz-Gelb mehrheitlich abgelehnt.

    Dagmar Freitag, SPD, Sportausschuss-Vorsitzende:

    "Der SPD-Antrag hat eine durchaus heftige Diskussion über die Vorfälle in Erfurt gebracht. Leider ist der abgelehnt worden, was ich ehrlich gesagt nicht verstehen kann, weil alle beteuert haben, wie sehr sie an einer entsprechenden Anti-Doping-Bekämpfung interessiert sind."

    Das bizarre Hin und Her in der Causa Erfurt sechs Wochen vor Olympia geht in die nächste Runde. Am 27.6., in der letzten Sitzung des Ausschusses vor der Sommerpause, soll das Thema wieder, darauf einigte man sich, auf der Tagesordnung stehen. Für diese Sitzung will man nun sogar den Generaldirektor der WADA, David Howman, einladen.